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Leerdammer

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PublicDomainPictures (CC0), Pixabay

„+1 Scheibe“ vor rotem Hintergrund und „dauerhaft mehr“ steht auffällig auf fast jeder Leerdammer-Packung mit Scheibenkäse. Auf den ersten Blick eine positive Nachricht, doch der Schein trügt! Die Auslobung ist nur die halbe Wahrheit. Der Preis für den Käse im Handel ist kräftig gestiegen – da hilft auch keine Mehrwertsteuersenkung. Um bis zu 21 Prozent hat sich der Käse verteuert, obwohl nur eine Scheibe mehr in der Packung ist. Das ist eine teure Scheibe extra!

Konkret gerechnet: Bei der Sorte Leerdammer Feine Scheiben kostete eine Scheibe (10 Gramm) bisher 15 Cent. Die Extra-Scheibe schlägt mit 50 (!) Cent zu Buche. Ein Verbraucher hat es in seiner Beschwerde an uns auf den Punkt gebracht: „Auf diese Scheibe hätte ich gerne verzichtet.“

Bei Penny stieg der Verkaufspreis zum Beispiel von 1,49 Euro (Juni 2020) auf 1,99 Euro ohne Berücksichtigung der Mehrwertsteuersenkung. Ähnliche Preise haben wir in verschiedenen Filialen von Rewe, Penny, Real, Netto Marken-Discount sowie meist auch bei Edeka gefunden. Bei den Discountern Aldi und Lidl gibt es bis auf sehr geringe Unterschiede im Cent-Bereich ähnliche Preise.

Die Großpackungen von Leerdammer werden jetzt ebenfalls mit mehr Scheiben verkauft. Ob sie ebenfalls teurer geworden sind, konnten wir nicht zweifelsfrei recherchieren.

Hersteller verweist auf Milch ohne Gentechnik und nachhaltigere Packung

Bel Deutschland, das zum milliardenschweren französischen Milchkonzern Bel gehört, verweist in einer Stellungnahme auf die ausschließliche Verwendung von Milch ohne Gentechnik sowie eine nachhaltigere Verpackung.

  • Vollständige Stellungnahme von Bel Deutschland zur Preiserhöhung bei Leerdammer (31. Juli 2020)
  • Wir begrüßen beides und sind trotzdem nicht überzeugt. Warum? Zum einen ist Bel eher Nachzügler, wenn es um die Verwendung von gentechnikfrei produzierter Milch geht. Viele andere Unternehmen – sogar deutlich günstigere Handelsmarken – verwenden diese Milch schon sehr viel länger. 58 Prozent der in Deutschland verkauften bzw. verarbeiteten Milch wird laut AMI (Agrarmarkt Informations-Gesellschaft mbH, Juli 2019) ohne gentechnisch veränderte Futtermitteln produziert. Konventionelle Milch hat nur noch einen Marktanteil von 38 Prozent. Bio-Milch liegt bei 4 Prozent. Zum anderen bekommen die Landwirte von Bel nur geringfügig mehr Geld – nach unserem Kenntnisstand sind es lediglich ein bis zwei Cent mehr pro Kilogramm Milch. Der Verband Lebensmittel ohne Gentechnik ( VLOG)  ermittelte laut einer Veröffentlichung aus dem Mai 2018 einen Aufschlag „zwischen 0,8 und 1,5 Ct/kg“ pro Kilogramm Milch.

    Auch die Verwendung von recyceltem Plastik für die Verpackung dürfte den Käse kaum teurer machen. Im Gegenteil: Hat ein Produkt mehr Inhalt – wie jetzt bei Leerdammer geschehen – lässt sich die Ware meist kostengünstiger verpacken.

    Konzern stemmt sich gegen Preisverfall

    Früher fiel Leerdammer durch versteckte Preiserhöhungen mit der Masche „Weniger drin- Preis gleich“ auf. So schrumpfte der Inhalt etwa von Leerdammer Classic zwischen 2011 und 2014 von 200 auf 160 und dann auf 140 Gramm bei gleichem Preis von meist 1,99 Euro. Besonders perfide: Die  groß herausgestellte Anzahl der Scheiben blieb 2011/2012 gleich hoch, aber die Käsescheiben wurden viel dünner oder kleiner geschnitten.

    Seit 2014 verharrte der Normalpreis meist bei 1,99 Euro bis es 2019 zur Listung bei Aldi kam. Aldi legte den neuen Preis bei 1,49 Euro fest. Wie so oft, folgten die anderen Händlern dem Preis von Aldi. So ging der Preis für den Scheibenkäse von Leerdammer in fast allen Supermärkten in den Keller: Bei Sonderaktionen kostete der Käse sogar nur 99 Cent.

    Offensichtlich sah Bel in der aktuellen Füllmengenerhöhung die Chance, den Preis im Handel wieder auf 1,99 Euro anzuheben. Dieser Schachzug ist dem Konzern offensichtlich vorerst gelungen. Nach Kartellrecht dürfen Hersteller keinen Einfluss auf die Preisgestaltung im Handel nehmen. Nur die Händler selbst dürfen die Preise festlegen.

    Rewe platziert in seinen Filialen zurzeit auffällig unter vielen Preisschildern den Hinweis: „Preissenkung – Jetzt 5.000 Artikel im Preis gesenkt“. Offensichtlich werden die Zettelchen wahllos im Supermarkt verteilt. Das heißt, dass es keine Preissenkung zu dem Lebensmittel geben muss, unter dem der Hinweis angebracht wurde. Denn in mindestens einer Filiale in Hamburg war die Werbung direkt unter den neuen teureren Preisen für den Leerdammer-Käse platziert. Wir sehen darin eine Täuschung der Verbraucher. Viele werden vermutlich davon ausgehen, dass der Preis auch für Leerdammer gesenkt wurde. Das Gegenteil ist aber der Fall. Rewe sollte aus Sicht der Verbraucherzentrale Hamburg die Werbung nur unter den Artikeln platzieren, bei denen tatsächlich der Preis gesenkt wurde.

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