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Drei Jahre Haft und Psychiatrie: Mutter spritzte Tochter absichtlich Keime

davevs (CC0), Pixabay

Im Fall einer jungen Mutter, die ihrer dreijährigen Tochter absichtlich Krankheitserreger injizierte, hat das Landgericht Heidelberg ein Urteil gefällt: Die 26-Jährige wurde zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Gleichzeitig ordnete das Gericht ihre Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik an. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass die Frau ihr Kind während eines Krankenhausaufenthalts mehrfach vorsätzlich mit Keimen infiziert hatte – mit dem Ziel, eine weitere stationäre Behandlung zu erzwingen.

Die Tat ereignete sich im Rahmen eines bereits laufenden Klinikaufenthalts des Kindes, das wegen anderer medizinischer Probleme behandelt wurde. Wie die Ermittlungen ergaben, hatte die Mutter während des Aufenthalts Zugang zu medizinischem Gerät und Injektionsmaterial. Sie injizierte dem Kind absichtlich Bakterienkulturen, die schwerwiegende Infektionen auslösten. Nur durch die aufmerksame Beobachtung des medizinischen Personals konnten lebensbedrohliche Komplikationen rechtzeitig erkannt und behandelt werden.

Gericht sieht gefährliche Persönlichkeitsstörung

Im Zentrum der juristischen Bewertung stand der psychische Zustand der Angeklagten. Ein psychiatrisches Gutachten bestätigte, dass die Frau an einer schweren Persönlichkeitsstörung leidet. Laut Angaben der Staatsanwaltschaft liegt eine sogenannte faktische Störung aus dem Münchhausen-by-proxy-Spektrum vor – ein psychisches Krankheitsbild, bei dem Betroffene absichtlich bei anderen, meist ihren eigenen Kindern, Krankheiten herbeiführen oder vortäuschen, um Aufmerksamkeit und Zuwendung zu erhalten.

Diese Form des krankhaften Verhaltens ist selten, aber hochgefährlich – nicht nur für die betroffenen Kinder, sondern auch wegen der oft späten Entdeckung. Die Angeklagte habe laut Gericht die Krankheit ihrer Tochter bewusst verlängert, um sich weiter als „helfende, fürsorgliche Mutter“ präsentieren zu können. Das Urteil spiegelt die Schwere dieser gezielten Manipulation wider.

Keine dauerhafte Schuldunfähigkeit – aber eingeschränkte Steuerungsfähigkeit

Zwar erkannte das Gericht keine vollständige Schuldunfähigkeit, jedoch eine erheblich verminderte Schuldfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Das bedeutet: Die Angeklagte war nach Auffassung der Richter in der Lage, das Unrecht ihrer Taten grundsätzlich zu erkennen, konnte sich aufgrund ihrer psychischen Erkrankung aber nur eingeschränkt steuern. Die Kombination aus Freiheitsstrafe und psychiatrischer Unterbringung soll sowohl die strafrechtliche Verantwortung als auch den therapeutischen Bedarf berücksichtigen.

Das Kind lebt inzwischen in Obhut des Jugendamts

Das betroffene Kind konnte sich nach der medizinischen Behandlung vollständig erholen. Es befindet sich mittlerweile in der Obhut des Jugendamts und lebt bei einer Pflegefamilie. Ein dauerhaftes Zurückkehren zur Mutter gilt nach Einschätzung der Behörden als ausgeschlossen. Auch das Sorgerecht wurde der Mutter dauerhaft entzogen.

Fachleute fordern mehr Sensibilisierung für seltene Krankheitsbilder

Der Fall hat auch außerhalb des Gerichtssaals für Aufsehen gesorgt – nicht zuletzt wegen der schwer nachvollziehbaren Motivlage. Fachleute aus Medizin und Psychologie fordern eine verstärkte Sensibilisierung für Krankheitsbilder wie Münchhausen-by-proxy, die im klinischen Alltag oft schwer zu erkennen sind. Immer wieder kommt es zu Fällen, in denen Eltern ihren Kindern vorsätzlich Schaden zufügen, ohne dass medizinisches Personal oder Jugendämter frühzeitig eingreifen können.

Fazit

Mit seinem Urteil setzt das Landgericht Heidelberg ein deutliches Zeichen: Elterliche Fürsorge darf nicht als Deckmantel für krankhaftes, gefährdendes Verhalten dienen. Die Kombination aus Haft und psychiatrischer Maßnahme zeigt, dass die Justiz sowohl die Gefährlichkeit der Tat als auch die psychische Erkrankung der Täterin ernst nimmt. Für das Kind bleibt die Hoffnung, in einem stabilen Umfeld neu beginnen zu können.

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