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Wie schützt das geltende Recht Verbraucherinnen und Verbraucher vor Kostenfallen im Internet?

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Das geltende Recht bietet viele Möglichkeiten, sich gegen Anbieter von Internetkostenfallen zur Wehr zu setzen. Oft wird es bereits an einem wirksamen entgeltpflichtigen Vertrag fehlen (siehe a). Aber auch dann, wenn ein Vertrag zustande gekommen sein sollte, können sich Verbraucherinnen und Verbraucher in vielen Fällen durch Anfechtung (siehe b) oder Widerruf (siehe c) von dem Vertrag lösen. Kosten, die infolge der außergerichtlichen Abwehr der vermeintlich bestehenden Forderung entstanden sind, insbesondere Anwaltskosten, muss der Betreiber des Portals oder der die Forderung beitreibende Rechtsanwalt u. U. ersetzen (siehe e). Darüber hinaus können die Verbraucherzentralen und die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs effektiv gegen unseriöse Unternehmen vorgehen (siehe Punkt 4). Auch die Verhängung von Geldbußen gegen solche Unternehmen ist je nach Einzelfall möglich (siehe Punkt 4 Absatz 6).

a) Ist überhaupt ein wirksamer entgeltpflichtiger Vertrag zustande gekommen?

Wichtig für die Verbraucherinnen und Verbraucher ist: In vielen Fällen müssen sie überhaupt nicht zahlen. Denn ein gültiger Vertrag über eine entgeltpflichtige Dienstleistung ist nicht zustande gekommen. Voraussetzung für einen solchen Vertrag ist nämlich, dass beide Parteien übereinstimmende Willenserklärungen abgeben, die alle wesentlichen Punkte – also auch den Preis – enthalten.

Ergibt sich die Zahlungspflicht nur aus dem Kleingedruckten, den sogenannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), wird sie nur dann Bestandteil eines Vertrages mit Verbraucherinnen und Verbrauchern, wenn der Internetanbieter ausdrücklich auf die AGB hingewiesen hat. Außerdem muss er Verbraucherinnen und Verbrauchern die Möglichkeit verschaffen, in zumutbarer Weise vom Inhalt der AGB Kenntnis zu nehmen. Dies ist nur dann der Fall, wenn die AGB so gestaltet sind, dass sie für Durchschnittskunden mühelos lesbar sind und ein Mindestmaß an Übersichtlichkeit aufweisen. Auch wenn eine Klausel so ungewöhnlich ist, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher nicht mit ihr zu rechnen brauchen (sogenannte überraschende Klausel), wird sie nicht Vertragsbestandteil. Im Übrigen gilt: Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Zahlungsverpflichtungen in AGB können damit aus vielerlei Gründen unwirksam sein.

In jedem Fall begründet eine einseitige Rechnungsstellung des Internetanbieters ohne vertragliche Grundlage keine Zahlungspflicht. Will der Anbieter einen Zahlungsanspruch geltend machen, muss er beweisen, dass eine wirksame Einigung über eine entgeltpflichtige Leistung erzielt wurde. Das wird ihm in vielen Fällen nicht gelingen.

b) Kann ein wirksam geschlossener Vertrag angefochten werden?

Selbst wenn im Einzelfall doch ein Vertrag zustande gekommen sein sollte, können Kunden ihre Vertragserklärung unter Umständen anfechten. Voraussetzung ist, dass sie sich nicht bewusst waren, einen entgeltpflichtigen Vertrag zu schließen (Anfechtung wegen Irrtums). Gleiches gilt, wenn die Internetseite so gestaltet war, dass der Verbraucher durch Täuschung zur Abgabe seiner Vertragserklärung bestimmt wurde (Anfechtung wegen Täuschung). Wird in diesen Fällen rechtzeitig die Anfechtung erklärt, ist der Vertrag als von Anfang an nichtig anzusehen mit der Folge, dass keine vertragliche Zahlungspflicht besteht. Zwar hat der Anfechtende bei einer Anfechtung wegen Irrtums dem Vertragspartner grundsätzlich den Schaden zu ersetzen, den dieser dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit der Erklärung vertraut hat. Die Schadensersatzpflicht tritt jedoch dann nicht ein, wenn der Beschädigte den Grund der Anfechtung kannte oder kennen musste.

c) Kann der Vertrag widerrufen werden?

Darüber hinaus können Verbraucherinnen und Verbraucher im Internet geschlossene Verträge, sogenannte Fernabsatzverträge, regelmäßig widerrufen. Widerruft der Verbraucher den Vertrag fristgerecht, braucht er ihn nicht zu erfüllen. Die Widerrufsfrist beträgt abhängig von den Umständen des Einzelfalles 14 Tage oder einen Monat und beginnt jedenfalls nicht, bevor der Verbraucher eine deutlich gestaltete Belehrung über sein Widerrufsrecht in Textform (etwa als E-Mail oder per Telefax) erhalten hat. Von diesen Vorschriften dürfen Anbieter grundsätzlich nicht zu Lasten der Verbraucherinnen und Verbraucher abweichen.

Verbraucherinnen und Verbraucher, die über ihr Widerrufsrecht nicht ordnungsgemäß belehrt worden sind, können Verträge über Dienstleistungen noch bis zur vollständigen Vertragserfüllung durch beide Vertragsparteien widerrufen. Das bedeutet, dass ein Verbraucher den Vertrag im Fall einer fehlenden Belehrung über das Widerrufsrecht vor vollständiger Zahlung in jedem Fall widerrufen kann. Wird der Verbraucher über sein Widerrufsrecht bei oder nach Vertragsschluss belehrt, beginnt zu diesem Zeitpunkt die Widerrufsfrist. Innerhalb dieser Frist kann er den Vertrag widerrufen, solange dieser noch nicht vollständig erfüllt ist. Wertersatz für die bereits (teilweise) erhaltene Dienstleistung muss er in diesem Fall nur dann leisten, wenn er vor Abgabe seiner Vertragserklärung auf die Wertersatzpflicht hingewiesen worden ist und dennoch einer Ausführung der Dienstleistung vor Ende der Widerrufsfrist ausdrücklich zugestimmt hat. Dies wird bei Kostenfallen jedoch regelmäßig nicht der Fall sein.

d) Wie sieht es aus, wenn Minderjährige in eine Kostenfalle geraten?

Oft surfen Minderjährige selbstständig im Internet und können daher ebenfalls leicht in eine Kostenfalle geraten. In diesen Fällen gilt: Wenn der Minderjährige das siebte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist der Vertrag mit dem Internetanbieter in jedem Fall nicht zustande gekommen, da der Minderjährige überhaupt nicht geschäftsfähig ist.

Nach Vollendung des siebten Lebensjahres bis zur Volljährigkeit wird ein durch den Minderjährigen geschlossener Vertrag nur wirksam, wenn die gesetzlichen Vertreter (in der Regel die Eltern) dem Vertragsschluss zustimmen.

Dass der Internetanbieter für den Fall, dass der Minderjährige eine falsche Altersangabe gemacht hat, mit einer Anzeige wegen Betrugs droht, ist für die Frage des Vertragsschlusses unerheblich.

e) Besteht ein Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Rechtsverteidigung?

Verteidigt sich ein Verbraucher, der in eine Kostenfalle geraten ist, gegen einen vermeintlichen Zahlungsanspruch kann er u. U. die Kosten der außergerichtlichen Rechtsverteidigung, insbesondere seine Anwaltskosten, ersetzt bekommen. Einige Zivilgerichte haben einen solchen Schadensersatzanspruch sowohl gegen den Betreiber des Portals als auch gegen den mit dem Inkasso beauftragten Rechtsanwalt ausdrücklich anerkannt (AG Marburg, Urteil vom 8.2.2010 Az.: 91C 981/09; AG Karlsruhe, Urteil vom 12.8.2009 Az.: 9 C 93/09; AG Bonn, Urteil vom 12.2.2010 Az.: 103 C 422/09; anders allerdings: AG Karlsruhe, Urteil vom 18.2.2010, Az. 7C 261/09). Begründet wurde dies damit, dass ein betrügerisches Verhalten bzw. eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung vorliege. Voraussetzung für die Haftung eines Inkassoanwalts ist jedoch, dass dieser Kenntnis von der Aufmachung des Internetportals hatte.

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