Start Verbraucherschutz Gesammelte Ungereimtheiten zu „Aurimentum“ der R&R Consulting GmbH

Gesammelte Ungereimtheiten zu „Aurimentum“ der R&R Consulting GmbH

4646
PublicDomainPictures / Pixabay

Viele Anbieter werben mit der Sicherheit von Edelmetallen, allen voran Gold. Dass sich ein Goldinvestment für Privatanleger aber eignet, ist seit langem umstritten. Im Juli 2018 schrieb „Die Welt“ hierzu, dass Gold als sichere Geldanlage nichts als eine große Illusion sei (https://www.welt.de/wirtschaft/bilanz/article179688608/Investments-Gold-als-sichere-Geldanlage-ist-nichts-als-eine-grosse-Illusion.html).

Auch die R&R Consulting GmbH mit ihrer Marke „Aurimentum“ wirbt damit, dass Gold gut für Ihr Vermögen sei, seit dem 29.05.2020 sogar mit einer Youtube-Marketingoffensive (AURIMENTUM TV).

I. Die offensive Kundenwerbung halten wir aufgrund der Vielzahl sich aufzeigender Widersprüche durchaus für beleuchtenswert, zumal das Unternehmen zum Zeitpunkt des zuletzt öffentlich gemachten Jahresabschlusses bilanziell überschuldet war (2015: 266.181,71 € nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrag).

Wie die aktuellen wirtschaftlichen Zahlen aussehen, scheint ein Mysterium zu sein. Uns gegenüber hat das Unternehmen beziehungsweise die zuständige Hamburger Rechtsanwaltskanzlei seit längerem versprochen, dass die fehlenden Jahresabschlüsse zeitnah veröffentlicht werden. Geschehen ist schlichtweg nichts! (Sie können unsere diesbezüglichen Berichte und die Reaktionen hier nachlesen)

II. „Vor einigen Jahren haben die erfahrenen Kaufleute und Vertriebsexperten Reinhard Fuchs und Reinhard Scherm ihre geschäftlichen Aktivitäten zusammengeführt und die R&R Consulting GmbH, Alte Forstlahmer Str. 22, 95326 Kulmbach gegründet.“ So lautete die eigene Darstellung im Internet, wo es weiter heißt: „Unsere Mission ist es, Vermögensschutz zu betreiben und Vermögenssicherung durch die Investition in Gold für jedermann voranzubringen.“

III. Wer unsere Veröffentlichungen verfolgt hat, weiß, dass verbraucherschutz.forum.berlin mit den Geschäftsführern der R&R Consulting GmbH im Gespräch stand. Hintergrund war unter anderem ein Bericht zur Überschuldungssituation und den fehlenden aktuellen Bilanzen im öffentlichen Register. Als dann der PIM Gold-Skandal publik wurde, haben sich unsere Recherchen zu dem Unternehmen verstärkt, denn ein schwarzes Schaf sorgt für einen kritischeren Blick auf die gesamte Branche.

Positiv anmerken wollen wir hier, dass sich die Geschäftsführer Reinhard Fuchs und Reinhard Scherm im letzten Jahr unseren Fragen in angenehmen Gesprächen stellten. Wir erhielten den Eindruck, dass sich die beiden Geschäftsführer wirklich offen und ehrlich mit der Sache auseinandersetzten. Je kritischer unsere Fragen aber wurden, umso verschlossener reagierten sie darauf.

IV. Immer stärker verlagerte sich dadurch Korrespondenz auf die genannte Anwalskanzlei und gipfelte in einer gerichtlichen Auseinandersetzung. Es sieht momentan so aus, als ob R&R wohl in der ersten Instanz, nach der Beurteilung der zuständigen Kammer, gewinnen wird. Aus unserer Sicht wäre dies aber ein bloßer Pyrrhussieg, denn die Anleger werden hiervon sicher nicht profitieren und transparenter wird das Unternehmen dadurch auch nicht.

In dem Zusammenhang haben wir uns detailliert mit dem Geschäftsmodell von „Aurimentum“ auseinandergesetzt. Auch wenn konkrete Äußerungen kritisiert wurden, so hat die R&R Consulting GmbH die von uns aufgedeckten Ungereimtheiten erstaunlicherweise nicht im Einzelnen bestritten. Tatsachen, die nicht ausdrücklich bestritten werden, sind als zugestanden anzusehen, wie eine Regelung aus der deutschen Zivilprozessordnung lautet.

V. Was macht also „Aurimentum“ bzw. die R&R Consulting GmbH, was andere nicht können?

Auf der Webseite wird neben einem „Goldsparplan“ (Ratenkaufmodell) auch für einen „Goldkauf mit Treuebonus“ geworben. Was darunter zu verstehen sein soll, erklärt das Unternehmen in den eigenen Vertragsunterlagen folgendermaßen:

1. Der Kunde kauft Gold bei der R&R Consulting GmbH (Punkt 2.1 der Bedingungen). Zum regulären Goldkaufpreis wird ein Aufschlag von 30% addiert (das Gold ist also mindestens 30% teurer als der referenzierte Fixpreis der London Bullet Market Association).

2. Der Kaufpreis (ab 5.000 €) ist fällig, das Gold wird binnen 10 Tagen übergeben (1. Lieferung).

3. Der Kunde erwirbt zudem ein Recht auf einen Treuebonus von 8% der zu liefernden Goldmenge im 24. Monat in Gold (2. Lieferung). Der Treuebonus entsteht aber nur, wenn der Kunde das gekaufte Gold 24 Monate im Eigentum behält.

4. Der Mantelverkauf erfolgt hierbei aber nicht nur gemäß dem Zeichnungsschein und den Vertragsbedingungen. Dem Kunden wird stattdessen bereits im Kundenverkaufsgespräch versichert, dass er nach zwei Jahren sowohl die „Anlagesumme“ als auch einen „garantierten Treubonus“ erhält.

Hierbei wird dem Kunden schriftlich zugesagt, dass das Widerrufsrecht für Haustürgeschäfte nach § 356 BGB erst vier Wochen nach der zweiten Goldlieferung des Treuegoldes erlischt. Auf Basis dieser Regelung hätte der Kunde das Recht, auch noch nach zwei Jahren die Rückabwicklung des Kaufvertrags zu fordern.

Gegensätzlich hierzu heißt es in den Risikohinweisen unter Ziffer 10, dass „dem Kunden kein Widerrufsrecht zusteht ihm aber eine Rückgaberecht eingeräumt wird“? Im Vertrieb wird das Ganze dann als „echtes Rückkaufangebot“ bezeichnet. Der Kunde erhalte ein konkretes Rückkaufangebot des erworbenen Goldes zuzüglich der Einrichtungsgebühr.

VI. Wie kann „Aurimentum“ nun aber den Treuebonus erwirtschaften? Wie können überhaupt Erträge generiert werden, welche nicht auf dem Differenzwert der 22% bzw. einer hypothetischen Goldpreissteigerung basieren?

Die anwaltlichen Vertreter meinen, dass sich das Geschäftsmodell durch die Handelserträge trägt, welche man mit dem Gold erwirtschafte. Unklar bleibt allerdings, welches Gold die Handelserträge abwerfen kann? Das, was bei den Kunden liegt? Denn im selben Atemzug wird ausgeführt, dass „Aurimentum“ selbst kein Gold der Kunden einlagert und man zusätzlich noch erhebliche Vertriebs- und sonstige Kosten zu zahlen hat.

Selbst wenn man annehmen würde, dass „Aurimentum“ zum Zeitpunkt des Kaufes durch den Kunden einen 8% höheren Kaufpreis im Wege eines Deckungsgeschäftes erwirbt (z.B. 5.000 € plus 400 €) und dies separat als Treuereserve für den Kunden anlegt, unterliegt das Gold doch dem Schwankungs- bzw. Volatitätsrisiko?

VII. Was ist der Sinn für eine solche schuldrechtlich abstruse Regelung?

1. Wir können bis zum heutigen Tag auch nicht verstehen, weshalb man den Treuebonus nur erhält, wenn man das Gold im eigenen Eigentum hält? Das wäre, als wenn man sich ein neues Auto kauft und der Händler sagt, wenn Du es 24 Monate behältst, bezahle ich Dir die neuen Winterreifen.

2. Die einzig valide Begründung hierfür bietet uns der Vertrieb der „Aurimentum“ bzw. jene selbst. Im Jahr 2015 führte der damalige Aufsichtsratsvorsitzende Dr. oec hc. Horst Steppi aufgrund des BWF Skandals zu dem damalig verwendeten Produkt plakativ aus: „Gold dass Zinsen ermöglicht“.

Dies trifft des Inhalts Kern. Der Vertrieb äußert öffentlich, man habe überhaupt keine Gold-, sondern eine reine Geldanlage. Das gelieferte Gold diene als bloße Sicherheit für die eigentliche Festgeldanlage. Ein Nutzer beschrieb dies in einem Kommentar folgendermaßen:

„Nirgendwo wird erwähnt, dass es sich bei der Anlageform von AURIMENTUM nicht um eine Investition in Gold, sondern um eine mit Gold abgesicherte Anlage (von der Bafin geprüft und zugelassen) auf eine Dauer von nur 2 Jahren mit steuerfreien 8,00% Treuebonus handelt, bei der der Kunde gleich zu Beginn des Vertrages 80% seiner Anlagesumme in LBMA – zertifizierten 999.9/1000er Goldbarren als Pfand/Sicherheit nach Hause geliefert bekommt (dadurch unterscheidet sich die Anlage von Aurimentum ganz entschieden von der Anlage der Firma mit den bekannten 3 Buchstaben). Das bedeutet, dass selbst, wenn es die Firma „zerreissen“ würde, der Kunde mindestens 80% seiner Investition sicher hat (wo bekommen Sie so etwas sonst noch; woanders haben Sie meist nur einen Fetzen Papier (Zertifikat, Sparbrief, Urkunde, etc.) in der Hand, das Sie sich im schlimmsten Fall, zusammen mit einem Schreiben des Konkursverwalters, in der Toilette an die Wand hängen können).“

Die Aussagen des Kommentators decken sich aber nicht mit den Aussagen der „Aurimentum“ selber. Insofern heißt zu den im Gerichtsverfahren unstrittigen Aussagen auf der Anlegermesse 2019 DKM:

„Richtig ist vielmehr, dass unsere Mandantin ab Ende August 2018 ein neues Geschäftsmodell eingeführt hat und zwar den Goldkauf mit Treuebonus. Hier handelt es sich um reines Handelsgeschäft.“

In den gültigen AGB’s ist unter Punkt B Ziffer 2 vermerkt: „Die R&R Consulting GmbH bedarf keiner Zulassung oder Erlaubnis für ihren Geschäftsbetrieb, so dass es keine Behörde gibt, die für die Aufsicht über die R&R Consulting GmbH zuständig ist.“ – Dieser Passus wurde von der BaFin nicht beanstandet.

3. Festhalten können wir zumindest, dass die R&R Consulting GmbH über den „kreativen Umweg“ des zeitlich unbeschränkten Widerrufsrechts bzw. der „Rückkaufangebote“ ihre derzeitige Geschäftspraxis legitimiert.

Auf dem Werbestand der Finanzdienstleistermesse DKM (22.-24.10.2019) wurde vom Vertrieb zudem erzählt,

„dass dem Kunden nicht bereits bei Vertragsabschluss der Kauf angeboten wird. Dies geschehe es zu einem späteren Zeitpunkt und sei offiziell nicht garantiert, würde jedoch regelmäßig ganz sicher gemacht. Und damit würde man nicht gegen das Einlageverbot verstoßen, was von der BaFin sogar so abgesegnet worden sei.“

VII. Nun wir sind keine Juristen und auch keine Aufsichtsbehörde; wir kennen aber gleichwohl das BaFin-Merkblatt zum Einlagengeschäft (https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Merkblatt/mb_140311_tatbestand_einlagengeschaeft.html?nn=9450978#doc7851608bodyText5).

In der Ziffer 4 heißt es hierzu:

„Rückzahlbar sind Gelder, wenn ein zivilrechtlicher Anspruch auf ihre Rückzahlung besteht oder bei dem Geldgeber jedenfalls der Anschein eines solchen Anspruchs erweckt wird. Auch betagte Ansprüche oder Gelder, die erst durch eine Kündigung des Anspruchsberechtigten fällig gestellt werden, sind rückzahlbar. Der Rückzahlungsanspruch muss, wie typischerweise bei einem Darlehen, bereits bei Annahme der Gelder vereinbart werden („die Annahme rückzahlbarer Gelder“).

Dabei kommt es für die bankaufsichtsrechtliche Einordnung der Gelder als „rückzahlbar“ nicht auf bestimmte zivilrechtliche Vertragsgestaltungen oder die zivilrechtliche Zuordnung des zugrundeliegenden Geschäfts zu einem bestimmten Vertragstypus, etwa einem Darlehensvertrag nach § 488 Abs. 1 BGB, an. Maßgebend ist vielmehr der tatsächliche Gehalt der Geldüberlassung. Kommt es beispielsweise bei als „Kaufvertrag“ bezeichneten Verträgen dem „Käufer“ nicht auf die überlassene „Kaufsache“, sondern auf den durch deren Verwertung zu erzielenden Erlös an, der vom „Käufer“ einbehalten und zu einem späteren Zeitpunkt als „Kaufpreis“ an den „Verkäufer“ ausgezahlt werden soll, kann es sich nach dem tatsächlichen Gehalt der vertraglichen Vereinbarungen hierbei ebenfalls um rückzahlbare Gelder im Sinne des Tatbestandes handeln.“

Es ist eine ziemlich heikle Gratwanderungen, die die R&R Consulting GmbH da beschreitet, zumal die BaFin in einer gesonderten Veröffentlichung (https://www.bafin.de/SharedDocs/Veroeffentlichungen/DE/Fachartikel/2015/fa_bj_1505_erlaubnispflicht.html) konkretisiert ausführt:

„So ist beispielsweise der Abschluss von Verträgen über den Erwerb und die Lagerung von physischem Gold grundsätzlich erlaubnisfrei. Verpflichtet sich jedoch der Anbieter im Vertrag, das von den Anlegern erworbene Gold zu einem späteren Zeitpunkt zu einem garantierten Preis zurückzukaufen, der mindestens dem ursprünglich gezahlten Kaufpreis entspricht – gegebenenfalls mit dem Versprechen einer Rendite –, kann das Anlageangebot wegen des Rückkaufversprechens, je nach vertraglicher Ausgestaltung, als Einlagengeschäft im Sinne von § 1 Absatz 1 Satz 2 Nr. 1 KWG einzustufen sein.“

Nun bilden Sie sich Ihre Meinung. Das Vorstehende soll aber nicht heißen, dass die R&R Consulting GmbH nicht BaFin-konform agiert; auch hier gilt selbstverständlich die Vermutung der Unschuld und Rechstkonformität. Wenn Sie aber beabsichtigen, in „Aurimentum“ zu investieren, lassen Sie sich objektiv und unabhängig beraten und zumindest über die derzeitige wirtschaftliche Lage der Gesellschaft anhand von aktuellen Bilanzen aufklären.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein