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Musterverfahrensanträge am Oberlandesgericht München

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Landgericht München I

Az.: 27 OH 18593/17

Dem Oberlandesgericht München werden die gleichgerichteten Musterverfahrensanträge in den Verfahren des Landgerichts München I mit den Aktenzeichen

27 O 951/17

40 O 1659/17

34 O 1100/17

3 O 1203/17

34 O 1099/17

35 O 1101/17

29 O 1521/17

28 O 1404/17

29 O 1039/17

29 O 1494/17

soweit sie bekannt gemacht wurden, zur Entscheidung über folgende Feststellungsziele entsprechend der KapMuG-Anträge der Klagepartei vorgelegt:

1.
Es wird festgestellt, dass die Beklagten

1.1.

für den am 18.12.2006 veröffentlichten Emissionsprospekt zum streitgegenständlichen „Conti Beteiligungsfonds IX“ als Gründungsgesellschafter der Zielfondsgesellschaften Conti 155. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Jupiter“, Conti 153. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Cordoba“, Conti 53. Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Salome“ und Conti 54. Container Schifffahrts-GmbH & Col KG MS „Conti Elektra“ aufgrund der Inanspruchnahme persönlichen Vertrauens nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 und 3 BGB verantwortlich sind.

1.2.

bei der Veröffentlichung des am 18.12.2006 veröffentlichten Emissionsprospektes zu dem streitgegenständlichen „Conti Beteiligungsfonds IX“ als Gründungsgesellschafter der Zielfondsgesellschaften Conti 155. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Jupiter“, Conti 153. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Cordoba“, Conti 53. Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Salome“ und Conti 54. Container Schifffahrts-GmbH & Col KG MS „Conti Elektra“ nach den Grundsätzen der uneigentlichen Prospekthaftung im weiteren Sinne schuldhaft gehandelt haben.

1.3.

verpflichtet waren, über die unrichtigen, unvollständigen und irreführenden Punkte in dem streitgegenständlichen Emissionsprospekt zum „Conti Beteiligungsfonds IX“ aufzuklären und deshalb wegen Verletzung ihrer Aufklärungspflichten haften.

2.
Hinsichtlich der Fehlerhaftigkeit des Emissionsprospektes zum „Conti Beteiligungsfonds IX“ wird festgestellt, dass der am 18.12.2006 veröffentlichte Emissionsprospekt zum streitgegenständlichen „Conti Beteiligungsfonds IX“ in erheblichen Punkten unrichtig, unvollständig und irreführend, insbesondere in folgenden Punkten ist:

2.1.

Es werden fälschlich Sicherheiten dargestellt, die tatsächlich nicht bestanden,

2.2.

die Risiken aus dem volatilen Schiffsmarkt, dessen Besonderheiten, Entwicklungen und Perspektiven, insbesondere im Hinblick auf die absehbare Übertonnage werden im Prospekt nicht hinreichend dargestellt,

2.3.

die Volatilität von Charterraten und Secondhand-Preisen von Schiffen werden im Prospekt nicht hinreichend dargestellt, mithin auch nicht die damit einhergehenden Risiken,

2.4.

auf die zahlreichen risikoerhöhenden Umstände im Zusammenhang mit dem Containerschiffsmarkt (über Jahre potenziertes Wachstum einer Übertonnage, Kaskadeneffekt, Wegfall des Kartelleffekts) wird nicht hingewiesen,

2.5.

Im Hinblick auf das aktuelle und das zukünftige absehbare Marktumfeld zum Zeitpunkt der jeweiligen Prospektherausgabe, werden im Prospekt die prognostizierten Erträge unvertretbar hoch angesetzt,

2.6.

Auf den Wegfall etwaiger Wettbewerbsvorteile des Panamax-Schiffes aufgrund der erwarteten Fertigstellung des erweiterten Panamakanals im Jahre 2015 wird nicht hingewiesen,

2.7.

es erfolgt kein Hinweis darauf, dass die Schiffe zu einem Zeitpunkt der Erreichung bislang historischer Höchstpreise gekauft wurden,

2.8.

es wird fälschlich suggeriert, dass ein Gutachter die Schiffe vor Übergabe gesichtet und begutachtet habe,

2.9.

die zahlreichen Risiken im Zusammenhang mit den Fremdfinanzierungen werden nicht hinreichend deutlich dargestellt, insbesondere die Loan-to-Value-Klauseln und die 105 %-Klauseln nicht erwähnt,

2.10.

es werden werthaltige Platzierungsgarantien vorgetäuscht,

2.11.

die in Ansatz gebrachten Betriebskostensteigerungen von drei Prozent pro Jahr sind vor dem Hintergrund der Preisentwicklung seit dem Jahre 2000 schlicht unvertretbar,

2.12.

die Sensitivitätsanalysen sind insgesamt wegen unrealistisch niedrig angesetzter Abweichungen irreführend, insbesondere ist das im Prospekt abgedruckte Szenario mit niedrigeren Charterraten dahingehend irreführend, als dass die parallel sinkenden Secondhand-Preise nicht berücksichtigt wurden unter zum anderen, im Hinblick auf die Volatilität der Charterraten, die für die Beispielsrechnung in Ansatz gebrachten Charterraten zu hoch angesetzt wurden,

2.13.

auf das Risiko der Majorisierung wird nicht hingewiesen,

2.14.

die stark eingeschränkte Fungibilität wird aktiv verharmlost,

2.15.

die Risiken und Besonderheiten der Pool-Beschäftigung werden unzureichend dargestellt,

2.16.

es erfolgen unzureichende Angaben über den Versicherungsschutz,

2.17.

es erfolgt kein Hinweis auf die mögliche Inanspruchnahme der Fondsgesellschaft durch Dritte,

2.18.

eine Nachschusspflicht wird fälschlich ausgeschlossen,

2.19.

das Risiko der Rückforderbarkeit von Ausschüttungen gemäß §§ 30,31 GmbHG wird nicht erwähnt.

 

Lebenssachverhalt:

Die Klagepartei nimmt die Beklagten wegen vorvertraglichen Aufklärungsverschuldens im Zusammenhang mit einer Beteiligung an dem „Conti Beteiligungsfonds XI“ (Fonds) auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Beklagte zu 1) ist prospektverantworlich und Gründungsgesellschafterin der vier Einzelgesellschaften Conti 155. Container Schifffahrts- GmbH & Co. KG MS „Conti Jupiter“, Conti 153. Containerschifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Cordoba“, Conti 53. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Salome“ und Conti 54. Container Schifffahrts-GmbH & Co. KG MS „Conti Elektra“. Die Beklagten zu 2) und 3) sind ebenfalls Gründungsgesellschafter der vier Einzelgesellschaften. Die vier Einzelgesellschaften investieren jeweils in verschiedene Containerschiffe unterschiedlicher Größenklassen, den Schiffen „Conti Jupiter“, „Conti Cordoba“, „Conti Salome“ und „Conti Elektra“. Die Klageparteien beteiligten quotal an den vier Beteiligungsgesellschaften und konnten zwischen Beteiligungsalternativen Conti Classic und/oder Conti Vario wählen. Die Klageparteien beteiligten sich als Treugeberkommanditisten über die Treuhänderin Conti Beteiligungsverwaltungs mbH & Co. KG.

Die Klagepartei behauptet, die Beklagten hätten ihre Pflicht, die eintretenden Gesellschafter über alle wesentlichen Punkte aufzuklären, die für die zu übernehmende Beteiligung von Bedeutung sind, verletzt. Die Beklagten hätten die Klagepartei über Prospektfehler, wie sie sich aus den o. g. Feststellungszielen ergeben würden, informieren müssen.

Die Klagepartei trägt vor, sich an der Fondsgesellschaft auf Grundlage des Emissionsprospekts vom 18.12.2006 beteiligt zu haben. Dieser sei fehlerhaft, so dass die Beklagten bei Verwendung dieses erkennbar fehlerhaften Prospekts ihre Aufklärungspflichten verletzt hätten. Bei zutreffender Aufklärung hätte die Klagepartei die Beteiligung nicht gezeichnet.

 

Im Einzelnen werden folgende Prospektfehler gerügt:

1.

Fälschliche Suggestion angeblicher Sicherheiten.

Der Angebotsprospekt suggeriere, dass mit der Zeichnung dieses Fonds eine hohe Sicherheit bestünde, was nur so verstanden werden könne, dass sich diese hohe Sicherheit auf einen Kapitalerhalt beziehe.

Auf Seite 5 würde durch Darstellung eines Sonderkündigungsrechts mit Rückfluss von 100 % der Beteiligung fälschlicherweise suggeriert, dass bei Sonderkündigungen definitiv ein vollständiger Mittelrückfluss stattfindet.

Das Totalverlustrisiko würde im Prospekt verharmlost.

2.

Falsche Darstellung des Schiffmarkts und der Besonderheiten und Risiken.

Die fehlende Darstellung der historischen Schwankungsbreiten der Charterhöhen würden dem Anleger unverhältnismäßig erschweren, die tatsächlich realistischen Einnahmen der Schiffe und ihrer Betriebe nachzuvollziehen.
Im Emissionsprospekt werde die Wechselwirkung der Charter und des Second-Hand-Markts zueinander nicht deutlich gemacht.
Der Prospekt kläre nicht darüber auf, dass der Anleger ein nachrangiger Insolvenzgläubiger sei.
Zudem fehle im Prospekt eine Information zu den Auswirkungen von Angebot und Nachfrage.
Ein über Jahre potentiertes Wachstum einer Übertonnage werde im Prospekt nicht dargestellt.
Zudem kläre der Prospekt über viele Tatsachen nicht auf, die zu einem Verfall der Charterraten führen können (Kaskadeneffekt, Tans-Shipment u. Beschäftigung der Schiffe, Wegfall des Konferenzsystems).‘

3.

Unvertretbare Charterraten-Prognosen.

Die im Prospekt dargestellten Charterraten seien vor dem Hintergrund des bestehenden Marktes und dessen Zukunftsperspektiven unvertretbar und damit falsch prognostiziert.

4.

Wegfall der Wettbewerbsvorteile wegen Erweiterung des Panamakanals.

Der Prospekt kläre nicht über den Wegfall etwaiger Wettbewerbsvorteile des Panama-Max-Schiffes aufgrund der erwarteten Fertigstellung des erweiterten Panamakanals im Jahre 2015 auf.

5.

Historische Höchstpreise.

Im Prospekt findet die Tatsache keine Erwähnung, dass die Schiffspreise auch in Relation zu den in Vorjahren gezahlten Schiffspreisen extrem hoch seien. Es sei dem Leser mangels Darstellung historischer Vergleichswerte nicht möglich, die Höhe der Schiffspreise wirtschaftlich zu bewerten.

6.

Täuschung über Sachverständigengutachten.

Der Prospekt suggeriere fälschlicherweise, dass ein Sachverständiger die Schiffe besichtigt habe und deren technischen Zustand und Kaufpreis beurteilt habe, obwohl eine solche Begutachtung ohne Sichtung des Zustands des Schiffeserfolgt sein und unmöglich sein dürfte.

7.

Unzureichende und irreführende Darstellung der Risiken aus Fremdfinanzierungen.

Im Prospekt würden zahlreiche Risiken im Zusammenhang mit den Fremdfinanzierungen nicht hinreichend deutlich dargestellt, insbesondere würde die loan-to-Value Klausel und die 105 %-Klausel nicht erwähnt. An keiner Stelle des Prospekts sei beschrieben, dass die finanzierenden Banken bei einer Verletzung der 105%-Klausel auch die Ausschüttungen stoppen und in letzter Konsequenz die Darlehensverträge kündigen könnten.

Im Prospekt sei nicht darauf hingewiesen worden, dass bei der Änderung der Einnahmen (Charterraten oder Ausgaben, Betriebskosten eines Schiffes) das Kreditausfallrisiko verändert sei und die Bank mehr Eigenkapitel unterlegen müsse. Die Bank müsse für dieses Risiko höhere Zinsen einpreisen. Aufgrund der nur fünfjährigen Zinsbindung bestehe folglich das Risiko, dass die Anschlusszinsen allein aufgrund dieses Umstandes erheblich steigen würden, worauf im Emissionsprospekt nicht hinreichend hingewiesen wurde.

8.

Irreführung im Hinblick auf Platzierungsgarantien.

Der Prospekt täusche über die Werthaltigkeit von Platzierungsgarantien.

9.

Unvertretbare Prognose der Betriebskostensteigerungen.

Die im Prospekt zugrunde gelegte Betriebskostensteigerung mit 3 % pro Jahr sei vor dem Hintergrund, dass die Betriebskosten in den Vorjahren erheblich stärker gestiegen seien, nicht vertretbar.

10.

Irreführende Sensitivitätsberechnungen.

Die Darstellung der Erfolgsparameter sei irreführend, weil die Parameter für sich alleine stehend aufgezeigt worden seien. Nach der im Prospekt gegebenen Darstellung würde beim Anleger der Eindruck erweckt, dass in jeder Situation die Anlage gesichert sei. In Anbetracht der historischen Entwicklung der Charterraten sei die dargestellte Senkung der prospektierten Charterraten um nur 10 % in einem „Schlechter-Szenario“ viel zu gering.

Im Hinblick auf die dargestellten Prognosen zum Second-Hand-Preis der Schiffe verdeutliche der Prospekt nicht hinreichend, wie extrem die Second-Hand-Preise schwanken.

11.

Majorisierung

Der Prospekt weise nicht hinreichend auf die Gefahr der Majorisierung hin.

12.

Unzureichender Hinweis auf eingeschränkte Fungibilität.

Die Darstellungen im Emissionsprospekt hinsichtlich der Fungibilität seien nicht ansatzweise geeignet, dem Anleger vor Augen zu führen, dass es keinen geregelten Markt für solche Beteiligungen gebe und ein Verkauf allenfalls unter Inkaufnahme von erheblichen Verlusten realisierbar sei.

13.

Unzureichende Angaben zur Poolbeschäftigung.

Im Emissionsprospekt fehlten sämtliche Angaben zur Poolbeschäftigung der Fondsschiffe ohne Festcharterverträge, insbesondere Angaben zu Besonderheiten und Risiken einer solchen Poolbeschäftigung.

14.

Unzureichende Angaben über den Versicherungsschutz.

Versicherungsumfang und Versicherungsrisiko würden im Prospekt mangelhaft bis gar nicht beschrieben. Es werde nur oberflächlich mitgeteilt, dass nicht alle Risiken versichert werden können, die Versicherungen im Schadensfall nicht ausreichen oder greifen könnten, da es ein Ausfallrisiko bezüglich der Versicherungsgesellschaft gebe und sich hieraus ggf. eine Verringerung der Charterraten ergeben könne.

15.

Kein Hinweis auf mögliche Inanspruchnahme der Fondsgesellschaft durch Dritte.

Im Prospekt werde nicht darauf hingewiesen, dass bei einer möglichen Insolvenz des Charterers eines Schiffes dessen Gläubiger berechtigt sind, für z. B. Kosten für die Löschung der Ladung, Lotsekosten, Bunkerkosten oder durch Arrestierung des Schiffes entstandene Kosten die Fondsgesellschaft in Anspruch zu nehmen.

16.

Fälschlicher Ausschuss der Nachschusspflicht.

Im Prospekt werde fälschlicherweise ausgeführt, dass keine Nachschusspflicht bestünde. Die Begrenzung der Nachschusspflicht sei nach Deutschem Handelsgesetzbuch für international fahrende Schiffe, die internationalen Rechtsordnungen unterliegen, nicht bindend.

17.

Kein Hinweis auf Rückforderbarkeit von Ausschüttungen gemäß §§ 30, 31 GmbHG.

Der Prospekt weise nicht darauf hin, dass nach den § 30,31 GmbHG unabhängig von der Haftung aus § 172 Abs. 4 HGB eine Pflicht zur Rückerstattung bereits erfolgter Auszahlungen bestehen könne.

Die Beklagten erheben die Einrede der Verjährung.

Die Klagepartei hätte Ende 2008 die Herbstinformationen 2008 erhalten mit dem Hinweis, dass aufgrund des aktuellen schwierigen Marktumfelds für die „Conti Salome“ und „Conti Elektra“ keine Ausschüttungen für das Geschäftsjahr 2009 erfolgen können. Es werde auch darauf hingewiesen, dass die Mittel nicht ausreichen, um den Fremdkapitaldienst zu begleichen. Auch die Herbstinformation 2009, 2010 u. 2011 hätten die gleichen Informationen enthalten. Auch habe es eine außerplanmäßige Gesellschafterversammlung zu diesen Themen gegeben.

Die Beklagten bestreiten im Übrigen Aufklärungsmängel und die Zulässigkeit des Musterantrags.

Zeitpunkt des Eingangs des Musterverfahrensantrags 23.02.2017.

Hinsichtlich des Beteiligungsfonds Conti X wurde der Musterfeststellungsantrag durch Schriftsatz vom 12.09.2017 zurückgenommen.

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