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Umsatzsteuerbetrug durch Strom und Gashändler im grossen Stil-das scheint sich zu bestätigen!

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 Umsatzsteuer-Betrug im Strom- und Gashandel

Seit einiger Zeit wird vermutet, dass Handel mit Strom und Gas zum Betätigungsfeld für Umsatzsteuer-Betrüger werden könnte. Dem Bundeszentralamt für Steuern liegen nun erste Erkenntnisse über Betrugsfälle in diesem Segment vor.

Funktionsweise des Umsatzsteuer-Betruges

Beim Umsatzsteuer-Betrug werden Waren in einer Kette von Unternehmen gehandelt, von denen eines planmäßig die Umsatzsteuer nicht abführt. Die trotzdem verrechnete Vorsteuer wird über Gewinn-Margen an die beteiligten Unternehmen verteilt, zum Teil dient sie aber der Verbilligung der Ware, um so Vorteile gegenüber der ehrlichen Konkurrenz zu erzielen.

Der Handel findet dabei in der Regel grenzüberschreitend statt, d.h. einer der Handelspartner hat seinen Sitz außerhalb Deutschlands. Neben den Unternehmen, die in den Betrug einge-weiht sind, werden auch seriöse Marktteilnehmer in die Kette eingebunden, oftmals als letzter Abnehmer der Ware vor der Veräußerung im Einzelhandel. Hierbei kommt der Verbilligung der Ware durch den Umsatzsteuerbetrug und dem Erfordernis der günstigen Beschaffung von Ware besondere Bedeutung zu.

Ursprünglich wurden kleine, teure Waren (z.B. Mobiltelefone oder Computer-Bauteile) gehandelt und zur Wahrung des Scheins durch ganz Europa transportiert. Vorläufer des Umsatzsteuerbetruges im Energiemarkt war der Umsatzsteuerbetrug beim Handel mit Emissionsrechten. Innerhalb weniger Monate wurde laut Interpol in Europa ein Schaden in Höhe von 5 Mrd. Euro angerichtet; die tatsächliche Summe dürfte deutlich höher liegen.

Mögliche Begehungsweisen beim Strom- und Gashandel

Einige Besonderheiten des Strom- und Gashandels könnte Betrugsversuche in diesen Märkten besonders attraktiv erscheinen lassen. So gilt stets der Sitz des entsprechenden Abnehmers als Leistungsort – dementsprechend muss nicht zwingend eine tatsächliche grenzüberschreitende Lieferung erfolgen, um einen solchen Umsatzsteuerbetrug begehen zu können.

Auch beim Stromhandel ist zu erwarten, dass international gehandelt wird, u.a. um das Nach-vollziehen der Geschäfte zu erschweren. Hier gilt die Besonderheit, dass nach § 13b UStG ein Unternehmer, der Lieferungen von Gas oder Strom von einem ausländischen Unternehmen empfängt, die Umsatzsteuer für dieses Geschäft schuldet – umgekehrt kann der Ausländer steuerfrei ins Inland liefern.

Welche vorbeugenden Maßnahmen sind möglich?

In der Vergangenheit hat sich gezeigt, dass z.T. einfache Prüfungen ausreichen können, um betrügerische Marktteilnehmer zu entdecken. Auffällig sind z.B. neu gegründete Unternehmen, die binnen kürzester Zeit monatliche Umsätze in Millionenhöhe tätigen, sowie solche, die bis-lang branchenfremd tätig gewesen sind und entsprechende Namen tragen. Auch Angebote zum Abschluss branchenunüblicher Verträge können ein Indiz für betrügerische Aktivitäten sein.

Es ist dringend zu empfehlen, sich neue Anbieter genau anzusehen, bevor man den Handel aufnimmt. Verfügen sie über Erfahrungen und Referenzen? Sind die Gepflogenheiten am Markt bekannt? Werden Kontakt-Personen genannt, die auch tatsächlich erreichbar sind, und über Sachverstand verfügen? Sollen ungewöhnliche Liefer- oder Zahlungsbedingungen vereinbart werden? Wie ist die Preisgestaltung?

Da es für den Handel mit Energie kein zentrales Register gibt, ist die Finanzverwaltung hier auf die Unterstützung der Bilanzkreisverantwortlichen angewiesen, die sie auf verdächtige Markt-teilnehmer aufmerksam machen könnten. Sofern Bedenken gegen eine unmittelbare Informa-tion der Finanzverwaltung besteht, kann der Weg über die Bundesnetzagentur als Aufsichts-behörde gewählt werden. Dieser ist mit § 116 der Abgabenordnung ein Weg eröffnet, derartige Hinweise an die Finanzverwaltung zu leiten. (Siehe auch Homepage der Bundesnetzagentur:

http://www.bundesnetzagentur.de/cln_1931/DE/Sachgebiete/ElektrizitaetundGas/Unternehmen _Institutionen/HandelundVertrieb/Umsatzsteuerpflichten/umsatzsteuerpflichten-node.html)

Welche Risiken bestehen?

Zunächst ist zu befürchten, dass bei Bekanntwerden derartiger Betrügereien die Legitimität des Energiehandels massiv Schaden nimmt und damit der Wettbewerb und möglicherweise auch die Sicherheit der Energieversorgung.

Der legitime Handel muss unlautere Konkurrenz fürchten, die wegen der Steuerhinterziehung den Strom unter Marktpreis anbieten und so ehrliche Wettbewerber verdrängen kann.

Der einzelne Händler läuft bei unwissentlicher Einbindung in eine betrügerische Kette Gefahr, nach § 25d UStG für die schuldhaft nicht abgeführte Steuer in Haftung genom-men zu werden, wenn er von dem Betrug Kenntnis hatte oder nach der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmannes hätte haben müssen.

Unabhängig davon besteht die Gefahr, dass die Finanzverwaltung den Vorsteuer-Abzug nach § 15 UStG versagt, weil sie den Betrüger, von dem die Stromlieferung stammt, nicht als Unternehmer i.S.d. UStG anerkennt.

Fazit

Alle ehrlichen Marktteilnehmer müssen ein Interesse daran haben, dass den Betrügern möglichst frühzeitig das Handwerk gelegt wird. Nicht zuletzt sind sie auch als Steuerzahler Geschädigte, wenn der Fiskus betrogen wird. Deshalb sollte im Rahmen des Möglichen eine Transparenz hergestellt werden, die es den Finanzämtern ermöglicht, den Betrug frühzeitig einzudämmen.

Norbert Haag Referatsleiter Umsatzsteuerbetrugsbekämpfung

Der Artikel ist aus 2010, scheinbar aktueller denn je.

 

 

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