Start Allgemein Zeitungsbericht über den Piccor AG-Skandal und die Durchsuchung bei einem Treuhänder

Zeitungsbericht über den Piccor AG-Skandal und die Durchsuchung bei einem Treuhänder

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Ein Treuhänder im schweizerischen Zug soll in großem Stile in den Piccor-Skandal verwickelt sein (wir berichteten schon mehrfach darüber). Bisher weist er jede Schuld von sich und verweist diesbezüglich auf eine eine Firma in Gibraltar.

Am vergangenen Montag fuhren die Zuger Strafverfolgungsbehörden in Baar vor. Ihr Ziel waren die Geschäftsräume eines Treuhänders, in denen sie eine Hausdurchsuchung durchführten. Der Verdacht: bandenmässiger Anlagebetrug. Der Treuhänder ist einziger Verwaltungsrat mit Einzelunterschrift der Firma.

Doch nicht nur in Baar wurden am Montag Geschäftsräume durchsucht, sondern auch bei den Geschäftspartnern des Treuhänders in Deutschland. Gemäss einem Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin, der unserer Zeitung vorliegt, rückten auch Ermittler in Berlin, München und Leipzig zu Razzien aus. Ermittelt wird gegen sieben Beschuldigte, darunter den Treuhänder aus Baar, die alle im Umfeld eines deutschen Unternehmensverbunds tätig sind.

Der Verbund bezeichnet sich auf der eigenen Website als «ein loser Zusammenschluss hochspezialisierter Berater aus den Bereichen der Rechts- und Steuerberatung sowie des Financial Consulting and Planning.» Die Gesellschaft des Treuhänders fungierte als Abrechnungsstelle des Unternehmensverbunds.

Verdacht auf Schneeballsystem

Der Mediensprecher der Zuger Strafverfolgungsbehörden, Frank Kleiner, bestätigt zwar den Einsatz in Baar: «Die Zuger Strafverfolgungsbehörden haben am Montag, 5. Februar, in den Räumlichkeiten eines Treuhänders eine Hausdurchsuchung durchgeführt.» Auf die Frage jedoch, ob diese Durchsuchung im Rahmen eines grösseren Ermittlungsverfahrens wegen Betrugs stattgefunden habe, und was die nächsten Schritte sind, antwortet Kleiner: «Da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, können wir zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Informationen geben.»

Aufgrund des Berliner Durchsuchungsbeschlusses und da die Razzien am Montag stattfanden, dürfte jedoch mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Verdacht auch in Zug in die gleiche Richtung läuft.

Aus besagtem Durchsuchungsbeschluss ist auch mehr zum komplexen Inhalt des mutmasslichen Betrugs zu erfahren. Spätestens 2009 seien die Beschuldigten übereingekommen, über ein nicht genehmigtes Anlagemodell, ein sogenanntes Schneeball-System, mit Anlagegeldern zu betreiben. Dabei hätten sie den Anlegern gegenüber behauptet, die Gelder gewinnbringend in hochriskante Anlagegeschäfte – sogenannte Dax-Futures – zu investieren, um Renditen von bis zu 30 Prozent zu erwirtschaften. Dafür hätten die Anleger Verträge mit der Baarer Firma unterzeichnet.

Ihr Geld, so der Vorwurf, sei dann aber nicht angelegt, sondern im Kreis transferiert worden. Die Beschuldigten hätten sich derweil Provisionen und Gebühren ausgezahlt. Die Anleger seien wiederum mit regelmässigen Mitteilungen über angebliche Renditen bei Laune gehalten worden. Durch den Verkauf weiterer Anlageprodukte hätten die Beschuldigten versucht, den Kreislauf aufrechtzuerhalten.

Nach bisherigem Stand der Ermittlungen aus Deutschland beläuft sich der vorläufige Schaden mehrerer tausend Anleger auf rund 87 Millionen Euro.

Auf den Verdacht der deutschen Behörden und die Hausdurchsuchung in Baar angesprochen, weist der Treuhänder jegliche Schuld von sich. «Die Vorwürfe an meine Gesellschaft und an mich sind happig. Ich bin masslos schockiert.» Er könne die Vorwürfe wegen eines «Bandenbetrugs» aus Deutschland aber nicht nachvollziehen. «Dass es sich um einen Betrug handelt, ist auch aus meinen Unterlagen nicht ersichtlich – das sagt auch mein Anwalt. Diese Vorwürfe wurden einfach mal pauschal erhoben.» Er sei sich keiner Schuld bewusst. «Der Vorwurf Bandenbetrug bedeutet ja, dass man mit der Absicht zusammengekommen ist, gemeinsam etwas Unrechtes zu tun.» Bei einer derartigen Zusammenkunft sei er aber nie dabei gewesen. Er sei absolut kooperationsbereit und treffe sich mit jeder Behörde, auch in Deutschland. «So beispielsweise Anfang Januar, als ein Treffen mit den Ermittlungsbehörden in Berlin stattfand. Daraufhin erfolgte am vergangenen Montag die Hausdurchsuchung, die wir erwartet hatten.»

Vermögensverwalter aus Gibraltar untergetaucht

Stutzig geworden sei er zum ersten Mal im November: «Wir hatten einen Vermögensverwaltungsauftrag an eine Treuhandfirma in Gibraltar vergeben. Mitte November habe ich dann gemerkt, dass die Abrechnungen, also die Zahlungen, nicht mehr reinkommen und die Kommunikation abbrach.»

Bis zu diesem Zeitpunkt sei ihm aber nichts aufgefallen. «Ich, der Hauptbeschuldigte und weitere Personen aus Deutschland haben dann gehandelt. Wir sind nach Gibraltar gegangen, wo die Firma domiziliert ist, doch wir haben den Verantwortlichen nicht gefunden.» Als Folge haben der Hauptbeschuldigte und er im Dezember Strafanzeige im Kanton Zug und in Berlin eingereicht. «Zuvor habe ich auch den mitinvolvierten Broker informiert.»

Dass er als Beschuldigter in den Dokumenten aus Berlin auftauche, sei nachvollziehbar, denn die Baarer Firma habe eine Vereinbarung mit einem Treuhänder und Wirtschaftsprüfer in Deutschland, welcher die Anlagegelder treuhänderisch verwaltet habe. «Und da ich Verwaltungsrat bin, bin ich sofort automatisch involviert.»

Auch die Schweizer Finanzmarktaufsicht Finma hat die Unternehmung aus Baar auf dem Radar. Diese steht auf deren Warnliste. Auf diese kommen Firmen, bei denen die Finma Untersuchungen wegen unerlaubter Tätigkeit eingeleitet hat, den Verdacht jedoch nicht weiter abklären konnte. Dies, weil die untersuchten Firmen ihrer Auskunftspflicht gegenüber der Finma nicht nachgekommen sind oder falsche Angaben gemacht haben. Des Weiteren kann eine Aufnahme auf die Warnliste erfolgen, wenn die Untersuchungen eine «immanente, erhebliche Gefährdung von Anlegern durch Anbieter vermuten lassen».

Der Treuhänder erklärt die Aufnahme der Baarer AG auf die Finma-Liste wie folgt: «Dass die AG letztes Jahr auf die Warnliste kam, hat folgenden Hintergrund: Die Organisation, so wie sie aufgestellt war mit dem Treuhänder in Deutschland, konnte aufgrund der Regularien in Deutschland nicht mehr aufrechterhalten werden.» Dies habe man den Kunden mitgeteilt und auch, dass man auf Ende 2017 alles rückabwickeln müsse. «Es ging ein Schreiben an die Kunden, in dem wir mitteilten, dass sie die angelegten Gelder zurückgezahlt erhalten.» Daraufhin sei ein Schreiben von der Finma mit einem Fragekatalog bei der Gesellschaft eingegangen. Diesen habe man dann beantwortet, so der Baarer Geschäftsmann.

Quelle: Zuger Zeitung

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