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OLG Celle: Musterentscheid US Öl- und Gasfonds XVII GmbH & Co. KG der Energy Capital Invest Verwaltungsgesellschaft mbH

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Urteil | © QuinceMedia / Pixabay

9 Kap 4/18
5 OH 8/17 Landgericht Stade

Verkündet am 11. Dezember 2019

Kahle, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Beschluss

In dem Kapitalanlegermusterverfahren

Reiner Lucas, Kirchwaldstraße 1, 80686 München,

Musterkläger,

Prozessbevollmächtigte: Anwaltsbüro WinterWotsch Rechtsanwälte PartmbB, Müllerstraße 54, 80469 München,

Geschäftszeichen: 232-16SM3-SM

gegen

1.

TB Treuhand GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer Timo Biebert, Innungsstraße 11, 21244 Buchholz in der Nordheide,

2.

Kay Rieck, c/o Energy Capital Invest, Hillerstraße 9, 70184 Stuttgart,

3.

Matthias Moosmann, c/o Energy Capital Invest, Hillerstraße 9, 70184 Stuttgart,

Musterbeklagte,

Prozessbevollmächtigte zu 1, 2 und 3: Anwaltsbüro BSB Quack Gutterer Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB, Alexanderstraße 9b, 70184 Stuttgart,
Geschäftszeichen: 16-144 as/cb

hat der 9. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Celle durch die Vorsitzende Richterin am Oberlandesgericht Dr. Wiegand-Schneider, den Richter am Oberlandesgericht Dentzien und die Richterin am Landgericht Dr. Hoffmann auf die mündliche Verhandlung vom 13. November 2019 beschlossen:

1.

Es wird festgestellt, dass der am 17. Dezember 2012 von der Energy Capital Invest Verwaltungsgesellschaft mbH veröffentlichte Prospekt für die Beteiligung an der US Öl- und Gasfonds XVII GmbH & Co. KG in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend ist, weil er

a)

keinen Hinweis auf die im Jahr 2011 gegen die operativ tätig werdende „US-Partnerin“, die Furie Operating Alaska LLC, verhängte Strafzahlung im Umfang von USD 15.000.000 USD und das dagegen angestrengte Klageverfahren enthält, sondern den unzutreffenden Hinweis, es würden keine Gerichts-, Schieds- und Verwaltungsverfahren existieren, die einen wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage des Emittenten und die Vermögensanlage haben können,

b)

Explorations- und Fördererfolge ins Blaue hinein und ohne nachvollziehbare Grundlage prognostiziert, indem er ein durch in unmittelbarer Nähe durchgeführte Bohrungen bestätigtes Vorhandensein sehr großer Gasmengen und enormer Erdölreserven darstellt und

c)

bei der Darstellung des Subventionssystems in Alaska (Tax Credits) keinen Hinweis auf den Umstand enthält, dass gewährte Subventionen unter Umständen zu 50 % zurückzuzahlen sind.

2.

Die Musterbeklagten waren nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB verpflichtet, über die unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Inhalte der unter Nr. 1 genannten Fehler im streitgegenständlichen Prospekt aufzuklären, sie haben insoweit ihre Pflichten verletzt und diese Pflichtverletzung zu vertreten.

3.

Hinsichtlich der weitergehenden Feststellungsziele (insb. Nrn. 1.1, 1.2, 1.6, 1.7, 1.8, 2, 3 und 4) des Vorlagebeschlusses des Landgerichts Stade vom 29. Mai 2018, 5 OH 8/17 ist dieser gegenstandslos.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten im Rahmen eines Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) darum, ob der für den geschlossenen Fonds US Öl- und Gasfonds XVII GmbH & Co. KG herausgegebene Beteiligungsprospekt (Anlage MK 1) fehlerhafte Informationen über die Anlage enthält und ob bejahendenfalls die Musterbeklagten dafür haften. In den jeweiligen Ausgangsverfahren machen der Musterkläger und die Beigeladenen auf Rückabwicklung ihrer Beteiligungen an der Fondsgesellschaft gerichtete Schadensersatzansprüche geltend.

Die Musterbeklagte zu 1 ist die Gründungs- und Treuhandkommanditistin der Fondsgesellschaft, der Musterbeklagte zu 2 war Gesellschafter der Energy Capital Invest Oil & Gas Alaska GbR, die ebenfalls Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft war. Der Musterbeklagte zu 3 war deren geschäftsführender Gesellschafter; zugleich war er Geschäftsführer der Komplementärin der Fondsgesellschaft.

Datum der Prospektaufstellung ist der 17. Dezember 2012 (Anl. MK 1, dort S. 115). Zweck des Fonds war es, über weitere Gesellschaften mittelbar in die Exploration und Förderung von Erdöl- und Erdgasvorkommen in Alaska zu investieren. Dafür sollten prospektgemäß Mittel in Höhe von 35 Mio. € verwendet werden, die ausschließlich über Einlagen der Anleger beschafft werden sollten (S. 10 d. Prospekts).

Im Jahr 2017 wurden u. a. vor dem Landgericht Stade mehrere auf Prospekthaftung im weiteren Sinne gestützte Schadensersatzklagen, jeweils verbunden mit Anträgen auf Durchführung eines Kapitalanleger-Musterverfahrens, gegen die Musterbeklagten erhoben, woraufhin das Landgericht unter dem 29. Mai 2018 einen Vorlagebeschluss gemäß § 6 Abs. 1 KapMuG (im Klageregister als „Musterverfahrensantrag“ veröffentlicht) erlassen hat. Nach dem Vorlagebeschluss ist über folgende Feststellungsziele zu entscheiden:

1. Der am 17.12.2012 von der Energy Capital Invest Verwaltungsgesellschaft mbH veröffentlichte Prospekt für die Beteiligung an der US Öl- und Gasfonds XVII GmbH & Co. KG ist in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend:

1.1 Es ist fehlerhaft durch den Fondsprospekt der Eindruck erweckt worden, die der gegenständlichen Fondsgesellschaft zeitlich vorangegangenen Vorgängerfonds der Energy Capital Invest-Gruppe seien wirtschaftlich und unternehmerisch erfolgreich verlaufen, da diese jeweils mit einem „maximalen Gewinn“ aufgelöst worden seien. Richtigerweise erwirtschafteten die Vorgängerfonds durchgängig Jahresfehlbeträge und bestanden durch den Betrieb eines Schneeballsystems, was sich dem Prospekt nicht entnehmen lässt.

1.2 Der Fondsprospekt klärt nicht ausreichend über die personellen und wirtschaftlichen Verflechtungen der beteiligten Personen und Unternehmen auf. Die diesbezüglichen Darstellungen im Fondsprospekt sind in mehrfacher Hinsicht unzureichend, falsch und unvollständig,

a) weil der Fondsprospekt nicht darüber aufklärt, dass der Beklagte zu 3) als Mitglied der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft auch als Aufsichtsratsmitglied der Deutsche Oel & Gas AG und damit für Unternehmen tätig ist, welche mit der Cornucopia Oil & Gas Company LLC und der Furie Operating Alaska LLC Lieferungen oder Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung des Anlageobjekts erbringen,

b) weil der Fondsprospekt nicht darüber aufklärt, dass der Beklagte zu 2) als Mehrheitsaktionär der Deutsche Oel & Gas S.A. und als Person, welche die Herausgabe oder den Inhalt des Verkaufsprospekts wesentlich beeinflusst hat, über die Deutsche Oel & Gas AG in wesentlichem Umfang mittelbar an der Cornucopia Oil & Gas Company LLC und der Furie Operating Alaska LLC, also an Unternehmen beteiligt ist, welche Lieferungen oder Leistungen im Zusammenhang mit der Anschaffung oder Herstellung des Anlageobjekts erbringen,

c) weil der Fondsprospekt nicht darüber aufklärt, dass der Beklagte zu 2) über die Alecto Oel & Gas GmbH und die Dt. Oel & Gas Verwaltungs GmbH in wesentlichem Umfang mittelbar an der Energy Capital Invest Marketing & Placement GmbH beteiligt ist.

Der Fondsprospekt klärt hierdurch nur unzureichend über die Risiken von Interessenkonflikten auf.

1.3 Der Fondsprospekt enthält bei Darstellung des Subventionssystems in Alaska (Tax Credits) keinen Hinweis auf den Umstand, dass die gewährten Subventionen zu 50 % über einen Zeitraum von zehn Jahren vom Empfänger zurückzuzahlen sind.

1.4 Die im Fondsprospekt dargestellten und prognostizierten Explorations- und Fördererfolge stellen sich als Behauptungen ins Blaue hinein dar, da die verantwortlich Handelnden im Jahre 2012 noch gar keine Erkenntnisse zu Fördererfolgen in dem Gebiet Kitchen Lights Unit gewonnen hatten. Die Aussichten eines wirtschaftlichen Erfolgs werden viel zu positiv dargestellt.

1.5 Im Fondsprospekt fehlt sowohl ein Hinweis auf die im Jahr 2011 gegen die operativ tätig werdende „US-Partnerin“, die Furie Operating Alaska LLC, verhängte Strafzahlung im Umfang von USD 15.000.000,00, welche erhebliche negative Auswirkungen für potenzielle Kreditgeber und Investoren haben kann, wie auch ein Hinweis auf das dagegen angestrengte Klageverfahren vom 08.07.2012. Stattdessen enthält der Fondsprospekt den unzutreffenden Hinweis, es würden keine Gerichts-, Schieds- und Verwaltungsverfahren existieren, die einen wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage des Emittenten und die Vermögensanlage haben können.

1.6 Im Fondsprospekt fehlt ein Hinweis auf ein zwischen dem Beklagten zu 2), der Furie Operating Alaska LLC und der Cornucopia Oil & Gas Company LLC auf der einen und einem Family-Office auf der anderen Seite seit dem Jahre 2012 geführtes Klageverfahren, welches aus einem im Jahre 2011 vereinbarten Joint Venture zwischen diesen Parteien resultiert. Stattdessen enthält der Fondsprospekt den unzutreffenden Hinweis, es würden keine Gerichts-, Schieds- und Verwaltungsverfahren existieren, die einen wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage des Emittenten und die Vermögensanlage haben können.

1.7 Im Fondsprospekt fehlen Ausführungen zu bereits im Zeitpunkt der Prospektherausgabe vorliegenden Bewertungsgutachten zum Anlageobjekt. Weder das Gutachten von Netherland, Sewell & Associates, Houston/Texas, vom 24.09.2012 noch das Gutachten der Escopeta Oil & Gas LLC, als Vorgängerin der Furie Operating Alaska LLC, vom 11.12.2006 finden im Fondsprospekt Erwähnung. Stattdessen enthält der Fondsprospekt den unzutreffenden Hinweis, dass nach Kenntnis des Anbieters keine Bewertungsgutachten für die Anlageobjekte 1. bis 3. Ordnung existieren.

1.8 Im Fondsprospekt fehlt ein Hinweis auf den Umstand, dass im Zeitpunkt der Prospektherausgabe und auch in der Folge den „US-Partnern“ gar keine Genehmigung vorlag für die tatsächliche Durchführung der prospektierten Erdgasförderung einschließlich der Errichtung der hierfür erforderlichen Anlagen.

2. Die Beklagte zu 1) ist für den am 17.12.2012 für die Beteiligung an der US Öl- und Gasfonds XVII GmbH & Co. KG veröffentlichten Prospekt als Fondsinitiatorin gemäß § 20 Abs. 1. S. 1 Alt. 1 VermAnlG verantwortlich und es liegt kein Haftungsausschluss nach § 20 Abs. 3, Abs. 4 VermAnlG vor.

3. Der Beklagte zu 2) ist für den am 17.12.2012 für die Beteiligung an der US Öl- und Gasfonds XVII GmbH & Co. KG veröffentlichten Prospekt als Initiator und Hintermann gemäß § 20 Abs. 1. S. 1 Alt. 2 VermAnlG verantwortlich und es liegt kein Haftungsausschluss nach § 20 Abs. 3, Abs. 4 VermAnlG vor.

4. Die Beklagten zu 2) und zu 3) sind für den am 17.12.2012 für die Beteiligung an der US Öl- und Gasfonds XVII GmbH & Co. KG veröffentlichten Prospekt als ehemalige Gesellschafter der Energy Capital Invest Oil & Gas Alaska GbR gemäß § 20 Abs. 1. S. 1 Alt. 1 VermAnlG in Verbindung mit § 736 Abs. 2 BGB, § 160 Abs. 1 HGB verantwortlich und es liegt kein Haftungsausschluss nach § 20 Abs. 3, Abs. 4 VermAnlG vor.

5. Die Beklagten waren nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB bezüglich der in Ziffer 1 genannten Kapitalanlage verpflichtet, über die unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Punkte der unter Ziffer 1.1 bis 1.8 genannten Feststellungsziele im streitgegenständlichen Prospekt aufzuklären.

Die Beklagten haben hinsichtlich der unter Ziffer 1.1 bis 1.8 genannten Feststellungsziele ihre Pflichten aus dem vorvertraglichen Schuldverhältnis verletzt und haben diese Pflichtverletzung im Sinne von § 280 BGB auch zu vertreten.

Mit Beschluss vom 26. November 2018 (Bd. I, Bl. 137 ff. d. A.), der am 14. Dezember 2018 im elektronischen Bundesanzeiger (Klageregister) veröffentlicht worden ist, hat der Senat den Musterkläger bestimmt.

Der Musterkläger beteiligte sich mit Beitrittserklärungen vom 22. April, 21. Juni und 28. August 2013 (Anlage MK 2) in Höhe von insgesamt 58.900 € an dem Fonds. Er ist der Auffassung, der Prospekt sei in der mit dem oben wiedergegebenen Musterfeststellungsantrag beschriebenen Weise fehlerhaft, und macht dazu im Wesentlichen Folgendes geltend:

Zu 1.1: Der Beteiligungsprospekt sei hinsichtlich des Erfolgs der in ihm werbend herausgestellten, in Wahrheit durchgehend nur Fehlbeträge erwirtschaftenden Vorgängerfonds fehlerhaft und die – nicht mit konkret überprüfbarem Tatsachenvortrag unterlegte – Erläuterung der Musterbeklagten hinsichtlich der Herkunft der angeblichen Erträge dieser Fonds sei unzutreffend. Dass allein durch die Veräußerung von Förderrechten jeweils auf einen Schlag Beträge hätten erwirtschaftet werden können, die ausgereicht hätten, in den Vorjahren erwirtschaftete Verluste und die gesamten Einlagen der Anleger auszugleichen, sei fernliegend. Auch der Umstand, dass Einlagen der Anleger der Vorgängerfonds im Wesentlichen nicht zurückgezahlt, sondern in nachfolgenden Fonds angelegt worden seien, deute darauf hin, dass das Anlagemodell ein Schneeballsystem gewesen sei.

Zu 1.2: Im Prospekt werde unzureichend über Verflechtungen und Interessenkonflikte der am Geschäftsmodell beteiligten Personen aufgeklärt, wozu der Musterkläger unter Bezugnahme auf ein von ihm erstelltes Organigramm (Anl. MK 16) im Einzelnen vorträgt.

Zu 1.3: Der Prospekt enthalte unzureichende Angaben zu dem von der Fondsgesellschaft bzw. ihren Anlageobjekten in Anspruch zu nehmenden Subventionen, die in unzutreffender Weise als „Gewinne“ bzw. „Erlöse“ bezeichnet würden und hinsichtlich derer ein Hinweis darauf fehle, dass sie bei einem Erfolg des Explorationsvorhabens zur Hälfte zurückzuzahlen seien.

Zu 1.4: Im Prospekt seien die Erfolgsaussichten der Fondsgesellschaft unbegründet optimistisch dargestellt worden. Die dort auf S. 14 aufgestellte Behauptung, zwei bereits angestellte Bohrungen der Cornucopia Oil & Gas Company LLC Houston/Texas („US-Partner“) hätten das Vorhandensein erheblicher Erdgas- und Erdölvorkommen bestätigt, seien ersichtlich ins Blaue hinein aufgestellt und von den Musterbeklagten auch nicht belegt worden. Alle greifbaren Quellen sprächen gegen die prospektierte Annahme. Falls, wie die Musterbeklagten nun behaupteten, ein die Prospektdarstellungen belegendes Gutachten vorhanden sei, sei dieses im Prospekt fehlerhafterweise jedenfalls nicht erwähnt worden.

Zu 1.5: Die gegen die Furie Operating Alaska LLC aus Anlass der Verwendung eines ausländischen Transportschiffs verhängte Strafzahlung, die schon wegen ihrer immensen Höhe (15 Mio. $) nicht nur diese Gesellschaft, der die Fondsgesellschaft in erheblichem Umfang Kapital zur Verfügung habe stellen sollen, sondern auch deren Muttergesellschaft, die Cornucopia Oil & Gas Company LLC gefährdet habe, hätte im Prospekt konkret offengelegt werden müssen.

Zu 1.6: Gleiches gelte für Rechtsstreitigkeiten, die diese Gesellschaften im Jahre 2012 mit einem deutschen Investor geführt hätten.

Zu 1.7: Die Musterbeklagten hätten in dem mit der Anlegerin Sentis geführten Rechtsstreit nunmehr vorgetragen, es gebe ein positive Explorationsaussichten der Fondsgesellschaft belegendes Gutachten „Netherland“. Dieses hätten die Musterbeklagten zwar nicht vorgelegt, weshalb diese Behauptung nicht überprüft werden könne (sh. schon oben zu 1.4). Jedenfalls aber hätte das Vorliegen eines derartigen Bewertungsgutachtens im Prospekt Erwähnung finden müssen.

Zu 1.8: Der Prospekt lege auch nicht zureichend offen, dass erforderliche Genehmigungen zum Zeitpunkt seiner Erstellung teilweise noch fehlten. So sei ein Antrag hinsichtlich der Exploration zwar am 28. März 2012 genehmigt worden, der Antrag für die Förderung der Vorkommen aber erst am 1. Mai 2014. In einem Prospekt seien aber sämtliche für den Erfolg des Vorhabens erforderlichen Genehmigungen darzustellen.

Angesichts dessen hafteten die Musterbeklagten nach den Vorschriften des Vermögensanlagengesetzes und der Vermögensanlagen-Verkaufsprospektverordnung sowie aus Prospekthaftung im weiteren Sinne.

Die Musterbeklagten halten die Prospektangaben für ausreichend:

Zu 1.1: Die Vorgängerfonds hätten (planmäßig) anfangs, nämlich in der Explorationsphase, Verluste geschrieben, dann aber die explorierten / weiterentwickelten Mineralgewinnungs- / Bezugsrechte erfolgreich veräußert, womit die Kosten und die Ausschüttungen an die Anleger gedeckt sowie die Anlagebeträge zurückgezahlt werden konnten. Hierzu legen die Musterbeklagten Bestätigungen einer Rechtsanwaltskanzlei (Anl. MB 8-9) vor.

Zu1.2: Das vom Musterkläger vorgelegte Organigramm sei insoweit falsch, als die Deutsche Oel & Gas S.A. erst am 29. Juli 2013 gegründet worden sei, sodass sie zum Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung nicht die Aktien der Deutsche Oel & Gas AG gehalten haben konnte. Die Prospektangaben zu Verflechtungen und Beteiligungen seien nicht unzureichend.

Zu 1.3: Hinsichtlich der Subventionen sei zu differenzieren zwischen einer für das wirtschaftliche Vorhaben des Fonds hier ausnahmsweise in Anspruch genommenen 100-prozentigen Anschubfinanzierung, die im Erfolgsfalle teilweise zurückzuzahlen sei, und einer über Steuergutschriften erfolgende Subventionierung im Übrigen. Vor diesem Hintergrund seien die Prospektangaben nicht zu beanstanden.

Zu 1.4: Zu den tatsächlichen Erfolgschancen des Vorhabens, an dessen Finanzierung sich die Fondsgesellschaft beteiligen sollte, hätten sich die Prospektverfasser auf das „Netherland-Gutachten“ vom 24. September 2012 stützen können, das durch spätere weitere Gutachten bestätigt worden sei. Im Übrigen enthalte der Prospekt in dieser Hinsicht die erforderlichen Risikohinweise. Die vom Musterkläger zitierten Artikel rührten aus erheblich vor der Explorationsphase liegenden Zeiten her, sie gäben keinen Aufschluss über die Erkenntnismöglichkeiten der Prospektverfasser. Die Erfolgsaussichten seien durch die tatsächlichen Erfolge der Cornucopia in den Jahren 2013-2016 belegt worden. Das Vorhandensein der im Prospekt erwähnten Vorkommen könne der Zeuge Bruce Ganer bestätigen.

Zu 1.5.: Ein Hinweis auf die gegen die Furie Operating Alaska LLC verhängte Strafzahlung sei nicht angezeigt gewesen, weil diese Gesellschaft beliebig hätte ausgetauscht werden können, ohne den Erfolg des prospektierten Vorhabens zu gefährden. Dass sie „zufällig“ eine Tochtergesellschaft der Cornucopia gewesen sei, spiele keine Rolle. Im Übrigen habe diese Gesellschaft eine Einigung mit der die Strafzahlung verhängenden Stelle erzielen können, wonach die Zahlung auf 10 Mio. $ reduziert und auf zehn Jahresraten gestreckt worden sei.

Zu 1.6: Mit dem vom Musterkläger erwähnten deutschen Investor habe es einen Rechtsstreit mit der „Furie Petroleum“ und Kay Rieck gegeben, der allerdings am 30. August 2012 durch Vergleich erledigt worden sei. Ein Folgestreit, der auch gegen die Cornucopia gerichtet gewesen sei, habe erst im September 2013 und damit weit nach der Prospekterstellung begonnen.

Zu 1.7: Das Gutachten „Netherland“ habe lediglich benachbarte Explorationseinheiten betroffen, in der Sache jedoch Rückschlüsse auf das von der Fondsgesellschaft zu finanzierende Vorhaben ermöglicht.

Zu 1.8: Auf das Erfordernis von Genehmigungen sei im Prospekt hingewiesen worden; insoweit sei es bei der Durchführung des Vorhabens auch zu keinerlei Problemen gekommen.

In rechtlicher Hinsicht dürften Angaben aus dem Prospekt nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden. Außerdem seien vermeintliche Auslassungen, etwa zu bestehenden Prozessrisiken, für die Anlageentscheidung nicht relevant gewesen, weil es insoweit ausreichende Rücklagen der Gesellschaften gegeben habe.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze nebst Anlagen, namentlich die Musterklagebegründung vom 19. Februar 2019 (Bd. II, Bl. 245 ff. d. A.), die Musterklageerwiderung vom 18. Juli 2019 (Bd. IV, Bl. 634 ff d. A., den Schriftsatz des Beigeladenen zu 10 vom 4. September 2019 (Bd. IV, Bl. 730 ff. d. A.), die Replik des Musterklägers vom 11. September 2019 (Bd. V, Bl. 778 ff. d. A.) und die Duplik der Musterbeklagten vom 7. Oktober 2019 (Bd. V, Bl. 879 ff. d. A.) verwiesen.

II.

Das Vorlageverfahren ist zulässig. Soweit die Musterbeklagten die Zulässigkeit der Vorlage mit dem Einwand in Zweifel gezogen haben, das erforderliche Quorum von insgesamt mindestens zehn gleichgerichteten Musterverfahrensanträgen sei nicht – mehr – erreicht, nachdem einer der Musterverfahrensanträge noch vor Ablauf des in § 6 Abs. 1 S. 1 KapMuG geregelten sechsmonatigen Zeitraums zurückgenommen worden sei (Schriftsatz vom 9. November 2018, Bd. I, Bl. 113 d. A.), greift dieser Einwand schon deswegen nicht durch, weil der Vorlagebeschluss für das Oberlandesgericht bindend ist, § 6 Abs. 1 Satz 2 KapMuG. Im Übrigen stellt § 6 Abs. 1 S. 1 KapMuG allein auf die im Streitfall gegebene (und vom vorlegenden Gericht ohnehin einzig sicher überprüfbare, weil nach § 3 Abs. 2 KapMuG im Klageregister des Bundesanzeigers erfolgende) Tatsache der Bekanntmachung der Musterverfahrensanträge in dem genannten Zeitraum ab.

III.

Die gestellten Anträge erweisen sich auch in der Sache dergestalt als begründet, dass jedenfalls das Vorliegen bestimmter der vom Musterkläger geltend gemachten Prospektfehler und eines gegen sämtliche Musterbeklagten tragenden Haftungsgrundes bereits jetzt angesichts des dem Senat unterbreiteten Sach- und Streitstands festzustellen sind bzw. ist. Weil aber für die einzelnen Feststellungsziele stets und in jeder Lage des Verfahrens zu prüfen ist, ob ein Sachentscheidungsinteresse besteht bzw. fortbesteht, und der Senat auch an die Reihenfolge, in der die Feststellungsziele im Vorlagebeschluss aufgeführt sind, nicht gebunden ist (vgl. insg. Beschl. d. BGH v. 19. September 2017 und 22. November 2016, XI ZB 17/15, dort Rn. 49 ff., und XI ZB 9/13, dort Rn. 106, s. auch Gängel, KapMuG, 4. Aufl., Rn. 23 ff. zu § 2), bedarf es, wie mit den Parteien in der mündlichen Verhandlung erörtert worden ist, im Streitfall keiner Bescheidung sämtlicher Feststellungsanträge.

Der Musterkläger und die Beigeladenen als weitere Anleger wollen in den jeweiligen Ausgangsverfahren die Rückabwicklung ihrer Beteiligungen gegenüber den Musterbeklagten erreichen. Für das Erreichen dieses jeweiligen Prozessziels genügt die Feststellung eines für die Anlageentscheidung erheblichen Prospektfehlers ebenso wie die Bejahung einer gegen sämtliche Musterbeklagten tragenden Anspruchsgrundlage.

1. Der streitgegenständliche Prospekt ist als unzureichend und fehlerhaft anzusehen, weil er kein richtiges und vollständiges Bild des Beteiligungsobjekts zu vermitteln geeignet ist und nicht über alle Gesichtspunkte zutreffend, verständlich und vollständig aufklärt, die für die Anlageentscheidung von wesentlicher Bedeutung sind, namentlich die mit der angebotenen speziellen Beteiligungsform verbundenen Nachteile und Risiken (vgl. BGH, Urt. v. 22. März 2010, II ZR 66/08, Rn. 9 nach juris m. w. N.). Insbesondere fehlt es an einer zureichenden Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln können (vgl. BGH, Urt. v. 9. Juli 2013, II ZR 193/11, Rn. 25 nach juris, Urt. v. 23. April 2012, II ZR 211/09, Rn. 13).

a) Im Prospekt findet sich kein Hinweis auf eine gegen die Furie Operating Alaska LLC wegen der Verwendung eines ausländischen Transportschiffs am 13. Oktober 2011 seitens des U.S. Department of Homeland Security verhängte Strafzahlung in Höhe von ursprünglich 15 Mio. $ (Anl. MK 41 im gesonderten Hefter). Ebenso fehlt es an einem Hinweis, dass die Furie Operating Alaska LLC am 8. Juli 2012 gegen diese Strafzahlung gerichtlich vorgegangen war. Das vom Musterkläger mit seinem Feststellungsziel zu 1.5 verfolgte (Feststellungs-) Begehren erweist sich mithin als begründet. Auf ein derartiges und zum Zeitpunkt der Prospektveröffentlichung infolge der Verhängung der Strafzahlung bereits konkret eingetretenes Risiko hätte es eines Hinweises im Prospekt bedurft (vgl. auch § 8 Nr. 3 VermVerk-ProspV). Der allgemein gehaltene und pauschale Hinweis (auf S. 24 des Prospekts) betreffend einen möglichen Ausfall des US-Partners sowie mit diesem verbundene Unternehmen „aus wirtschaftlichen oder sonstigen Gründen für die Durchführung des Projekts“ genügt insoweit nicht.

aa) Die Strafzahlung war der Höhe nach beträchtlich, sie orientiert sich nach der unwidersprochenen Darstellung des Musterklägers am Wert der verwendeten Bohrplattform. Daraus erschließt sich ohne Weiteres, dass die Durchsetzung einer solchen Strafe den Vertragszweck zu gefährden geeignet war, denn bei der von ihr betroffenen Gesellschaft handelte es sich um die operativ tätig werdende und offenbar über die für die vorgesehene wirtschaftliche Tätigkeit der Fondsgesellschaft notwendige Ausrüstung (insb. die Bohrplattform, deren nicht regelkonformer Transport gerade Anlass für die Strafzahlung war) verfügende (mittelbare) Vertragspartnerin. Dass die Höhe der festgesetzten Strafzahlung von 15 Mio. $ für die Anlageentscheidung der Prospektadressaten von wesentlicher Bedeutung sein musste, ergibt sich auch aus deren Relation zur Höhe des insgesamt einzuwerbenden Kapitals (nämlich insgesamt knapp 35 Mio. €, S. 45 des Prospekts). Für die Entscheidung eines Anlegers, in Explorations- und Fördervorhaben zu investieren, ist der Umstand, dass mehr als ein Drittel der Beteiligung für die Begleichung bereits verhängter Strafzahlungen benötigt werden könnte, naturgemäß von entscheidender Bedeutung. Auf die Relation zu den von den Musterbeklagten behaupteten „Gesamtinvestitionen im Kitchen Lights Unit“ von 800 Mio. $ ist insoweit nicht abzustellen, denn diese konnten (und sollten) ersichtlich nicht von der Fondsgesellschaft aufgebracht werden.

Soweit die Musterbeklagten geltend machen, die Adressatin der Strafzahlung habe sich mit der die Zahlung verhängenden Verwaltungsbehörde mittlerweile auf eine Reduzierung des Bußgeldes auf ca. 10 Mio. $ und auf eine Zahlbarkeit in zehn unverzinslichen Jahresraten geeinigt und zudem ausreichende Rückstellungen gebildet, steht dies der Annahme, das aus der Strafzahlungsanordnung resultierende Risiko habe in dem Verkaufsprospekt abgebildet werden müssen, nicht entgegen, sondern bestätigt diese vielmehr. Dass die Furie Operating Alaska LLC Anlass gesehen hat, sich für eine derartige Reduzierung und Streckung der Strafzahlung einzusetzen, belegt gerade deren wirtschaftliche Bedeutung für diese Gesellschaft (und ihre Muttergesellschaft).

bb) Dass nach dem Inhalt des Prospekts als „Anlageobjekt 2. Ordnung“ eine Gesellschaft mit der Bezeichnung „Furie Oil & Gas XVII LLC“ noch zu gründen war, lässt keinen Rückschluss darauf zu, dass die Strafzahlung für die Durchführung des konkreten wirtschaftlichen Vorhabens der Fondsgesellschaft in seiner im Prospekt vorgesehen Ausprägung nicht von Bedeutung gewesen wäre; die Musterbeklagten machen Derartiges auch nicht geltend. Sie wenden nicht ein, dass die im Verkaufsprospekt vorgesehene wirtschaftliche Betätigung der Fondsgesellschaft mit der durch die Strafzahlung betroffenen Furie Operating Alaska LLC nichts zu tun gehabt habe und von der Strafe unberührt geblieben wäre, sondern machen gerade geltend (S. 21 der Musterklagerwiderung, Bd. IV, Bl. 654 d. A.), bei der Furie Operating Alaska LLC handele es sich um die Gesellschaft, derer sich die Cornucopia Oil & Gas LLC (die „US-Partnerin“ der Fondsgesellschaft, vgl. Bl. 14 des Prospekts) für die operativen Tätigkeiten auf dem Fördergebiet bediene.

cc) Dass, wie die Musterbeklagten geltend machen, die Dienstleistungen statt von der Furie Oil & Gas XVII LLC möglicherweise auch von einem anderen Anbieter hätten erbracht werden können, ist im Hinblick auf die Offenbarungspflicht im Verkaufsprospekt ohne Belang. Abgesehen davon, dass weder vorgetragen noch ersichtlich ist, welches andere Dienstleistungsunternehmen ohne (etwa durch die Verbringung einer eigenen anderen Förderplattform entstehende) Mehrkosten zu einer Erbringung der für den Vertragszweck erforderlichen Leistungen in der Lage gewesen sein soll, kommt es auf das bei der Prospektherausgabe geplante und im Prospekt beschriebene konkrete Vorhaben an.

Zudem handelt es sich bei der Furie Operating Alaska LLC unstreitig um eine Tochtergesellschaft der Cornucopia Oil & Gas LLC, also der „US-Partnerin“ der Fondsgesellschaft, und zwar gerade derjenigen, welche „die operativen Tätigkeiten auf dem Fördergebiet vollzieht“ (Bd. IV, Bl. 654 d. A.). Angesichts dessen war die Angabe auf S. 107 des Prospekts (dort unten rechts), wonach „keine Gerichts-, Schieds- und Verwaltungsverfahren, die einen wesentlichen Einfluss auf die wirtschaftliche Lage des Emittenten und die Vermögensanlage haben könnten, existieren“, evident unzutreffend.

b) Ersichtlich fehlerhaft ist der Prospekt auch hinsichtlich der in ihm prognostizierten Erfolgsaussichten des wirtschaftlichen Vorhabens der Fondsgesellschaft, nämlich der Exploration des betroffenen Gebietes und der dort vermuteten Öl- und Gasfelder (Feststellungsziel zu 1.4).

Im Prospekt findet sich die Angabe, dass „in unmittelbarer Nähe… bereits zwei Bohrungen weitgehend durchgeführt“ worden seien und „das Vorhandensein sehr großer Gasmengen bestätigt“ hätten. Dort befänden sich „auch enorme Erdölreserven“ (jeweils S. 14 des Prospekts). Der Musterkläger macht geltend, diese Angabe sei bestenfalls ins Blaue hinein erfolgt, aus Fachveröffentlichungen ergebe sich das Gegenteil.

Dass die Exploration, die Gegenstand der prospektierten Vermögensanlage sein sollte, derartig angepriesene Vorkommen bestätigen werde, ist zwar eine Prognose, für deren tatsächlichen Eintritt grundsätzlich nicht gehaftet wird. Im Prospekt enthaltene Prognosen und Werturteile müssen aber, ungeachtet ihres reklamehaften Charakters, durch eine hinreichende, sorgfältig ermittelte Tatsachenbasis gestützt und aus damaliger Sicht vertretbar sein (vgl. BGH, Urt. v. 27. Oktober 2009, XI ZR 337/08; Habersack, Handbuch der Kapitalmarktinformation, 2. Aufl., Rn. 16 m. w. N.).

aa) Im Streitfall ist nicht im Ansatz ersichtlich, ob (was der Musterkläger angesichts naturgemäß fehlender eigener Erkenntnisquellen unter Hinweis auf gegenteilige Indizien aus der Fachliteratur substantiiert in Abrede nimmt) überhaupt eine Tatsachenbasis sorgfältig ermittelt worden ist und ob diese die wertende Schlussfolgerung auf das Vorhandensein „sehr großer Gasmengen“ und „enormer Erdölreserven“ als vertretbar zulässt.

Die insoweit sekundär darlegungsbelasteten Musterbeklagten machen geltend, die Prospektverfasser hätten von einem entsprechenden Explorationserfolg ausgehen können, weil die Cornucopia Oil & Gas LLC zuvor ein Gutachten von Netherland, Sewell & Associates vom 24. September 2012 (sog. „Netherland-Gutachten“) ausgehändigt bekommen habe. Diese Argumentation lässt schon deswegen keine Überprüfung darauf zu, ob die Prospektverantwortlichen eine Tatsachenbasis sorgfältig ermittelt haben und ihre Prognose deshalb vertretbar war, weil nicht einmal mitgeteilt wird, wann die Cornucopia Oil & Gas LLC welche Erkenntnisse an die Verfasser des Prospekts weitergeleitet haben soll. Auch in dem (nicht nachgelassenen, einen entsprechenden Antrag haben die Musterbeklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat auch nicht gestellt) Schriftsatz der Musterbeklagten vom 14. November 2019 wird nicht mitgeteilt, wann das „Netherland-Gutachten“ welcher für die Prospekterstellung verantwortlichen Person ausgehändigt worden sein soll.

Darüber hinaus haben die Beklagten das fragliche „Netherland-Gutachten“ (trotz entsprechender Rüge des Musterklägers schon in der Musterklagbegründung, dort S. 39, Bd. II, Bl. 283 d. A.) nicht vorgelegt und erläutert, so dass eine Überprüfung, ob sich aus diesem die wertenden Einschätzungen des Prospekts betreffend das von der Fondsgesellschaft zu explorierende Gebiet mit einer für eine sorgfältige Tatsachenermittlung genügenden Wahrscheinlichkeit treffen lassen, nicht möglich ist. Auch ist nicht nachzuvollziehen, warum im Prospekt (S. 109, dort oben links) angegeben ist, dass gerade keine Bewertungsgutachten für die Anlageobjekte existieren. Mit der von den Musterbeklagten vertretenen Auffassung, die oben wiedergegebene Anpreisung im Prospekt lasse sich – zumal im Sinne einer sorgfältig ermittelten Tatsachenbasis – auf das „Netherland-Gutachten“ stützen, ist diese Formulierung nicht im Ansatz zu vereinbaren. Vielmehr hätte das „Netherland-Gutachten“, wäre es, wie die Musterbeklagten nun geltend machen, als ein die konkreten Förderaussichten der Fondsgesellschaft bewertendes Gutachten anzusehen, im Prospekt offengelegt werden müssen (vgl. § 9 Abs. 2 Nr. 7 VermVerkProspV).

bb) Die von den Musterbeklagten herangezogene Anlage MB 6 (Bd. IV, Bl. 670 d. A.) ist ebenfalls offenkundig unzureichend, um die sorgfältige Ermittlung der Aussichten auf „sehr große Gasmengen“ und „enorme Erdölreserven“ belegen zu können. Dabei handelt es sich ersichtlich um den Ausdruck einer Werbepräsentation der „Deutsche Oel und Gas AG“, nicht aber um eine unabhängige, die Richtigkeit der Anpreisungen des Prospektes in technischer Hinsicht nachvollziehbar und konkret belegende Expertise.

cc) Auf von den Musterbeklagten behauptete (ebenfalls nicht vorgelegte) bestätigende weitere Gutachten nach der Prospekterstellung kommt es schon nicht an, weil es allein auf die Frage ankommt, ob zum Zeitpunkt der Prospektherausgabe die enthaltenen Prognosen auf eine sorgfältig ermittelte Tatsachenbasis gestützt waren. Unerheblich ist daher auch der (von den Musterbeklagten mit ihrem Schriftsatz vom 7. Oktober 2019, Bd. V, Bl. 882 f. d. A., angebotene) Zeugenbeweisantritt zu der – ohnehin allenfalls einer sachverständigen Bewertung zugänglichen – Frage des tatsächlichen späteren Eintreffens der im Prospekt gemachten Erfolgsprognosen.

dd) Ebenso wenig stellen die allgemeinen Risikohinweise im Prospekt, auf die sich die Musterbeklagten beziehen, gleichsam einen Freibrief für werbende Anpreisungen ohne (hier jedenfalls mangels belastbaren Vortrags der Musterbeklagten nicht ersichtliche) Grundlage dar.

ee) Auch die Fehlerhaftigkeit des Prospekts im Hinblick auf eine nicht durch eine sorgfältig ermittelte Tatsachenbasis gestützte Erfolgsprognose hinsichtlich des wirtschaftlichen Ziels der Fondsgesellschaft ist, wie keiner weitergehenden Erörterung bedarf, für die Anlageentscheidung naturgemäß (zentral) erheblich.

c) Darüber hinaus klärt der Prospekt nicht in zureichender Weise über die teilweise Rückzahlbarkeit für das Vorhaben der Fondsgesellschaft prospektgemäß in Anspruch zu nehmender staatlicher Förderung (im US-Bundesstaat Alaska) auf, sondern ist geeignet, insoweit Fehlvorstellungen der Anlieger zu wecken (Feststellungsziel zu 1.3).

Auf S. 5 des Prospekts findet sich die Angabe, dass Bohr-und Explorationskosten zum Teil mit bis zu 100 % subventioniert werden. Auch auf S. 14 des Prospekts finden sich Angaben über die staatliche Subventionierung.

Der Musterkläger hat (sh. S. 13 f. der Musterklagschrift vom18. Juli 2019, Bd. II, Bl. 646 f. d. A.) unter Benennung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmung in Alaska aufgezeigt, dass unter bestimmten Umständen, nämlich bei einem Erfolg der Erkundungsbohrung, die zu einer nachhaltigen Produktion von Öl und Gas führt, die im Prospekt dargestellte 100 %-ige Subventionierung hälftig zurückzuzahlen ist. Das nehmen die Musterbeklagten im Grundsatz nicht in Abrede, sondern wenden ein, dass sich diese Rückzahlungsverpflichtung allein auf die 100 %-ige „Sondersubvention“ beziehe (S. 16 der Musterklageerwiderung, Bd. IV, Bl. 649 d. A.).

Jedenfalls enthält der Prospekt auf eine Rückzahlbarkeit dieser in ihm erwähnten „Sondersubvention“ keinen Hinweis. Das aber wäre nötig gewesen, denn der Begriff einer Subvention lässt als solcher für den Leser und durchschnittlichen Anleger keinen Anhalt auf eine mögliche Rückzahlbarkeit zu. Ungeachtet dessen, dass, wie die Musterbeklagten geltend machen, bei der Durchführung des Vorhabens der Fondsgesellschaft eine solche Rückzahlungsverpflichtung nicht entstanden sein soll (was nach dem oben Gesagten darauf schließen lässt, dass die Erkundungsbohrungen nicht erfolgreich gewesen sein dürften), wäre jedenfalls das Rückzahlungsrisiko zu erwähnen gewesen, weil im Prospekt gerade von einem Erfolg der Exploration ausgegangen wird.

Auch dieser Prospektfehler ist als für die Anlageentscheidung erheblich anzusehen, denn die „außergewöhnliche“ Subventionierungspraxis des Bundesstaats Alaska („mit bis zu 100 %“) wird im Prospekt bereits zu Beginn des Vorworts herausgehoben, mithin ersichtlich als ein zentrales Investitionsargument angesehen. Die im Schriftsatz vom 14. November 2019 vertretene Auffassung der Musterbeklagten, auf „diese werbliche Angabe im Vorwort“ komme es angesichts weiterer Angaben im Prospekt zu einer „durchschnittlichen Förderquote von 65 %“ nicht an, ist nicht zu teilen. Im Gegenteil wäre gerade angesichts dieser widersprüchlichen und aus dem Prospekt nicht aufklärbaren Angaben im Streitfall eine Klarstellung geboten.

2. Für die oben unter Nr. III 1 festgestellten Prospektfehler haften die Musterbeklagten nach bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung (Prospekthaftung im weiteren Sinne als Anwendungsfall der Haftung für Verschulden bei Vertragsschluss, §§ 280 Abse. 1 und 3, 282, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 BGB). Danach haften die Musterbeklagten – als Gründungsgesellschafter und damit Vertragspartner – dem Anleger/Musterkläger (vgl. BGH, Urt. v. 23. April 2012, II ZR 211/09, Rn. 23). Die Musterbeklagte zu 1 ist Gründungskommanditistin der Fondsgesellschaft, ebenso wie die Energy Capital Invest Oil & Gas Alaska GbR, deren (jeweils persönlich haftende) Gesellschafter wiederum die Musterbeklagten zu 2 und 3 sind.

Ob die Musterbeklagten daneben aus § 20 VermAnlG haften (was dem Senat angesichts des nicht zureichend konkreten Vortrags des Musterklägers zu Prospektveranlassung oder -verantwortlichkeit durch die Musterbeklagten zweifelhaft erscheint) kann nach dem oben eingangs unter Nr. III Ausgeführten dahinstehen.

IV.

Eine Kostenentscheidung war gemäß § 16 Abs. 2 KapMuG nicht zu treffen.

Dr. Wiegand-Schneider Dr. Hoffmann Dentzien

 

Rechtsbehelfsbelehrung:

Diese Entscheidung kann mit der Rechtsbeschwerde angefochten werden. Sie ist innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe, einzulegen. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung.

Beschwerdeberechtigt sind alle Beteiligten des Musterverfahrens (§§ 20 Abs. 1 Satz 4, 9 Abs. 1 KapMuG). Die Rechtsbeschwerde wird durch Einreichung einer Rechtsbeschwerdeschrift eingelegt. Die Rechtsbeschwerde kann nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden.

Die Rechtsbeschwerde ist innerhalb derselben Frist zu begründen.

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