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Interview mit Rechtsanwältin Bontschev: Pre-Close Calls – Rechtliche Grenzen, Marktreaktionen und Empfehlungen zur Transparenz
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Interview mit Rechtsanwältin Bontschev: Pre-Close Calls – Rechtliche Grenzen, Marktreaktionen und Empfehlungen zur Transparenz

popmelon (CC0), Pixabay

Frage: Frau Bontschev, die BaFin hat jüngst die Ergebnisse einer Untersuchung zu Pre-Close Calls veröffentlicht. Was halten Sie grundsätzlich von solchen Gesprächen zwischen Emittenten und Analysten kurz vor der Quiet Period?

Bontschev: Pre-Close Calls haben sich in der Kapitalmarktkommunikation fest etabliert, insbesondere bei großen börsennotierten Unternehmen. Sie dienen dazu, Analysten bei der Bildung fundierter Prognosen zu unterstützen. Aus rechtlicher Sicht sind solche Gespräche zulässig – vorausgesetzt, es werden dabei keine Insiderinformationen preisgegeben. Wichtig ist, dass Unternehmen sich ihrer rechtlichen Verantwortung bewusst sind und entsprechende Compliance-Strukturen vorhalten.

Frage: Die Untersuchung der BaFin hat gezeigt, dass es in der Mehrzahl der Fälle keine auffälligen Kursbewegungen gab. Was sagt das über die Marktpraxis in Deutschland aus?

Bontschev: Das Ergebnis bestätigt zunächst, dass die Mehrheit der Unternehmen offenbar sorgfältig mit Pre-Close Calls umgeht. Die Tatsache, dass in rund 70 Prozent der Fälle keine überdurchschnittlichen Kursreaktionen festgestellt wurden, spricht dafür, dass Insiderinformationen in der Regel nicht unzulässig weitergegeben werden. Das ist ein beruhigendes Signal für die Marktintegrität.

Frage: In einigen wenigen Fällen gab es jedoch Kursausschläge. Muss man sich hier Sorgen machen?

Bontschev: Solche Kursreaktionen müssen nicht zwingend auf unrechtmäßiges Verhalten zurückzuführen sein. Die BaFin hat diese Einzelfälle überprüft und keine Anhaltspunkte für rechtswidrige Insideroffenlegung gefunden. Dennoch sollte jeder dieser Fälle sorgfältig analysiert werden, da schon der Anschein der Informationsasymmetrie dem Vertrauen in die Märkte schaden kann.

Frage: Die BaFin empfiehlt mehr Transparenz. Was heißt das konkret für die Emittenten?

Bontschev: Mehr Transparenz kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass Pre-Close Calls nicht als Einzelgespräche, sondern als Gruppencalls abgehalten werden. Auch die öffentliche Ankündigung solcher Termine auf der Unternehmenswebsite kann helfen, Vertrauen zu stärken. Wichtig ist, dass Emittenten strukturiert dokumentieren, wer was wann gesagt hat. Das schafft Nachvollziehbarkeit und reduziert rechtliche Risiken.

Frage: Welche rechtlichen Folgen drohen, wenn tatsächlich Insiderinformationen unbeabsichtigt weitergegeben werden?

Bontschev: Nach Artikel 17 der EU-Marktmissbrauchsverordnung sind Emittenten verpflichtet, Insiderinformationen unverzüglich zu veröffentlichen. Wird dies unterlassen, drohen empfindliche Sanktionen durch die BaFin. Auch für die Empfänger solcher Informationen – also Analysten oder Investoren – gilt ein striktes Nutzungsverbot. Insidergeschäfte auf Basis solcher Informationen sind strafbar.

Frage: Die ESMA hat „Good Practices“ zu Pre-Close Calls veröffentlicht. Wie ordnen Sie diese ein?

Bontschev: Diese Empfehlungen bieten eine gute Orientierung, ersetzen aber keine gesetzliche Regelung. Sie zeigen, wie Unternehmen verantwortungsvoll agieren können – insbesondere durch Offenheit, klare Kommunikation und strukturierte Abläufe. Entscheidend ist, dass Emittenten proportional zur Unternehmensgröße und Marktposition handeln.

Frage: Und wie sollte ein Emittent reagieren, wenn er den Verdacht hat, unbeabsichtigt Insiderinformationen offenbart zu haben?

Bontschev: In einem solchen Fall muss unverzüglich eine Ad-hoc-Mitteilung veröffentlicht werden, um die Gleichbehandlung aller Marktteilnehmer wiederherzustellen. Zudem sollten interne Compliance-Maßnahmen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden. Es empfiehlt sich auch, eine rechtliche Bewertung im Einzelfall einzuholen.

Frage: Ihr Fazit?

Bontschev: Pre-Close Calls sind ein legitimes und nützliches Instrument der Kapitalmarktkommunikation – vorausgesetzt, sie werden rechtssicher und verantwortungsvoll durchgeführt. Die BaFin zeigt mit ihrer Analyse, dass sie wachsam ist, aber mit Augenmaß agiert. Unternehmen sollten sich daran orientieren und präventiv für mehr Transparenz sorgen.

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