Aktenzeichen: 3609 IN 3892/25
Berlin, 6. Juni 2025 – Das Amtsgericht Charlottenburg hat im Verfahren über den Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der clare&me GmbH, ansässig in der Schönhauser Allee 180, 10119 Berlin, umfangreiche vorläufige Maßnahmen beschlossen. Die Gesellschaft, im Handelsregister unter HRB 231656 geführt, wird durch die Geschäftsführerinnen Celina Messner und Emilia Theye vertreten.
Ziel der Anordnung ist die Sicherung des Vermögens der Schuldnerin bis zur Entscheidung über die Eröffnung des Verfahrens. Um zu verhindern, dass Gläubiger im Wege der Einzelvollstreckung Zugriff auf das Vermögen nehmen oder dass die Schuldnerin selbst Vermögenswerte abzieht, ordnete das Gericht um 13:30 Uhr am 6. Juni 2025 mehrere Maßnahmen nach §§ 21, 22 InsO an.
Wesentliche gerichtliche Maßnahmen im Überblick:
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Verbot der Zwangsvollstreckung:
Maßnahmen der Zwangsvollstreckung (auch Arrest oder einstweilige Verfügungen) gegen das Unternehmen wurden untersagt – ausgenommen sind unbewegliche Gegenstände. Bereits begonnene Vollstreckungen sind einstweilen eingestellt (§ 21 Abs. 2 Nr. 3 InsO). -
Einsetzung eines vorläufigen Insolvenzverwalters:
Zum vorläufigen Insolvenzverwalter wurde Rechtsanwalt Thomas Kühn mit Kanzleisitz am Kurfürstendamm 40/41, 10719 Berlin bestellt. Seine Aufgabe ist die Überwachung der Schuldnerin zur Sicherung und Erhaltung ihres Vermögens (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 InsO). Er ist nicht der allgemeine Vertreter des Unternehmens, aber mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet. -
Beschränkung der Verfügungsbefugnis:
Verfügungen der Gesellschaft über Vermögensgegenstände sind ab sofort nur mit Zustimmung des vorläufigen Verwalters wirksam (§ 21 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 InsO). -
Zahlungssperre für Drittschuldner:
Drittschuldnern – also Personen oder Unternehmen, die der clare&me GmbH Geld schulden – ist es verboten, direkt an die GmbH zu zahlen. Sie müssen stattdessen an den vorläufigen Verwalter leisten (§ 23 Abs. 1 Satz 3 InsO). -
Bankkonten und Forderungen:
Der vorläufige Verwalter wurde ermächtigt, Bankguthaben sowie Forderungen einzuziehen. Kreditinstitute sind zur vollständigen Auskunft verpflichtet. Eingehende Zahlungen sind ausschließlich vom Verwalter entgegenzunehmen. -
Zustellung und Einsichtsrechte:
Der Verwalter wurde beauftragt, die Zustellungen des Beschlusses an die Schuldner der Gesellschaft zu übernehmen und hierüber Nachweis zu führen (§ 8 Abs. 3, § 23 InsO). Darüber hinaus ist er berechtigt, die Geschäftsräume und Unterlagen der Schuldnerin zu durchsuchen und einzusehen.
Bedeutung für das Unternehmen und die Beteiligten
Die Maßnahmen zeigen, dass sich die clare&me GmbH in einer kritischen wirtschaftlichen Lage befindet, jedoch weiterhin handlungsfähig bleibt – allerdings unter der strengen Aufsicht eines Verwalters. Das Gericht prüft nun, ob das vorhandene Vermögen ausreicht, um ein Insolvenzverfahren überhaupt durchzuführen (§ 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 InsO). Eine Entscheidung über die tatsächliche Eröffnung des Verfahrens steht noch aus.
Für Gläubiger bedeutet der Beschluss eine gewisse Sicherheit: Einzelmaßnahmen sind nicht mehr möglich, alle Ansprüche müssen – sofern das Verfahren eröffnet wird – im geordneten Insolvenzverfahren geltend gemacht werden.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Beschluss kann binnen zwei Wochen sofortige Beschwerde eingelegt werden. Die Beschwerde ist beim
Amtsgericht Charlottenburg
Amtsgerichtsplatz 1
14057 Berlin
einzureichen. Die Frist beginnt mit Verkündung, Zustellung oder öffentlicher Bekanntmachung auf www.insolvenzbekanntmachungen.de. Maßgeblich ist das zuerst eintretende Ereignis.
Beschwerden können schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle erfolgen, auch bei jedem anderen Amtsgericht – das Protokoll muss jedoch fristgerecht beim Amtsgericht Charlottenburg eingehen. Eine anwaltliche Mitwirkung ist nicht vorgeschrieben, aber die Beschwerdeschrift muss unterschrieben und eindeutig bezeichnet sein.
Elektronische Einreichung
Rechtsbehelfe dürfen auch als elektronisches Dokument eingereicht werden – eine einfache E-Mail ist nicht ausreichend. Dokumente müssen entweder mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen oder über einen sicheren Übermittlungsweg, wie das EGVP, übermittelt werden.
Weitere technische Anforderungen finden sich auf der Website www.justiz.de sowie in der ERVV (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung).
Mit dieser Entscheidung wird für die clare&me GmbH der rechtliche Grundstein für eine mögliche Sanierung oder Insolvenz gelegt. Die kommenden Wochen sind entscheidend: Ob eine wirtschaftliche Neuausrichtung gelingt oder eine Eröffnung des Verfahrens erfolgt, liegt nun in der Bewertung des vorläufigen Insolvenzverwalters und des Insolvenzgerichts.