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Verbraucherschützer warnen vor zunehmenden Haustürgeschäften in Mitteldeutschland

Morgengry (CC0), Pixabay

In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt beobachten die Verbraucherzentralen derzeit einen klaren Trend: Sogenannte Haustürgeschäfte sind wieder auf dem Vormarsch. Immer häufiger melden sich Verbraucher, die von aufdringlichen Außendienstmitarbeitern an der eigenen Wohnungstür überrascht und zu schnellen Vertragsabschlüssen gedrängt wurden – häufig unter erheblichem psychologischem Druck.

„Wir sehen eine deutliche Zunahme solcher Fälle in Mitteldeutschland“, warnt Ralf Reicherts von der Verbraucherzentrale Thüringen. Vor allem ältere Menschen, Alleinlebende oder auch junge Haushalte seien betroffen. Die Masche sei meist dieselbe: Die Vertreter erscheinen unangekündigt, geben sich als Energieberater, Handwerker oder Dienstleister aus – und versuchen, durch Überrumpelung und geschickte Gesprächsführung einen Vertragsabschluss zu erzwingen.

„Viele Verbraucher berichten, dass sie sich nach wenigen Minuten unter Druck gesetzt fühlten – etwa durch Aussagen wie ‚dieses Angebot gilt nur heute‘ oder ‚wir haben einen Auftrag von Ihrer Hausverwaltung‘“, erklärt Reicherts. Besonders perfide sei, dass sich manche Vertreter als offizielle Partner von Versorgern, Kommunen oder bekannten Firmen ausgeben – was in vielen Fällen nicht der Wahrheit entspricht.

Sein klarer Rat: „Lassen Sie Vertreter grundsätzlich nicht in Ihre Wohnung. Wer vor der Tür steht, hat kein automatisches Recht auf Zutritt oder ein Gespräch.“

Auch in Sachsen-Anhalt häufen sich die Beschwerden. Laut Diane Rocke von der dortigen Verbraucherzentrale erhalten die Berater regelmäßig Anrufe und E-Mails von Betroffenen, die sich im Nachhinein fragen, wie sie sich so leicht zu einem Vertrag überreden lassen konnten. „Viele fühlen sich im Nachhinein überrumpelt, besonders wenn plötzlich eine Vertragsbestätigung oder Rechnung ins Haus flattert.“

Sie betont: „Wer doch unterschrieben hat, kann den Vertrag in der Regel innerhalb von 14 Tagen widerrufen. Dieses Widerrufsrecht ist gesetzlich verankert und gilt insbesondere bei Haustürgeschäften.“ Wichtig sei jedoch, dass der Widerruf rechtzeitig – am besten schriftlich – erfolgt und idealerweise per Einschreiben oder E-Mail mit Lesebestätigung versendet wird. Wer unsicher sei, könne sich bei der nächstgelegenen Verbraucherzentrale rechtlich beraten lassen.

Gesetzlich geschützt – aber auf eigene Vorsicht angewiesen

Tatsächlich sieht das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) für Haustürgeschäfte klare Schutzvorschriften vor. Sie gelten, wenn Verträge außerhalb von Geschäftsräumen abgeschlossen werden – etwa an der Haustür, am Arbeitsplatz oder auf der Straße. Die betroffene Person muss in Textform über ihr Widerrufsrecht informiert werden. Erfolgt diese Belehrung nicht ordnungsgemäß, verlängert sich die Widerrufsfrist automatisch – im Extremfall sogar um bis zu zwölf Monate.

Doch viele Betroffene wissen davon nichts – oder handeln zu spät. Einige Anbieter lassen sich bewusst viel Zeit mit der Vertragszusendung, sodass die Verbraucher im Unklaren sind, wann die Frist überhaupt beginnt. Andere verstecken die Widerrufsbelehrung im Kleingedruckten.

Was Verbraucher tun können

Die Verbraucherzentralen raten, sich an der Wohnungstür nicht unter Druck setzen zu lassen. Folgende Tipps helfen:

  • Keine Unterschrift unter Zeitdruck – nehmen Sie sich Bedenkzeit.

  • Keine persönlichen Daten preisgeben, wenn Sie das Unternehmen nicht kennen.

  • Vertreter nicht in die Wohnung lassen – das ist Ihr gutes Recht.

  • Ausweis oder Berechtigung zeigen lassen – jeder echte Berater muss sich ausweisen können.

  • Im Zweifel: Gespräch freundlich beenden und Tür schließen.

Und falls doch etwas unterschrieben wurde: Schnell handeln und Widerrufsfrist nutzen. Wer Unterstützung braucht, kann sich jederzeit an die örtliche Verbraucherzentrale wenden.

Fazit

Haustürgeschäfte sind zwar rechtlich geregelt, bleiben aber ein beliebtes Feld für unseriöse Anbieter und psychologische Tricks. Der beste Schutz ist Aufklärung, klare Grenzen – und im Zweifelsfall: Nein sagen. Denn niemand ist verpflichtet, an der eigenen Tür einen Vertrag zu unterschreiben.

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