In zwei Schweinezuchtanlagen in Thüringen und Sachsen-Anhalt sind offenbar massive Verstöße gegen das Tierschutzgesetz begangen worden. Das zeigen heimlich angefertigte Videoaufnahmen, die dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) von der Tierrechtsorganisation Uncover zur Verfügung gestellt wurden. Die Aufnahmen dokumentieren unter anderem, wie Ferkel ohne Betäubung getötet werden – auf teils grausame und gesetzlich verbotene Weise.
Die Vorfälle ereigneten sich in zwei großen Schweinezuchtbetrieben, deren Namen bislang aus ermittlungstaktischen Gründen nicht veröffentlicht wurden. Die Videos zeigen Ferkel, die offenbar als „nicht wirtschaftlich“ eingestuft und daraufhin lebendig gegen harte Oberflächen geschleudert oder erschlagen werden – eine Methode, die nach Einschätzung von Tierärzten massives Leid verursacht und gegen geltendes Tierschutzrecht verstößt.
Uncover: Hinweise auf systematische Praxis
Der Tierrechtsverein Uncover, der die Aufnahmen mit verdeckten Ermittlungen dokumentiert hat, spricht von einem systematischen Problem. In beiden Betrieben seien regelmäßig Ferkel in großer Zahl getötet worden, was darauf hindeute, dass wirtschaftliche Erwägungen – etwa Größe, Gewicht oder Gesundheit der Tiere – über das gesetzlich vorgeschriebene Tötungsverbot hinaus eine Rolle spielten.
„Unsere Aufnahmen lassen keinen Zweifel: Die Tötung von Tieren aus rein wirtschaftlichen Gründen, etwa weil sie zu klein sind oder als nicht profitabel gelten, ist kein Einzelfall, sondern ein kalkulierter Teil der Betriebsführung“, so ein Sprecher der Organisation. Nach deutschem Tierschutzgesetz ist das Töten eines Wirbeltiers ohne vernünftigen Grund verboten. Wirtschaftlicher Nutzen allein gilt nicht als solcher Grund.
Politische und juristische Reaktionen gefordert
Die Aufnahmen rufen nun scharfe Kritik von Tierschützern, Politikern und Verbraucherschützern hervor. Mehrere Bundestagsabgeordnete forderten bereits Aufklärung durch die zuständigen Landesbehörden. Auch der Deutsche Tierschutzbund sprach von einem „erschütternden Beispiel für die Missstände in der industriellen Tierhaltung“.
Das Bundeslandwirtschaftsministerium teilte auf Anfrage mit, man werde die Vorwürfe prüfen und mit den Landesbehörden in Kontakt treten. Die betroffenen Veterinärämter kündigten Ermittlungen an. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, drohen den Verantwortlichen empfindliche Geldstrafen oder sogar strafrechtliche Konsequenzen.
Strukturelles Problem in der Schweinezucht?
Der Fall wirft erneut ein Licht auf grundlegende Probleme in der industriellen Tierhaltung. Immer wieder werden in Deutschland durch Tierrechtsorganisationen und Journalisten Verstöße gegen das Tierschutzgesetz aufgedeckt – oft mithilfe verdeckter Aufnahmen. Die aktuellen Bilder bestätigen aus Sicht vieler Beobachter das, was Kritiker seit Jahren beklagen: Ein System, in dem wirtschaftlicher Druck und Massenproduktion auf Kosten des Tierwohls gehen.
Experten fordern deshalb verstärkte Kontrollen, höhere Strafen für Verstöße und eine stärkere personelle Ausstattung der Veterinärämter. Zudem müsse die politische Diskussion über grundsätzliche Reformen in der Nutztierhaltung – etwa strengere Haltungsnormen, bessere Kennzeichnungspflichten und mehr Transparenz – konsequent weitergeführt werden.
Fazit
Der neue Tierschutzskandal in Mitteldeutschland reiht sich ein in eine Serie von Enthüllungen, die das Vertrauen in die Tierhaltungsbranche erschüttern. Die Videos dokumentieren mutmaßlich illegale Tötungen und grobe Missachtung des Tierschutzgesetzes. Sollte sich der Verdacht bestätigen, steht nicht nur die Glaubwürdigkeit einzelner Betriebe, sondern die Integrität eines ganzen Systems infrage. Die Forderung nach Konsequenzen – rechtlich, politisch und gesellschaftlich – wird lauter denn je.