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Klare Rechtslage

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Die Rechtslage ist eigentlich klar: Wird ein Vertrag übers Internet geschlossen, steht dem Verbraucher ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Egal, ob die Dienstleistung bereits in Anspruch genommen wurde oder nicht. Aber das scheint einige Firmen nicht zu interessieren. Sie versuchen, den Verbrauchern ihr Widerrufsrecht auszureden.

Zum Hintergrund
Bis August 2009 galt: Das Widerrufsrecht erlischt vor Ablauf der Widerrufsfrist, wenn ein Unternehmen auf Wunsch des Verbrauchers mit der Ausführung der Dienstleistung begonnen hat. Wurde Ihnen im Rahmen eines unerwünschten Werbeanrufs beispielsweise ein Wechsel des Telefonanbieters aufgeschwatzt, und wollten Sie diesen am nächsten Tag widerrufen, so hieß es oft: „Tut uns leid, aber wir haben den Antrag auf Portierung der Rufnummer schon gestellt“. Das Ergebnis: ein neuer – ungewollter – Telefonvertrag für zwei Jahre.

Aktuelle Rechtslage
Dem hat der Gesetzgeber inzwischen einen Riegel vorgeschoben. Bei Dienstleistungen erlischt das Widerrufsrecht gemäß § 312 d Abs. 3 BGB nur dann vorzeitig, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf ausdrücklichen Wunsch des Verbrauchers vollständig erfüllt ist, bevor das Widerrufsrecht ausgeübt wird. Der Verbraucher muss also bezahlt und der Unternehmer die gesamte Leistung erbracht haben. Das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrecht kommt daher bei Verträgen, bei denen der Verbraucher zum Beispiel ein Single-Portal ein Jahr nutzen oder eine Telekommunikationsleistung wahrnehmen kann, gar nicht in Betracht. Denn der Unternehmer hat erst mit Ablauf der Vertragslaufzeit seine Leistung vollständig erbracht.

Widerrufsrecht ignoriert
Trotzdem scheuen einige Unternehmen nicht davor zurück, das Gegenteil zu behaupten. Hier ein paar Antworten, die Verbraucher bekamen, als sie ihr Widerrufsrecht ausübten:

•freenetSingles: „Es ist richtig, dass Sie ein Widerrufsrecht von 14 Tagen haben. Dies gilt jedoch nur, solange Sie die Dienstleistung noch nicht in Anspruch genommen haben. Mit dem ersten Login ist das Widerrufsrecht erloschen.“

•Parship: „Vielen Dank für Ihre E-Mail. Nach Überprüfung Ihres Profils muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Sie ihr Widerrufsrecht nicht mehr ausüben können. In bestimmten Fällen endet das Widerrufsrecht vorzeitig. Zum Beispiel dann, wenn der Vertrag von beiden Seiten auf den ausdrücklichen Wunsch des Kunden bereits erfüllt worden ist. Der Vertrag ist erfüllt, wenn der Kunde den Betrag bezahlt und bei Parship Nachrichten verschickt oder gelesen hat.“

•Model.de: „Du hast dich bei uns als Model angemeldet. Ein Widerruf ist nach Anmeldung 2 Wochen lang möglich, wenn der Aktivierungslink noch nicht geklickt wurde. Durch deine Bestätigung des Aktivierungslinks erlischt das Widerrufsrecht vorzeitig, da die IAM Model.de GmbH nun technisch die Sedcard und E-Mailadresse einrichtet und reserviert…“

Und das obwohl die Unternehmen in ihrer Widerrufsbelehrung schreiben, dass nur die vollständige Erfüllung durch beide Seiten zum vorzeitigen Erlöschen führt.

Abmahnungen verschickt
Wir halten das Vorgehen der Unternehmen für wettbewerbswidrig und haben Abmahnungen verschickt. Model.de hat ebenso wie edarling.de, edates.de,cougar-flirts.de und bildkontakte.de die geforderte Unterlassungserklärung unterschrieben. FreenetSingles und Flirtcafe Online waren erst nach Klagerhebung bereit, den Unterlassungsanspruch anzuerkennen bzw. die geforderte Unterlassungserklärung abzugeben. Gegen Parship erging am 16. November 2011 ein Versäumnisurteil. Das LG Bamberg verurteilte am 7. Dezember 2011 (2 HK O 18711) die Firma Eden Single & Freizeit GmbH (www.in-ist-drin.de) dazu, das von uns beanstandete Verhalten zu unterlassen. Die gegen diese Urteil von Eden Single & Freizeit GmbH eingelegte Berufung hat das OLG Bamberg mit Urteil vom 09. Mai 2012 zurückgewiesen.

Quelle:VBZ HH

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