Start Allgemein Gefährliches Crowdinvesting für Kleinanleger?

Gefährliches Crowdinvesting für Kleinanleger?

427

Die Idee erscheint mit Charme und bezieht sich auf im Finanzmarkt seit Jahren geübte Praxis: Kleininvestments in Unternehmen oder Immobilien sind für jedermann intelligente Abweichungen von biederen Festgelder und Sparkonten. Der Weg über Smartphones funktioniert. Über eine Online-Plattform ohne Bankbürokratie und –gebühren werden Geldbeträge disponiert und nach digitaler Bestätigung mit für Verbraucher grauen Erläuterungen investiert. Die Rede ist vom Crowdinvesting – einem Begriff, der an Abenden in Bars seine Verwendung findet und vermeintlich den Erfolg erklärt.Hintergrund und Motivation sind die aktuell niedrigen Zinssätze aus den bezeichneten Anlagemöglichkeiten von Geldwerten. Da im Einzelfall relativ geringe Beträge aufgebracht werden müssen, sind Investoren ohne qualifizierte Erfahrung und zum Thema interessiert. Die Überlegungen werden durch Beteiligungsbeträge von ab Euro 100 erleichtert. Zündet das Vorhaben, bekommen diese Kleinanleger Zinsen oder werden am Gewinn beteiligt. Alle Informationen über die Anlagen werden im jeweils begleitenden Vermögensanlagen-Informationsblatt (VIB) aufgeführt. Neben der Beteiligungshöhe und den Perspektiven der maximalen Investitionen pro Investor sind die Hintergründe aufzuführen und zu belegen.

Nach Darstellungen von Verbraucherschutzministerien klären diese VIBs nicht in dem Umfang auf, in dem es laut Studien erforderlich wäre. Meist fehlen relevante Informationen zu Chancen und Risiken der Crowdinvesting-Produkte. Andererseits wird bei den Verbrauchern durch das VIB trotz des Informationsmangels die Illusion erzeugt, dass gute Informationen über das Produkt vorliegen. In einer Studie wurden etwa 400 Investments untersucht. Das Portal „Crowdinvest.de“ bezieht sich auf ein bisher vermitteltes Volumen von 442 Millionen Euro. Davon sollen 225 Millionen Euro in Immobilien oder Randbereiche investiert worden sein. „Vielen Kleinanlegern dürfte hierbei allerdings kaum klar sein, dass sie nur deswegen den Zugang zu diesen Immobilienprojekten erhalten, weil Banken und Projektentwickler nicht bereit waren, die damit verbundenen Risiken in ihre eigenen Bilanzen zu nehmen“ (Oehler, A.; Lehrstuhl für Finanzwirtschaft).

Diese Behauptung bleibt jedoch ohne Beleg. Es ist nicht zulässig Initiatoren von Geschäftsmodellen ohne Verdachtsmomente in ein graues Licht zu rücken oder zu beschuldigen. Die Unschuldsvermutung gilt, solange keine Beweise für ein nicht zulässiges Verhalten vorliegen. Gerade weil Banken Vorgaben erfüllen müssen, die häufig optimal gesicherte Darlehen ausschließen, müssen Wege gefunden werden, um Start-ups Mittel zu verschaffen, die sie sonst nicht bekommen würden. Es ist besser, wenn dies am offenen Markt erfolgt und Schwächen parallel erkennbar werden (vgl. Hauk, P. – Journalist).

Verbraucherschützer blicken auf Crowdinvesting mit Skepsis. Geldanlagen, über die der betroffene Verbraucher im Vorfeld wenig weiß, sind immer kritisch zu sehen. Kleinanleger haben nur die Informationen von Anbietern, die das Ziel verfolgen, die Geldanlage zu verkaufen, um einen Kapitalfluss zu erreichen (Nauhauser; N. Verbraucherschutzzentrale Baden-Württemberg). Am Markt findet keine Preisbildung statt. Es ist richtig, dass qualifizierte Finanzfachleute fordern, die Crowdinvesting-Plattformen künftig unter die Aufsicht der Finanzaufsicht BaFin zu stellen. In der Konsequenz dieser Erhebungen sollte nach Auffassung der Finanzfachleute über eine Prospektpflicht nachgedacht werden.

Wenn über eine Plattform per Nachrangdarlehen weniger als 2,5 Millionen Euro eingesammelt werden und die Beteiligung pro Anleger auf maximal 10 000 Euro festgeschrieben ist, muss bislang keinen Verkaufsprospekt erstellt werden. Banken oder Wagniskapitalgeber erhalten bei Investitionen in der Regel ein Mitspracherecht. Schwarmanleger haben diese Rechte nach Auskunft von Verbraucherschützern nicht. Das Standardinvestmentmodell sind nachrangige Darlehen. Andere Konzeptionen sind, Kunden bessere Beteiligungsmöglichkeiten aufzeigen. Gleichwohl erhalten Anleger im Insolvenzfall erst nach allen anderen Gläubigern ihr Geld – oder auch nicht. Das Verlustrisiko ist bei dieser Investitionsform deutlich höher. Darüber muss sich jeder Investor im Klaren sein.

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein