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Pflichtbesuche an KZ-Gedenkstätten? Gedenkstätte Buchenwald äußert Skepsis

bady (CC0), Pixabay

Die Diskussion um Pflichtbesuche von KZ-Gedenkstätten im Schulunterricht gewinnt an Fahrt – doch nicht alle Beteiligten begrüßen die Idee vorbehaltlos. Die Gedenkstätte Buchenwald bei Weimar hat sich nun kritisch zu einem entsprechenden Vorschlag von Bundesbildungsministerin Karin Prien geäußert, die sich dafür ausgesprochen hatte, Besuche von Gedenkstätten wie Buchenwald oder Auschwitz verbindlich im Lehrplan zu verankern.

Skepsis aus der Praxis

Rikola-Gunnar Lüttgenau, Sprecher der Gedenkstätte Buchenwald, betonte im Gespräch mit dem MDR, dass das Anliegen, historisches Bewusstsein bei Jugendlichen zu stärken, selbstverständlich richtig und wichtig sei. Die Erfahrung zeige jedoch, dass Pflichtbesuche allein nicht ausreichen, um nachhaltige Bildung zu gewährleisten.

„Der Gedanke, Schülern historische Bildung zu vermitteln, ist natürlich nicht falsch. Aber Pflichtbesuche sind nur dann sinnvoll, wenn sie pädagogisch begleitet und individuell aufbereitet werden“, so Lüttgenau. Die Geschichte der DDR habe gezeigt, dass rein formale Pflichtbesuche nicht zwangsläufig zu Verständnis oder Empathie führen – im Gegenteil: Sie könnten sogar zu Ablehnung oder Gleichgültigkeit führen, wenn sie als bloße Pflichtveranstaltung empfunden würden.

Fragen statt Vorschriften

Die Gedenkstätte plädiert stattdessen für ein pädagogisch differenziertes Vorgehen. Jugendliche müssten mit ihren Fragen, Unsicherheiten und Interessen ernst genommen werden. Dazu sei Zeit, Raum und gut geschultes Personal notwendig. Nur so könne ein Gedenkstättenbesuch zu einem echten Lernerlebnis werden, das über reines Faktenwissen hinausgeht und zu einem reflektierten Umgang mit Geschichte beiträgt.

Lüttgenau betonte außerdem, dass viele Schulen und Lehrkräfte heute bereits großes Engagement zeigen und regelmäßig freiwillige Besuche organisieren. Die Herausforderung liege weniger im fehlenden Willen als vielmehr in knappen Ressourcen, fehlender Vor- und Nachbereitung sowie der hohen Arbeitsbelastung vieler Lehrkräfte.

Bildungspolitischer Hintergrund

Bundesbildungsministerin Karin Prien (CDU) hatte vor dem Hintergrund zunehmender antisemitischer Vorfälle und historischer Unwissenheit unter Jugendlichen gefordert, den Besuch von KZ-Gedenkstätten bundesweit verbindlich in den Unterricht zu integrieren. Ihre Forderung stieß in der Öffentlichkeit auf gemischte Reaktionen – von Zustimmung bis zu Skepsis.

Prien betonte, es gehe ihr nicht um „Zwangsmaßnahmen“, sondern um die Verankerung historischer Verantwortung im Bildungsauftrag. Der Besuch solle mit vorbereitendem Unterricht kombiniert und altersgerecht umgesetzt werden.

Fazit

Die Debatte um Pflichtbesuche an KZ-Gedenkstätten verdeutlicht ein grundlegendes Spannungsfeld in der Erinnerungskultur: Wie kann historische Bildung wirksam, sensibel und nachhaltig gestaltet werden – gerade für junge Menschen? Die Gedenkstätte Buchenwald warnt davor, allein auf Zwang zu setzen, und plädiert stattdessen für pädagogische Tiefe, Freiwilligkeit und echte Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.

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