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Reederei Rudolf Schepers – Landgericht Hamburg

462

Landgericht Hamburg

Az.: 316 O 147/18

Beschluss

In der Sache

Dr. Sebastian Holzinger, Am Berg 2, 85625 Glonn

– Kläger –

Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte Mattil & Kollegen, Thierschplatz 3, 80538 München, Gz.: 5694/17BM / BM

gegen

1) Schepers Schifffahrtsverwaltung GmbH & Co. KG, vertreten durch d. Reederei Rudolf Schepers Beteiligungs GmbH, Bad Zwischenahn, diese vertreten durch den Geschäftsführer, Hermann-Ehlers-Straße 5b, 26160 Bad Zwischenahn

– Beklagte –

2) Ernst Russ AG, vertreten durch d. Vorstand, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

– Beklagte –

3) Reederei Rudolf Schepers GmbH & Co.KG, vertreten durch d. Schepers Geschäftsführung GmbH, Bad Zwischenahn, diese vertreten durch den Geschäftsführer, Hermann-Ehlers-Straße 5b, 26160 Bad Zwischenahn

– Beklagte –

Prozessbevollmächtigte zu 1 und 3:
Rechtsanwälte Hansa Partner, Kehrwieder 11, 20457 Hamburg, Gz.: 00038-18/CCH/Ki

Prozessbevollmächtigte zu 2:
Rechtsanwälte nbs partners, Valentinskamp 70, 20355 Hamburg, Gz.: 000488-18

beschließt das Landgericht Hamburg – Zivilkammer 16 – durch die Vorsitzende Richterin am Landgericht Wandel als Einzelrichterin am 05.10.2018:

Es wird gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG folgender Musterverfahrensantrag bekannt gemacht:

A. Beklagte (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 KapMuG):

1) Schepers Schifffahrtsverwaltung GmbH & Co. KG, vertreten durch d. Reederei Rudolf Schepers Beteiligungs GmbH, Bad Zwischenahn, diese vertreten durch den Geschäftsführer, Hermann-Ehlers-Straße 5b, 26160 Bad Zwischenahn

2) Ernst Russ AG, vertreten durch d. Vorstand, Elbchaussee 370, 22609 Hamburg

3) Reederei Rudolf Schepers GmbH & Co.KG, vertreten durch d. Schepers Geschäftsführung GmbH, Bad Zwischenahn, diese vertreten durch den Geschäftsführer, Hermann-Ehlers-Straße 5b, 26160 Bad Zwischenahn

B. Von dem Musterverfahren betroffener Anbieter sonstiger Vermögensanlagen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 KapMuG):

MS „Elisabeth-S.“ GmbH & Co. KG

C. Prozessgericht (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 KapMuG):

Landgericht Hamburg

D. Aktenzeichen des Prozessgerichts (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 KapMuG):

316 O 147/18

E. Feststellungsziele des Musterverfahrensantrags (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 KapMuG):

I. Es wird festgestellt, dass der am 13.08.2008 von der HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbH, aufgrund einer formwechselnden Umwandlung seit 2012 firmierend als HCI Hanseatische Capitalberatungsgesellschaft mbh & Co. KG, Hamburg, aufgestellte und am 20.09.2008 veröffentlichte Verkaufsprospekt für den Erwerb einer Beteiligung an der MS „Elisabeth-S.“ GmbH & Co. KG in wesentlichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend ist, da in dem Verkaufsprospekt

1. der durch Poolvertrag vom 22.07.2007 gebildete 4.200-TEU-Pool der Peter Döhle Schiffahrts-KG, in welchem das Fondsschiff MS „Elisabeth-S.“ nach Ablieferung im Jahre 2009 eingesetzt wurde, ein für die Anlageentscheidung wesentlicher Umstand darstellt und die in Bezug auf die Einpoolung des Fondsschiffes und den Poolvertrag enthaltenen Prospektangaben für eine ordnungsgemäße Aufklärung unzureichend sind;

2. nicht bzw. nicht ausreichend über die tatsächliche Höhe der Einnahmen der MS „Elisabeth-S.“ aus dem Einnnahmepool aufgeklärt wird, indem im Prospekt

a) nicht dargestellt wird, wie und aus welchen konkreten Faktoren sich die Einnahmen der Poolschiffe im Allgemeinen und der MS „Elisabeth-S.“ im Besonderen berechnen und wie diese ermittelt werden;

b) nicht die relevanten Poolfaktoren, wie die Zusammensetzung des Pools, Aufnahmebedingungen für weitere Poolmitglieder, Fahrtgebiete der einzelnen Poolschiffe und die Beteiligungsschlüssel nicht bzw. nicht ausreichend dargestellt werden;

c) nicht die historischen Pooleinnahmen dargestellt werden, obwohl der 4.200-TEU Pool der Peter Döhle Schiffahrts-KG, in welchem das Fondsschiff beschäftigt werden sollte, bereits bei Prospekterstellung existierte und die Daten vorlagen,

d) nicht über die erheblichen Einschränkungen der unternehmerischen Chancen durch die Poolmitgliedschaft aufgeklärt wird;

3. nicht über das laut Prospekt relevante Marktumfeld und dessen Entwicklung aufgeklärt wird, indem im Prospekt,

a) die veröffentlichten Daten zum Verhältnis von Angebot (Transportvolumen) und Nachfrage (Flottenwachstum) derart selektiv wiedergegeben wurden, dass die Daten ohne verwertbaren Inhalt für das Angebot-Nachfrage-Verhältnis sind, obwohl die Daten, die eine Aussage zu den jeweiligen, ausschnittsweise dargestellten Segmenten ermöglicht hätten, und so ein positiveres, aber falsches Bild von der Kapitalanlage vermittelt wird;

b) nicht auf das bevorstehende Überangebot an Transportkapazität und damit auf eine negative Marktentwicklung hingewiesen wird, obwohl hierfür bei Prospekterstellung bereits deutliche Hinweise vorlagen;

4. Risiken verschwiegen oder unzureichend dargestellt werden, indem im Prospekt

a) die kapitalmäßigen und/oder personellen Verflechtungen nicht ausreichend und bestehende Angaben lediglich im Prospekt verstreut unter der Rubrik „Vertragspartner“ durch zahlreiche Querverweise, welche einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht dienlich sind, dargestellt werden;

b) nicht darüber aufgeklärt wird, dass die Anbieterin und Prospektverantwortliche mit der Poolmanagerin vor Prospektveröffentlichung Gemeinschaftsunternehmen gegründet hatte und hierdurch Interessenkonflikte zu Lasten der Fondsgesellschaft entstehen können;

c) nicht über kartellrechtliche Risiken aufgeklärt wird, welche sich in Unternehmenszusammenschlüssen (Joint-Venture Unternehmen) der vormaligen HCI Capitalberatungsgesellschaft mbH und der Peter Döhle Schiffahrts-KG bei der HELLESPONT HAMMONIA GmbH & Co. KG bzw. deren Tochterunternehmen NAUTICA GmbH & Co. KG und NIKE GmbH & Co. KG und der HAMMONIA Reederei GmbH & Co. KG begründeten;

d) kein Risikohinweis auf die Gefahren für die wirtschaftliche Umsetzung des Fondsvorhabens im Zusammenhang mit der möglichen Ausübung von Schiffsgläubigerrechten erfolgt;

e) kein Risikohinweis auf die Gefahr einer Herausgabe und Offenlegung von Anlegerdaten erfolgt;

f) das Maximalrisiko der Beteiligung irreführend und verharmlosend dargestellt wird;

g) unzureichend auf die eingeschränkte Fungibilität der Kommanditanteile hingewiesen wird;

h) kein Risikohinweis über die Folgen einer möglichen Insolvenz des persönlich haftenden Gesellschafters erfolgt;

I) unzureichend über den besonders und ungewöhnlich hohen Weichkostenanteil informiert wird;

j) kein Risikohinweis über die Haftungsrisiken gem. §§ 30, 31 GmbHG erfolgt;

5. irreführende Angaben enthält, indem der Prospekt

a) den Eindruck erweckt, es handele sich bei dem im Prospekt verwendeten Begriff „Ausschüttungen“ tatsächlich um Auszahlungen, die auf Gewinnen basieren, es sich jedoch vielmehr um Entnahmen von den jeweiligen Kapitalkonten handelt, welche konzeptionsgemäß die Kommanditistenhaftung wiederaufleben lassen;

b) den Eindruck erweckt, dass ein Gutachter das Fondsschiff vor Übergabe gesichtet und begutachtet habe und die prospektierten Angaben zum Gutachten tatsächlich auf voraussichtlichen Schiffsdaten basierten;

c) den Eindruck erweckt, dass die Platzierungsgarantie tatsächlich werthaltig sei;

6. die Darstellung der Kapitalanlage im Verkaufsprospekt nach einer Gesamtschau unvertretbar positiv erfolgt;

und daher über wesentliche Umstände nicht aufgeklärt wird und deshalb jeweils ein Prospektfehler vorliegt.

II. Es wird festgestellt, dass die Musterbeklagten zu 1) bis 3) im Hinblick auf den Erwerb der Fonsbeteiligungen im Hinblick auf die Treugeber der MS „Elisabeth-S.“ GmbH & Co. KG im Allgemeinen und der Klagepartei im Besonderen Haftungsschuldnerinnen nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne sind.

III. Es wird festgestellt, dass aus dem schlichten Ausbleiben von prospektierten und prognostizierten Ausschüttungen nicht auf eine Kenntnis oder eine grob fahrlässige Unkenntnis der Treugeber der MS „Elisabeth-S.“ GmbH & Co. KG im Allgemeinen und der Klagepartei im Besonderen von den unter Ziffer I genannten Prospektfehler geschlossen werden kann.

F. Lebenssachverhalt (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 6 KapMuG):

Die Klagepartei nimmt die Beklagen wegen der Verwendung eines fehlerhaften Prospekts und damit einhergehender Verletzungen vorvertraglicher Aufklärungspflichten nach den Grundsätzen der Prospekthaftung im weiteren Sinne in Anspruch. Die Klagepartei zeichnete am 27.9.2008 eine mittelbare Beteiligung an der MS „Elisabeth-S.“ GmbH & Co. KG zum Nominalwert von € 10.000,00 zzgl. 5 % Agio. Der Beitritt der Klagepartei wurde von der Treuhandgesellschaft angenommen. Grundlage für den klägerischen Beitritt war u.a. der Verkaufsprospekt, dessen Fehlerhaftigkeit die Klagepartei geltend macht. Die Beklagten sind Gründungsgesellschafter.

G. Eingang des Musterverfahrensantrags bei dem Prozessgericht (§ 3 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 KapMuG):

22.05.2018

Wandel
Vorsitzende Richterin am Landgericht

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