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Manche Arznei­mittel bereiten im Sommer Probleme

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qimono / Pixabay

Gerötete Haut, Juck­reiz, Pusteln – im Sommer bereiten viele gut verträgliche Arznei­mittel plötzlich Probleme: zum Beispiel Blut­druck­senker, Schmerz­mittel oder Antibiotika. Sie können die Haut empfindlicher für die UV-Strahlung der Sonne machen und licht­bedingte Haut­re­aktionen auslösen. Die Stiftung Warentest nennt die wichtigsten Wirk­stoffe, die die Haut licht­empfindlich machen und gibt Tipps, wie Betroffene sich schützen können.

Tabletten und Salben können licht­empfindlich machen

Sowohl Tabletten und Kapseln zum Einnehmen als auch Salben und Gels, die auf die Haut aufgetragen werden, können Auslöser von licht­bedingten Haut­re­aktionen sein. Die Liste der Wirkstoffe, die Neben­wirkungen durch Sonnenlicht auslösen können, ist lang. Betroffen sind unter anderem manche Antibiotika, Schmerz­tabletten und Schmerzgels zum Beispiel mit Ibuprofen und Diclofenac, Mittel gegen Herz­rhythmus­störungen oder Wasser­tabletten, die Ärzte bei Blut­hoch­druck oder Herz­schwäche verordnen.

Auch Mittel gegen Akne, Epilepsie und Psycho­sen, pflanzliche Mittel wie Johannis­kraut und einige Krebs-Medikamente können bei Sonnenlicht die Haut verändern. Die Anti-Baby-Pille kann Pigment­ver­änderungen – vor allem im Gesicht – verursachen, die sich durch Sonnen­bestrahlung intensi­vieren.

Tipp: Bei unseren Medikamenten im Test erfahren Sie für über 9 000 rezept­pflichtige und frei verkäufliche Medikamente, welche Neben­wirkungen diese haben – und ob eine erhöhte Licht­empfindlich­keit der Haut dazu gehört.

Haut­re­aktion und Medikament – Zusammen­hang erkennen

Reaktionen nach Minuten oder erst nach Tagen

Die Haut­re­aktionen können inner­halb von Minuten bis Stunden nach der Anwendung des Arznei­mittels auftreten, aber auch erst mit Verzögerung von einigen Tagen. Deshalb sehen viele Menschen oft erst einmal keinen Zusammen­hang zwischen Haut­re­aktionen und einem Medikament – insbesondere dann nicht, wenn sie es einge­nommen und eben nicht, etwa als Creme, auf die Haut aufgetragen haben. Oder wenn sie es schon längere Zeit nehmen und bisher gut vertragen haben.

Symptome ähneln meist Sonnenbrand

Licht­bedingte Haut­re­aktionen durch Medikamente können unterschiedlich aussehen: Die Haut kann sich röten, sich entzünden, brennen oder anschwellen. Oder es bilden sich Blasen, Pickel oder Pusteln. Nach einigen Tagen können die Blasen aufplatzen und nässen. Auch Juck­reiz, fleckige Hautmale oder Hautschuppung können auftreten. Nicht immer lassen sich diese Haut­re­aktionen von einem normalen Sonnenbrand unterscheiden.

Tipp: Ein Hinweis darauf, dass Medikamente die Ursache sein könnten: Durch Arznei­mittel verursachte Reaktionen auf Sonnenlicht treten schon bei Sonnenmengen auf, die sonst problemlos vertragen werden.

So beugen Sie Haut­re­aktionen vor

Sonne meiden, richtig kleiden

Wer die betroffenen Mittel einnimmt oder anwendet, sollte auf ausgedehnte Sonnenbäder und Solarien­besuche verzichten. Die intensive Mittags­sonne von 11 bis 15 Uhr ist möglichst zu meiden. Schutz bietet Kleidung, die die Haut bedeckt, und einen Hut auf dem Kopf. Unbe­deckte Haut­stellen schützt ein Sonnen­schutz­mittel mit hohem Licht­schutz­faktor. Dabei sollten Nacken, Ohren, Hals, Fuß- und Hand­rücken sowie die Lippen nicht vergessen werden.

Tipp: Welche Cremes, Lotionen und Sprays zuver­lässig schützen, steht in unserem Test Sonnencreme und Sonnenspray sowie in unserem Test Sonnencreme für Kinder.

Licht­bedingte Haut­re­aktionen beob­achten

Wer eine licht­bedingte Reaktion vermutet, sollte sich mit einem Apotheker oder Arzt besprechen. Möglicher­weise lässt sich die Anwendung des Medikaments auf den Abend verlegen. Bei einer Dauer­einnahme von Wirk­stoffen, die die Haut empfindlicher für UV-Strahlung machen, ist es zudem wichtig, die Haut sorgfältig zu beob­achten – insbesondere Stellen, die dem Sonnenlicht ausgesetzt sind. Ein Arzt sollte sie von Zeit zu Zeit auf Veränderungen unter­suchen.

So geben Beob­achtungs­studien aus Dänemark etwa für das Diuretikum Hydro­chlorothiazid Hinweise darauf, dass mit der Erhöhung der Licht­empfindlich­keit auch das Risiko für weißen Hautkrebs ansteigen könnte. Der Wirk­stoff ist Bestand­teil zahlreicher Kombimittel bei hohem Blutdruck.

Neben­wirkungen – wichtig zu wissen

  • Glas bietet teil­weise keinen ausreichenden UVA-Schutz und damit auch keinen ausreichenden Schutz vor arznei­mittel­bedingten Haut­re­aktionen. Laut Bundes­amt für Strahlen­schutz schützen die Front­scheiben im Auto weitest­gehend vor UVA- und UVB-Strahlen, die Seiten­scheiben jedoch lassen UVA-Strahlen teil­weise passieren. Im Sommer gilt es bei längeren Auto­fahrten an sonnigen Tagen auch im Auto auf Sonnen­schutz zu achten.
  • Dünne, weiße Kleidung schützt oft nicht ausreichend. Besser sind dicht gewebte und dunkle Stoffe. Weitere Tipps zum Sonnen­schutz stehen in unserem FAQ Sonnencreme.
  • Die Licht­empfindlich­keit kann nach dem Absetzen eines Mittels noch einige Zeit bestehen bleiben, etwa bei Amiodaron, das bei Herz­rhythmus­störungen einge­setzt wird. In diesen Fällen sollten Sie den besonderen Licht­schutz der Haut auch nach Therapieende noch einige Zeit beibehalten.

Wirk­stoffe, bei denen Sonnen­schutz ratsam ist

Wir nennen im Folgenden über­wiegend Wirk­stoffe aus unserer Daten­bank Medikamente im Test, für die bekannt ist, dass Sonnenlicht Haut­re­aktionen verursachen kann. Die in unserer Daten­bank gelisteten rezept­pflichtigen und rezept­freien Arznei­mittel werden in Deutsch­land besonders häufig angewendet. Wie generell bei unerwünschten Wirkungen von Arznei­mitteln gilt auch hier: Nicht alle Anwender dieser Mittel sind betroffen und die Haut­re­aktionen können bei Betroffenen unterschiedlich stark ausfallen.

Mittel gegen Blut­hoch­druck und Herz­schwäche

Diuretika, auch Wasser­tabletten genannt, wie Schleifendiuretika (Furosemid, Piretanid und Torasemid) sowie Thiazide (Chlortalidon, Hydro­chlorothiazid, Indapamid, Xipamid) senken den Blut­druck und entlasten das Herz. Sie werden häufig verordnet beispiels­weise bei Bluthochdruck oder Herzschwäche.

Einige der Verbindungen sind auch oft in Kombinations­mitteln enthalten. Bei ihnen wird recht häufig von licht­bedingten Reaktionen berichtet. Das heißt aber nicht, dass sie ein besonders hohes Potenzial für derartige unerwünschte Wirkungen haben. Die zahlreichen Berichte sind wahr­scheinlich darauf zurück­zuführen, dass die Mittel häufig angewendet werden – zudem meist als Dauer­medikation.

Auch bei manchen Blut­druck­senkern aus anderen Wirk­stoff­gruppen wie etwa Quinapril, Enalapril oder Diltiazem müssen Sie in Einzel­fällen mit einer erhöhten Licht­empfindlich­keit rechnen.

Schmerz­mittel und Entzündungs­hemmer

Entzündungs- und schmerzhemmend wirkende Arznei­mittel zum Einnehmen mit den Wirk­stoffen Diclofenac, Ibuprofen, Ketoprofen, Naproxen, Piroxicam, Tiaprofensäure vertragen sich nicht immer gut mit intensiver Sonnen­bestrahlung. Sie verursachen zwar nur selten sonnenbe­dingte Haut­re­aktionen, die Wirk­stoffe werden jedoch sehr häufig einge­setzt.

Beachten Sie insbesondere: Wenn Sie ein Schmerzgel mit Diclofenac, Keto­profen oder Ibuprofen anwenden – zum Beispiel bei Arthrose, Gelenk­beschwerden oder Sport­verletzungen – kann die Haut an den behandelten Stellen licht­empfindlicher werden. Es können sich dann – meist erst nach einigen Tagen – Haut­re­aktionen entwickeln, die im Einzel­fall auch schwerwiegend sein können. Die behandelten Stellen sollten Sie daher vor Sonnenlicht schützen – auch wenn es wolkig ist – und dies bis zwei Wochen nach Beendigung der Behand­lung fortsetzen.

Antibiotika

Wenn Sie wegen einer bakteriellen Infektion ein Antibiotikum einnehmen müssen, müssen Sie bei zahlreichen Wirk­stoffen mit licht­bedingten Reaktionen rechnen. Insbesondere wenn Ihr Arzt Ihnen ein Mittel aus der Gruppe der Tetrazykline (Doxycyclin, Oxytetra­zyklin, Tetracyclin, Minocyclin) verordnet, sollten Sie Ihre Haut unbe­dingt vor Sonne schützen. Dass sonnenbe­dingte Stör­wirkungen in dieser Medikamentengruppe vorkommen, ist in der Fach­literatur häufig beschrieben. Die Nägel sollten Sie dann sicher­heits­halber ebenfalls vor allzu starker Sonnen­einwirkung schützen, da es vereinzelt zu Nagelablösung und Verfärbung kommen kann.

Auch bei Chinolonen (zum Beispiel Cipro­floxacin, Oflaxacin), Sulfon­amiden (etwa Cotrimoxazol gegen Harnwegs­infektionen) und Voriconazol bei Pilz­infektionen ist ein ausreichender Sonnen­schutz zu beachten.

Mittel gegen Herz­rhythmus­störungen

Bei schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen wird häufig das Antiarrhythmikum Amiodaron verordnet. Das Mittel ist besonders oft für eine erhöhte Sonnenbrandneigung verantwort­lich: Mehr als einer von 10 Behandelten ist davon betroffen. Zudem kann sich die Haut bei länger andauernder Behand­lung schiefergrau bis schwarz­violett verfärben, insbesondere an Stellen, die der Sonne ausgesetzt sind. Diese Verfärbung bildet sich nach Absetzen des Mittels nur lang­sam inner­halb von ein bis vier Jahren wieder zurück.

Akne­mittel

Benzoylperoxid trocknet fettige Haut aus und tötet Entzündungs­keime ab, die am Entstehen von Pickeln beteiligt sind. Darüber hinaus weist es eine leichte Schäl­wirkung auf und reizt die Haut. Auch die Empfindlich­keit gegen­über UV-Strahlung nimmt zu.

Auch Retinoide (Acitretin, Isotretinoin) machen die Haut dünner und somit empfindlicher für UV-Strahlen.

Bei schwerer Akne werden häufig auch Antibiotika zum Einnehmen verschrieben. Zu ihnen zählt das Tetracyclin Doxycyclin. Dann sollten Sie die Verhaltens­tipps zum Sonnen­schutz unbe­dingt einhalten.

Anti-Baby-Pille

Hormonpräparate mit einer Kombination aus einem Östrogen und Gestagen werden bei Akne, insbesondere aber als „Pille“ zur Empfängnisverhütung einge­setzt. Manche Frauen, die die Pille über lange Zeit einnehmen, entwickeln Pigment­ver­änderungen (Chloasmen). Sie bekommen vor allem im Gesicht dunkle Flecken, die sich durch Sonnen­bestrahlung intensi­vieren. Diese Pigment­flecken vergehen häufig nicht wieder. Sie können versuchen, den Färbungen vorzubeugen, indem Sie Sonnen­schutz­mittel auftragen.

Pflanzliche Mittel

Auch bei einigen pflanzlichen Mitteln kann intensive Sonnen­strahlung Stör­wirkungen auf der Haut verursachen. Johanniskraut soll bei nervöser Unruhe, Schlafstörungen und auch bei depressiven Stimmungs­zuständen seine Wirkung entfalten. Wenn Sie Mittel mit Johannis­kraut aber über längere Zeit in hohen Dosen anwenden, sollten Sie an einen ausreichenden Haut­schutz denken. Bedenken Sie auch, dass äußerlich angewendete pflanzliche Mittel, beispiels­weise Cremes mit Arnika, allergische Reaktionen auf der Haut auslösen können, die sich durch Sonnen­einwirkung noch verstärken können.

Krebs­mittel

Auch manche Wirk­stoffe, die bei Krebs­erkrankungen einge­setzt werden, können licht- und sonnen­empfindlich machen, beispiels­weise die Zytostatika Fluorouracil (äußerlich auch bei akti­nischer Keratose), Vinblastin (bei Morbus Hodgkin, Brust­krebs) oder Dacarbazin (bei Haut­krebs, Morbus Hodgkin, Weich­teilsarkom). Das gilt auch für einige zielge­richtete Medikamente: Beispiels­weise verursacht der bei Melanom einge­setzte Wirk­stoff Vemurafenib sehr häufig licht­bedingte Reaktionen: bei mehr als einem von zehn behandelten Patienten.

Tipp: Erkundigen Sie sich beim Arzt, ob Sie Krebs­medikamente erhalten, die ihre Haut licht­empfindlicher machen.

Weitere Wirk­stoffe

  • Einige Neuroleptika, die Ärzte etwa bei Psycho­sen oder Schizophrenie verordnen: Chlorprotixen, Thioridazin, Promethazin, Perazin, Haloperidol
  • Antiepileptika bei Epilepsie: Phenobarbital, Carbamazepin (auch bei Neuro­pathie einge­setzt)
  • Bestimmte Mittelbei chro­nisch entzündlichen Darm­erkrankungen oder rheumatoider Arthritis: Azathioprin und Sulfasalazin
  • Malaria­mittel:Chinin (auch bei nächt­lichen Wadenkrämpfen einge­setzt), Chloroquin, Hydroxychloroquin, Mefloquin
  • Das Anti­histaminikum Diphenhydramin, das gegen Übel­keit und Erbrechen, bei Reisekrankheit, Allergie­symptomen und Schlafstörungen ohne Rezept erhältlich ist
  • Methotrexat (MTX) bei rheumatoider Arthritis und Schuppenflechte
  • Lipidsenker bei erhöhten Triglycer­idwerten: Fibrate wie Bezafi­brat, Fenofi­brat, Gemfibrozil. Sie können vereinzelt die Empfindlich­keit der Haut gegen­über Sonnenlicht erhöhen, sodass sich die Haut groß­flächig entzündet. Wenn dies bei Ihnen bereits einmal vorgekommen ist, dürfen Sie keine Fibrate mehr einnehmen.

Informationen zu weiteren Arznei­stoffen, die die Haut licht­empfindlich werden lassen, finden Sie in unserer Datenbank.

Quelle: https://www.test.de/Nebenwirkung-Lichtempfindlichkeit-Wenn-Arzneimittel-im-Sommer-Probleme-bereiten-5624442-0/

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