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Ernährung

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silviarita (CC0), Pixabay

Bis in das späte 19. Jahrhundert hinein war ein Großteil der Bevölkerung in Europa chronisch unterernährt, eine Realität, die sich tief in das gesellschaftliche Gefüge eingegraben hatte. In einem faszinierenden Podcast, der sich mit der Geschichte der Ernährung und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft befasst, beleuchtet der Wirtschafts- und Sozialgeschichtler Erich Landsteiner diese dramatische Vergangenheit.

Blicken wir zurück ins Mittelalter, so war die tägliche Kalorienzufuhr weit entfernt von dem, was wir heute als ausreichend betrachten würden. In England beispielsweise verfügten die Menschen im Jahr 1380 durchschnittlich über nur 2.000 bis 2.250 Kilokalorien pro Tag. Im Vergleich zu den heutigen Werten, die zwischen 3.250 und 3.500 Kilokalorien liegen, wird deutlich, wie sehr sich unsere Ernährungsgewohnheiten verändert haben.

Aber nicht nur in England, sondern auch in anderen Teilen Europas war die Situation ähnlich prekär. Mitte des 18. Jahrhunderts hatten die Menschen in Frankreich beispielsweise nur etwa 1.800 Kilokalorien pro Tag zur Verfügung. Um dies in Perspektive zu setzen: Der Grundumsatz eines Menschen, also die Menge an Energie, die der Körper in völliger Ruhe benötigt, liegt zwischen 1.400 und 1.500 Kilokalorien. Das heißt, vielen Menschen fehlte die Energie für körperliche Arbeit oder um sich gegen Krankheiten zu wehren.

Diese chronische Unterernährung hatte weitreichende Folgen. Sie führte nicht nur zu einer hohen Sterblichkeitsrate, sondern auch zu einer körperlichen Entwicklung, die stark von der heutigen abwich. Die Menschen waren im Durchschnitt kleiner und leichter. Es gab auch sichtbare soziale Unterschiede: Wohlhabendere Menschen waren aufgrund ihrer besseren Ernährung oft größer und kräftiger.

Die industrielle Revolution brachte dann eine Wendung. Mit der zunehmenden Mechanisierung und dem Wirtschaftswachstum verbesserte sich auch die Lebensmittelversorgung. Dennoch waren Kriegs- und Nachkriegszeiten weiterhin von Hunger und Entbehrung geprägt. Erst in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts kehrte sich das Blatt vollständig. Die Herausforderung war nun nicht mehr Unterernährung, sondern Überernährung und die damit verbundenen Gesundheitsprobleme.

Die Geschichte der Ernährung in Europa ist ein fesselndes Beispiel dafür, wie eng Nahrung und gesellschaftliche Entwicklung miteinander verknüpft sind. Sie zeigt uns, wie sich die Ernährungsgewohnheiten über die Jahrhunderte verändert haben und wie diese Veränderungen die Gesellschaft als Ganzes beeinflusst haben.

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