Start Allgemein Entwicklung des Ölpreises und Einfluss des Rohstoffes auf die Inflation

Entwicklung des Ölpreises und Einfluss des Rohstoffes auf die Inflation

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Die Kombination der beiden Begriffe „Öl“ und „Inflation“ mag nicht jedermann sofort einleuchtend sein und doch gehören sie eng zusammen. Jeder kennt den sogenannten „Warenkorb“, verschiedene zusammengewürfelte Produkte, die nach Ansicht der Statistiker jeder Normalbürger täglich braucht. Aus ihrer integralen Teuerung wird dann von Wirtschaftsexperten eine offizielle Inflationsrate konstruiert, die mit der von der normalen Hausfrau gefühlten Inflation so gar nichts zu tun hat. Sie kämpft mit dem ständigen Preisanstieg bei Brot, Fleisch und Gemüse, weiß nicht mehr, wie sie mit ihrem Gehalt im Hartz IV-Bereich die Familie satt kriegen soll, aber die intellektuellen Statistiker nehmen das Gemüse aus ihrem Warenkorb heraus und packen da stattdessen IPhones, Fernseher und Uhren hinein.

Öl gehört tatsächlich in unseren Warenkorb

Aber da gibt es dann doch ein Produkt in jenem virtuellen Warenkorb, das in der Tat jeder Mensch direkt oder indirekt täglich braucht: das Rohöl bzw. Benzin oder Heizöl. Ohne diesen Energieträger können wir nicht Auto fahren, mit der Bahn reisen oder fliegen, unsere Ölheizung würde kalt bleiben und viele auf Erdöl basierende Kunststoffe, Drogerieartikel und Verpackungen könnten wir auch nicht auf das Warenband an der Kasse legen. Es ist daher richtig und fair, dass die Statistiker sozusagen einige schmierige Fässer Rohöl mit in unseren Warenkorb legen. In der Konsequenz beeinflusst Öl den endgültigen Preis unseres gesamten Einkaufs nachhaltig. Steigt der Ölpreis, wird unser integraler Einkaufskorb teurer, das bedeutet, dass die Inflationsrate messbar ansteigt.

Heute haben wir kaum Inflation – wie kommt das?

Das stimmt, vor allem 2015, aber auch 2016 zeichneten sich durch eine kaum merkliche Inflation aus. Das klingt erst mal gut, es deutet quasi eine gesunde Kreislaufwirtschaft an. Wenn wir aber noch einmal auf die normale Hausfrau zurückkommen, dann ist diese ganz und gar nicht amüsiert über ständig steigende Preise bei Fleisch, Kartoffeln, Obst und Gemüse, mal ganz abgesehen von der letzten Mieterhöhung, für die sie sogar einen Kredit aufnehmen musste. Für sie haben wir heute Inflation ohne Ende. Da sie kein Auto hat, sich Flugreisen sowieso nicht leisten kann und Produkte der chemischen Industrie vermeidet, um ihre Kinder nicht zu gefährden, kann die gute Frau nicht verstehen, dass diese Nadelstreifendoktoren im Verein mit Journalisten und Wirtschaftsbossen immerzu etwas von Null-Inflation daherreden.

Ein Schlüssel zum Verständnis liegt im Ölchart

Betrachten wir einmal den zeitlichen Verlauf des Preises für qualitativ hochwertiges Rohöl der Marke Brent gemessen in US-Dollar pro Barrel (ein Barrel sind knapp 160 Liter) in den letzten sechs Jahren. Bis zum Sommer 2010 bewegte sich der Ölpreis mehr als ein Jahr lang innerhalb eines Kanals zwischen ca. 70 und 87 $. Bis Ende März 2011 erfolgte dann ein steiler Anstieg auf über 125 $. Da stöhnte die Auto fahrende Nation und beklagte auch offiziell eine viel zu hohe Inflationsrate. Nach dem Winter 2012 erhielten wir einen ersten Vorgeschmack auf sinkende Ölpreise, denn im Juni 2012 rutschte der Preis kurzfristig bis auf 88 $ ab (berührte also den vormaligen Trendkanal); das war ein Preisverfall von immerhin gut 30 % in deutlich weniger als 3 Monaten. Damals wusste noch niemand, dass dieser kurze Fingerzeig nach unten ein Hinweis war auf einen nachhaltigen Ölpreisverfall, der etwas später ins Rollen kommen sollte. Zwei Jahre lang hielt sich der Rohölpreis noch waagerecht ungefähr im Kanal zwischen 100 und 115 $. Und seit Sommer 2014 geht es richtig bergab. Als der Preis im Januar 2015 unter 50 $ rutschte, gab es so etwas wie den Versuch einer Erholung, die im Mai 2015 fast 69 $ erreichte, um dann wieder den Rückwärtsgang einzulegen. Ende September 2015 stand der Ölpreis wieder bei ca. 48 $ und auch derzeit, also etwa anderthalb Jahre später, liegt er mit 53 $ nur knapp darüber.

Der Vergleich mit den Inflationsraten

Die eindeutige Korrelation zwischen Ölpreis und offizieller Inflationsrate wird bereits evident, wenn man sich mal ganz grob die jährlichen Verbraucherpreisindizes für Deutschland, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt in Wiesbaden, ansieht. Hier sind die Zahlen (und in Klammern dahinter setzen wir einen ungefähren durchschnittlichen Ölpreis für das jeweilige Jahr):

  • 2009 – 0,3 % – (74 $ ?)
  • 2010 – 1,1 % – (80 $)
  • 2011 – 2,1 % – (112 $)
  • 2012 – 2,0 % – (110 $)
  • 2013 – 1,5 % – (108 $)
  • 2014 – 0,9 % – (93 $)
  • 2015 – 0,3 % – (52 $)
  • 2016 – 0,5 % – (45 $)

Ursachen des Ölpreisverfalls

Bevor wir auf das Thema der Überschrift eingehen, möchten wir zunächst mal die Dramatik aus dem Wort Ölpreisverfall nehmen. Als der Autor selbst 1994/95 sein Einfamilienhaus mit Heizöl versorgen musste, kostete der Liter Heizöl 32 Pfennige, also umgerechnet 16 Euro-Cent. Heute befinden wir uns mitten im Ölpreisverfall und stellen einen Heizölpreis von ca. 54 Cent fest. Daran sieht man, dass in den Jahren zuvor an den schier unerträglichen Preissteigerungen, die jeder wirtschaftlichen Grundlage entbehrten, schon extrem viel Geld verdient worden ist. Wer sich jetzt hinstellt und darüber jammert, dass er am Öl nichts mehr verdient, ist einfach nicht glaubwürdig.

Es hat wohl kaum jemanden überrascht, dass die Lockerungen bzw. Aufhebung der Wirtschaftssanktionen gegen den Iran nun zu einem größeren Angebot auf dem Ölmarkt geführt haben. Selbstverständlich möchten die Iraner jetzt endlich wieder weltweit verkaufen und sich nicht sofort irgendwelchen dubiosen Kartellabsprachen unterwerfen. Ohnehin leiden die Iraner gerade unter dem internationalen Isolationstrauma, d. h. sie trauen der ganzen neuen Wirtschaftsfreiheit noch nicht, wissen nicht, wie lange sie überhaupt in diesem „Paradies“ leben dürfen. Vielleicht wird ja ihr Hahn bald wieder zugedreht.

Die arabischen Emirate wissen um das drohende Ende ihrer Reserven, wollen sich jetzt keine Marktanteile von niemandem nehmen lassen und produzierten, was das Rohr hergibt. Interessant ist die Weitsicht in den Regierungen dieser Länder. Sie brauchen das Geld, um sich schon jetzt auf die Zeit nach dem Öl vorzubereiten.

Die US-Amerikaner haben die Nase voll von jeder Art der Abhängigkeit von ölproduzierenden Staaten. Spätestens die Krise von 1973/74 hat ihnen diesbezüglich die Augen geöffnet. Im Schlepptau dieser Erfahrungen hat die amerikanische Politik die Entwicklung der Fracking-Technologien wegen des nationalen Interesses unterstützt. Und heute stehen die USA als der weltweit größte Ölproduzent da, der auch fast beliebige Mengen produzieren kann. Vor diesem Hintergrund ist nur verständlich, dass es der OPEC im arabischen Raum lange Zeit nicht gelang, Absprachen zur Produktionsdrosselung durchzusetzen. Und das kann sie im Grunde auch gar nicht wollen. Schließlich kann die hervorragende und auch übermächtige aktuelle Position der Amerikaner im Ölgeschäft nur in einem Preiskampf erstickt werden. Erst dann, wenn der Ölpreis so niedrig ist, dass sich die aufwendige Fracking-Technologie nicht mehr lohnt, können die USA sozusagen in ihre Schranken verwiesen werden.

Die Grenze, wann die aufwendige Fracking-Technologie in die Gewinnzone kommt, lag 2015 bei knapp unter 60 $ pro Barrel (Brent). Die US-amerikanischen Ölkonzerne und Zulieferer haben viel Geld und Gehirnschmalz in die Entwicklung des Frackings gesteckt und inzwischen riesige Gebiete entsprechend ausgebaut und ausgerüstet. Den geschäftlichen Erfolg und die damit verbundene Unabhängigkeit, weltweit der größte Ölproduzent zu sein, wollen sich die Amerikaner auf Dauer nicht kaputtmachen lassen. Da wird hinter den Kulissen längst an Mitteln und Wegen gearbeitet, das Schwungrad „in die richtige Richtung“ umzudrehen.

Überraschend kam es aber Ende September 2016 auf der OPEC-Konferenz in Algier doch zu einer Einigung hinsichtlich der Drosselung der Fördermengen auf 32,5 bis 33 Millionen Barrel. Infolge der weltweit gesunkenen Nachfrage führte dies bisher jedoch nicht zu einer nennenswerten Verteuerung des Rohstoffes, aber immerhin zu einer Stabilisierung. Zudem liegt der aktuelle Preis mit knapp über 50 $ noch unter der Grenze, bei der sich Fracking in den USA überhaupt rentiert.

Welche Rolle kommt Russland zu?

Die Art und Weise, wie die USA und ihre Vasallen mit Russland umspringen, trägt nicht dazu bei, dass Putin sich an irgendwelche Preisabsprachen halten wird. Der Westen hat das russische Volk dicht hinter Putin gestellt und ihn im Lande sehr gestärkt. Da erstaunt es fast, dass Russland der Ukraine Gaslieferungen für den Winter 2015/16 zugesichert hatte, das hätten die Russen auch anders entscheiden können. Es zeigt aber auch die Tendenz, dass Russland bereit ist, Öl und Gas weiterhin zu Preisen am unteren Limit abzugeben. Aus dem Osten sind also keine Bestrebungen zu erwarten, die die Preisschraube nach oben drehen könnten.

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