Start Justiz Bericht vom ersten Prozesstag der Geno Wohnbaugenossenschaft eG

Bericht vom ersten Prozesstag der Geno Wohnbaugenossenschaft eG

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12019 (CC0), Pixabay

Im ersten Tatkomplex wird dem Angeklagten Jens M. Insolvenzverschleppung gemäß § 15a Abs. 1 InsO vorgeworfen. Ihm wird dabei zur Last gelegt, dass sich die Geno Wohnbaugenossenschaft eG seit 2011 in der Krise befunden habe. Sie habe seit 2011 jeweils Verluste in Höhe von über 1 Millionen erlitten, in den Jahren 2015 und 2016 sogar von über 4 Millionen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt sei die Genossenschaft überschuldet gewesen.

Auch hinsichtlich der Vertriebsgesellschaft, der Geno AG, an welcher der Angeklagte zu 85 % Inhaber war, wird dem Angeklagten Insolvenzverschleppung vorgeworfen. So habe die Zeugin S. im Herbst 2014 bei einem Meeting auf die drohende Zahlungsunfähigkeit in der AG hingewiesen. Der Angeklagte habe daraufhin entschieden die Zusammenarbeit mit der Zeugin zu beenden. Die bilanzielle Überschuldung habe im Jahr 2014 lediglich durch die Vereinbarung eines Rangrücktritts hinsichtlich eines Darlehens verhindert werden können.

Im zweiten Tatkomplex wird dem Angeklagten gewerbsmäßiger Betrug in 172 Fällen vorgeworfen. So habe der Angeklagte ab dem 01.01.2015 durch die Vertriebstätigkeit bewusst darüber getäuscht, dass neue Anleger in eine insolvente Gesellschaft investieren. Zu diesem Zeitpunkt habe tatsächlich bereits der Totalverlust der Einlagen gedroht. So seien bereits durch Kündigungen in den Jahren 2013 und 2014 auszuzahlende Auseinandersetzungsguthaben i.H.v. EUR 5.000.000 aufgelaufen. Diese seien nicht zurückgezahlt worden, stattdessen sei eine Mindestkapital-Klausel als Auszahlungsvoraussetzung in die Vertragsbedingungen eingeführt worden. Dadurch sollte verhindert werden, dass zukünftige Kündigungen keinen Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthaben bewirken können. Neumitglieder hatten daher aufgrund der wirtschaftlichen Situation der eG zu keinem Zeitpunkt Chance das Auseinandersetzungsguthaben ausgezahlt zu bekommen. Der Angeklagte habe die neu eintretenden Genossen daher über folgende Punkte getäuscht:

– die wirtschaftliche Lage der eG
– die mögliche Zuteilung eines Optionskaufes (die letzte Zuteilung sei am 21.01.2016 erfolgt, tatsächlich waren Zuteilungen an Neumitglieder nicht mehr möglich)
– Die Gelder waren nicht zurückzuholen
– Die Investition war objektiv wertlos

Insgesamt seien ab 01.01.2015 Einlagen über insgesamt 2,4 Millionen gezeichnet worden. Der Angeklagte habe sich hierdurch bereichert. So habe er beispielsweise für das Jahr 2015 von der eG und der AG insgesamt Gehalt und Provision in Höhe von Euro 300.000 erhalten

Im dritten Komplex werden dem Angeklagten Untreue und Bankrott-Taten zu Lasten gelegt. So habe er spätestens im Herbst 2014 Kenntnis über die bilanzielle Überschuldung der AG gehabt. Diese habe nur durch den Rangrücktritt eines Darlehens im Verhältnis eG – AG verhindert werden können. Im Jahr 2015 habe er dann beschlossen zusammen mit dem gesondert verfolgten Gerald S. ein ungesichertes Darlehen von der eG an die AG in Höhe von Euro 263.000,00 auszureichen. Die Tranchen seien dann im Zeitraum Februar bis Juli 2016 in voller Höhe ohne Sicherheiten ausgezahlt worden.

Am 26.07.2016 habe er dann zusammen mit dem gesondert verfolgten Martin D. den weiteren Vorsatz gefasst, ein weiteres Darlehen i.H.v. EUR 4.200.000 an die AG auszureichen. Die Höhe der Tranchen sollten laut der Darlehensvereinbarung je nach Bedarf der Höhe nach angepasst werden. Sicherheiten wurden nicht bestellt. Der Darlehensvertrag wurde auch durch die Aufsichtsrätin Simone Z. unterzeichnet. Die Tranchen wurden dann bis ins Jahr 2018 insgesamt i.H.v. 4.210.000 auch tatsächlich ausgezahlt. Die Rückzahlung sollte laut Darlehensvertrag von 2020-2023 erfolgen. Tatsächlich soll der Angeklagte jedoch zu keinem Zeitpunkt einen Rückzahlungswillen gehabt haben, sondern stattdessen die Verrechnung mit Abschlagszahlungen auf zukünftige Provisionsansprüchen geplant haben. Der Rückzahlungsanspruch sei auch aus diesem Grund wertlos gewesen. Es sei ein Verlust i.H.v. EUR 4.400.000 für die eG eingetreten. Das von der Mitgliederversammlung eingeholte Einverständnis sei unter Vortäuschung falscher Angaben erfolgt. Dieses sei zudem unwirksam, da die Mitgliederversammlung nicht in strafbare Bankrotthandlungen einwilligen könne. Zudem seien die Gelder durch die AG auch zweckwidrig verwendet worden, beispielsweise durch Ausreichung eines Darlehens an Jens M. als eigetragenen Kaufmann.

Im Rahmen des vierten Komplexes wird dem Angeklagten ebenfalls eine Untreue und Bankrott-Tat zur Last gelegt. So soll er in Anbetracht der Insolvenzreife der Genossenschaft zusammen mit dem gesondert verfolgtenMartin.D. entschlossen haben, Vermögenswerte beiseite zu schaffen. So seien insgesamt 19 Immobilien mit einem tatsächlichen Wert i.H.v. EUR 3.100.000 über eine extra gegründete Strohgesellschaft an die LP Grundvermögen GmbH mit Sitz in Frankfurt für einen Kaufpreis i.H.v. EUR 1.765.000 unter Wert verkauft und übertragen worden.

Hierbei soll der Notar Dr. Reith aus Stuttgart, welcher ansonsten die Beurkundungen für die Geno durchgeführt habe, die Beurkundung abgelehnt haben, da es Auflassungsvormerkungen aufgrund der Optionskäufe für einzelne Mitglieder gegeben habe. Dies sei dem Notar insbesondere aufgrund vorangegangener Beurkundungen und Kenntnis über das Geschäftsmodell bekannt gewesen sein.

Der Angeklagte habe daher entschlossen, die Beurkundung bei einem Notar in Frankfurt durchführen zu lassen, was dann auch erfolgreich durchgeführt wurde, da dieser Notar keine Kenntnis vom Geschäftsmodell hatte. Um den Verkauf zu legitimieren wurde auf Veranlassung des Angeklagten eine vertragliche Klausel, wonach Grundstücke auch unter Wert verkauft werden können, aufgenommen. Die insofern eingeholte Einverständniserklärung der Generalversammlung sei jedoch unwirksam, da diese nicht wirksam in Bankrotterklärungen einwilligen könne.

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