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Interview mit Rechtsanwalt Jens Reime: „SaferYou klingt sicher – ist es aber nicht automatisch“

qimono (CC0), Pixabay

Redaktion: Herr Reime, die ARAG bietet unter dem Produktnamen SaferYou verschiedene Rechtsschutzangebote für Privatpersonen an. Viele Verbraucher fragen sich: Ist das ein gutes Angebot?

Jens Reime: Grundsätzlich ist es positiv, dass Versicherer wie die ARAG sich mit Produkten wie SaferYou dem digitalen Alltag widmen. Themen wie Cybermobbing, Identitätsmissbrauch oder Internetbetrug betreffen inzwischen viele Menschen. Ob das Angebot „gut“ ist, hängt allerdings stark vom Einzelfall ab. Es ist wie beim Autokauf: Das Modell kann hervorragend sein – aber ob es zu den individuellen Anforderungen passt, ist eine ganz andere Frage.

Redaktion: Worin besteht die Besonderheit bei SaferYou?

Reime: SaferYou ist kein eigenständiger Versicherungstarif im klassischen Sinne, sondern eine Kombination mehrerer bestehender ARAG-Produkte – etwa dem Internet-Rechtsschutz, allgemeinen Privat-Rechtsschutz oder Vertragsrechtsschutz. Die entscheidenden Leistungen ergeben sich aus speziellen Zusatzbedingungen, insbesondere beim web@ktiv® Komfort- oder Premium-Rechtsschutz. Dort ist genau festgelegt, wann Versicherungsschutz besteht – und wann nicht.

Redaktion: Welche Fallstricke sehen Sie konkret?

Reime: Es gibt einige. Erstens: Der Versicherungsschutz bezieht sich in der Regel ausschließlich auf private Nutzung. Sobald ein Fall beruflich oder gewerblich motiviert ist – etwa eine schlechte Bewertung für einen privat betriebenen Online-Shop – kann die ARAG die Leistung verweigern. Das ist in den Sonderbedingungen klar geregelt.

Zweitens: Es gibt feste Leistungsgrenzen, z. B.:

  • maximal 100 € für die anwaltliche Prüfung von AGB,

  • maximal 250 € für Beratungsleistungen im Ausland,

  • nur bestimmte Module – etwa Reputationsschutz oder Bildrechtsberatung – sind abgedeckt.

Das ist nicht grundsätzlich schlecht, aber viele Kunden gehen fälschlich davon aus, sie seien komplett abgesichert. Und genau das ist oft nicht der Fall.

Redaktion: Wie sieht es mit der Selbstbeteiligung aus?

Reime: Auch das sollte man nicht unterschätzen. In den meisten Fällen beträgt die Selbstbeteiligung bei SaferYou-Produkten 300 Euro pro Schadensfall. Wenn eine rechtliche Auseinandersetzung – z. B. wegen einer Online-Abmahnung – darunterliegt, bleibt der Versicherte auf den Kosten sitzen. Die Versicherung springt also oft erst bei größeren Streitwerten ein.

Redaktion: Gibt es allgemeine Ausschlüsse?

Reime: Ja, und sie sind nicht ohne. Vorsatzdelikte, Kriegsereignisse oder Naturkatastrophen wie Erdbeben sind genauso ausgeschlossen wie etwa Timesharing-Geschäfte. Wer zum Beispiel beim Online-Kauf einer Ferienimmobilie betrogen wird, kann sehr schnell in eine Grauzone geraten.

Zudem beginnt der Versicherungsschutz nicht mit dem Auftreten eines Problems, sondern mit dem sogenannten Verstoßzeitpunkt – also dem Zeitpunkt, an dem das schädigende Verhalten begonnen hat. Wenn etwa beleidigende Online-Kommentare bereits Monate alt sind, liegt der Schaden möglicherweise außerhalb des gedeckten Zeitraums.

Redaktion: Können Sie ein konkretes Beispiel nennen?

Reime: Gern. Eine Mandantin wollte gegen beleidigende Inhalte auf einem Instagram-Profil vorgehen, die schon einige Monate alt waren. Die Versicherung lehnte die Kostenübernahme ab, da der Verstoß außerhalb des Versicherungszeitraums lag.

Ein anderer Fall: Ein Kunde wurde beim Online-Kauf über eine ausländische Plattform betrogen. Die ARAG verwies auf die eingeschränkte Deckung im Ausland – 250 Euro reichten bei Weitem nicht, um juristisch gegen die Betrüger vorzugehen. Das führte natürlich zu großer Enttäuschung.

Redaktion: Was raten Sie Verbraucherinnen und Verbrauchern, die SaferYou in Betracht ziehen?

Reime: Lassen Sie sich nicht vom Namen blenden. SaferYou klingt wie ein digitaler Rundumschutz – ist aber stark konditioniert. Jeder sollte sich vor Abschluss fragen: Nutze ich das Internet ausschließlich privat? Welche Risiken will ich absichern? Und: Ist mein konkretes Risiko laut Sonderbedingungen tatsächlich gedeckt?

Im Zweifel rate ich, die Vertragsunterlagen vorab juristisch prüfen zu lassen. Die Versicherung zahlt nicht das, was der Kunde denkt, sondern das, was vereinbart wurde.

Redaktion: Ihr Fazit?

Reime: SaferYou ist ein modernes Produkt mit gewissen Vorzügen – besonders für rein privat aktive Internetnutzer. Aber es ist kein Allheilmittel. Wer beruflich im Netz unterwegs ist – etwa als Online-Händler, Content Creator oder Freelancer – sollte andere, speziellere Absicherungen in Betracht ziehen. Ohne genaue Kenntnis der Bedingungen ist die Enttäuschung im Schadensfall fast vorprogrammiert.

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