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Interview mit Rechtsanwalt Reime: „WhatsApp ist das neue Einfallstor für Finanzbetrug“

DanXaw (CC0), Pixabay

Frage: Herr Reime, die BaFin warnt aktuell vor mehreren Plattformen, die gezielt über WhatsApp-Gruppen deutsche Anleger ansprechen – darunter Zraox und STL Strategie. Warum häufen sich solche Fälle gerade über Messenger-Dienste?

Rechtsanwalt Reime: WhatsApp ist mittlerweile eines der beliebtesten Kommunikationsmittel weltweit, und genau das macht es für Betrüger so attraktiv. Im Gegensatz zu klassischen Spam-Mails oder öffentlich sichtbaren Werbeanzeigen erfolgt die Ansprache hier direkt, persönlich und oft in vermeintlich geschlossenen Gruppen. Das schafft ein trügerisches Gefühl von Vertrauen und Verbindlichkeit – insbesondere, wenn die Täter mit gefälschten Identitäten, bekannten Marken oder angeblichen Erfolgsgeschichten auftreten.

Frage: Inwiefern sind die Fälle Zraox und STL Strategie typisch für diese neue Masche?

Reime: Absolut. Beide Plattformen geben vor, aus den USA zu stammen, bieten jedoch in Deutschland unerlaubt Finanz- oder Kryptodienstleistungen an – ohne jede Zulassung durch die BaFin. Sie nutzen gezielt WhatsApp-Gruppen, um Anleger zu ködern, etwa mit Versprechen von „sicheren Renditen“, Trading-Tipps oder automatisierten Krypto-Bots. Die Namen wie „Zraox Blockchain Trading Limited“ oder angebliche Verbindungen zu „Stifel Financial Corp.“ sollen Seriosität vortäuschen – in Wirklichkeit handelt es sich häufig um Identitätsdiebstahl oder frei erfundene Strukturen.

Frage: Wie erkennen Verbraucher solche betrügerischen Angebote?

Reime: Es gibt einige Warnsignale:

  • Wenn Finanzprodukte oder Kryptowährungen ausschließlich über WhatsApp oder Telegram beworben werden

  • Wenn angebliche „Berater“ oder „Experten“ über Gruppenchats oder Direktnachrichten investieren wollen

  • Wenn seriöse Namen wie „Stifel“, „Morgan Stanley“ oder „Goldman Sachs“ verwendet, ohne dass dies überprüfbar ist

  • Und vor allem: Wenn kein Impressum, keine deutsche Lizenz oder BaFin-Zulassung auffindbar ist

Die BaFin ist in diesen Fällen oft handlungsfähig, aber leider reagieren viele Anleger zu spät, weil sie sich von persönlichen Ansprachen täuschen lassen.

Frage: Wie groß ist der Schaden für Betroffene?

Reime: Die Summen variieren stark, aber Verluste zwischen 5.000 und 100.000 Euro sind keine Seltenheit. Besonders perfide ist, dass viele Betroffene wiederholt Zahlungen leisten, etwa für angebliche Gebühren, Freischaltungen oder Rückabwicklungen. Diese Täter agieren international und sitzen oft in Ländern außerhalb der EU-Reichweite – das macht die Rückholung von Geldern extrem schwierig.

Frage: Was raten Sie Anlegerinnen und Anlegern?

Reime:

  1. Misstrauisch bleiben – insbesondere bei unaufgeforderter Kontaktaufnahme über WhatsApp, Telegram oder ähnliche Dienste.

  2. Kein Geld überweisen, bevor eine klare rechtliche Prüfung stattgefunden hat.

  3. Im Zweifel BaFin-Datenbank konsultieren oder einen spezialisierten Anwalt kontaktieren.

  4. Anzeige bei der Polizei erstatten, auch wenn die Täter im Ausland sitzen – das hilft, Strukturen aufzudecken.

  5. Und ganz wichtig: Nicht auf angebliche Rückzahlungsversprechen der Täter eingehen – das ist oft nur der nächste Trick.

Frage: Was müsste aus Ihrer Sicht regulatorisch geschehen?

Reime: Es braucht schnellere länderübergreifende Kooperationen, mehr technische Möglichkeiten zur Nachverfolgung digitaler Täterstrukturen – und idealerweise auch eine stärkere Aufklärung über Messenger-Missbrauch, ähnlich wie bei Phishing-Mails. WhatsApp selbst sollte verpflichtet werden, Massenansprachen oder betrügerische Gruppen zu melden oder automatisch zu blockieren.

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