Die USA drohen, sich in Kürze aus den laufenden Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine zurückzuziehen. Dies erklärte US-Außenminister Marco Rubio nach einem Treffen mit europäischen und ukrainischen Vertretern in Paris. Sollten sich in den kommenden Tagen keine deutlichen Fortschritte abzeichnen, werde Präsident Donald Trump das amerikanische Engagement in den Vermittlungsbemühungen beenden.
„Wir werden diesen Versuch nicht wochen- oder monatelang fortsetzen. Innerhalb weniger Tage muss klar sein, ob eine Einigung in Sicht ist“, sagte Rubio. „Wenn nicht, wird der Präsident wohl sagen: ‚Wir sind raus.‘“
Rubios Äußerungen spiegeln wachsenden Frust im Weißen Haus über die mangelnde Kompromissbereitschaft Russlands wider. Drei europäische Diplomaten bestätigten gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass die Geduld der US-Regierung schwinde. Aus Berlin, Paris, London oder Kyiv gab es zunächst keine Reaktion auf die Äußerungen Rubios.
Gespräche mit Licht und Schatten
Trotz der drohenden Eskalation betonte Rubio, dass es bei den Gesprächen in Paris erste ermutigende Signale gegeben habe. Auch das ukrainische Präsidialamt sprach von einem „konstruktiven und positiven“ Austausch. Rubio erklärte, dass der von den USA vorgelegte Friedensplan bei den europäischen Partnern grundsätzlich auf Zustimmung gestoßen sei.
Zuvor hatte US-Vizepräsident JD Vance bei einem Besuch in Rom ebenfalls Optimismus geäußert. „Wir hoffen, dass wir diesen sehr brutalen Krieg bald beenden können“, sagte Vance nach einem Treffen mit der italienischen Premierministerin Giorgia Meloni.
Ein heikler Balanceakt
Seit seinem Amtsantritt hat Präsident Trump erklärt, er wolle den Ukraine-Krieg rasch beenden – ursprünglich versprach er sogar eine Lösung binnen 24 Stunden. Inzwischen hat sich diese Zielmarke auf April oder Mai 2025 verschoben.
Die US-Vermittlungsbemühungen hatten bereits in Saudi-Arabien zu einem begrenzten Waffenstillstand geführt. Doch ein nachhaltiger Frieden blieb aus. Unterdessen dauern die Kämpfe an – zuletzt wurden bei einem russischen Raketenangriff auf die Stadt Sumy 35 Menschen getötet. Trump bezeichnete den Angriff als „Fehler“.
Rubio hatte im Anschluss an die Pariser Gespräche auch Kontakt mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow und sprach mit ihm über Kernelemente des US-Friedensvorschlags.
Russische Forderungen und amerikanische Kritik
Die russische Seite fordert unter anderem:
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Verzicht der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft,
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vollständige Kontrolle über vier annektierte ukrainische Regionen,
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eine Reduzierung der ukrainischen Streitkräfte.
Die Ukraine lehnt diese Forderungen entschieden ab und bezeichnet sie als inakzeptabel.
Rolle Europas und mögliche Sanktionslockerungen
Rubio betonte die zentrale Rolle Europas bei einem möglichen Abkommen. Besonders die europäischen Russland-Sanktionen, über die Washington keine Kontrolle hat, müssten teilweise gelockert werden, um einen Friedensschluss realistisch zu machen.
Auch Sicherheitsgarantien der USA für die Ukraine seien Gegenstand der Gespräche gewesen. Rubio äußerte sich vorsichtig optimistisch: „Das sind Punkte, die wir lösen können. Aber wir haben noch größere Herausforderungen.“
Was passiert, wenn die USA sich zurückziehen?
Sollten die USA ihre Vermittlung einstellen, könnte das den Friedensprozess erheblich behindern – keine andere Nation besitzt vergleichbaren Einfluss auf beide Kriegsparteien. Denkbar wäre, dass Washington bei seiner bisherigen Ukraine-Politik bleibt, also weiterhin Hilfen an Kyiv leistet und Sanktionen gegen Russland aufrechterhält. Ebenso möglich wäre jedoch ein vollständiger Stopp der Zahlungen und Waffenlieferungen – ein Schritt, der bereits intern diskutiert wird.
Fazit
Die kommenden Tage könnten über den weiteren Verlauf des Krieges in der Ukraine entscheiden. Trump und Rubio erhöhen den Druck auf beide Seiten – mit der Aussicht, sich bei mangelndem Fortschritt ganz aus dem Prozess zurückzuziehen. Was zunächst wie eine Drohung klingt, ist vor allem eines: ein Warnsignal an Russland und die Ukraine, dass Zeit ein zunehmend kostbares Gut ist.