In einem Fall, der landesweit für Aufsehen sorgt, stellte ein US-Bundesrichter am Montag die beunruhigende Frage, ob die Trump-Regierung bereit sei, eine verfassungsrechtliche Krise zu riskieren – nur um eine regimekritische Studentin weiterhin inhaftiert zu halten.
Im Zentrum des Falls steht Rumeysa Ozturk, eine 30-jährige Fulbright-Stipendiatin und Doktorandin an der Tufts University. Sie wurde Ende März auf offener Straße in Somerville, Massachusetts, von maskierten Behördenvertretern festgenommen – ein Vorfall, der per Video viral ging und nun als Paradebeispiel für Präsident Trumps neue Linie gilt: Die gezielte Ausweisung pro-palästinensischer Stimmen auf US-Campussen.
Richter warnt vor Verfassungskrise
US-Richter William Sessions, ernannt unter Präsident Bill Clinton, leitete die Anhörung in Vermont. Dort deutete er an, dass er Ozturks Festnahme möglicherweise als unrechtmäßig einstufen werde – und warnte davor, dass ein Ignorieren seines Urteils durch die Regierung eine Verfassungskrise auslösen könnte.
„Wenn die Regierung dann sagt: ‘Nein, sie bleibt inhaftiert, weil wir ein unantastbares Einwanderungsdokument haben,’ dann befinden wir uns in einer verfassungsrechtlichen Krise,“ sagte Sessions.
Ein Sprecher der US-Regierung erklärte zwar, man werde gerichtlichen Anordnungen folgen – betonte jedoch, dass Ozturks Antrag vor einem Einwanderungsgericht gestellt werden müsse, nicht bei Sessions.
Festnahme wegen Meinungsäußerung?
Brisant: Der einzige offiziell genannte Grund für den Entzug von Ozturks Visum ist ein Meinungsartikel, den sie mitverfasst hatte. In diesem kritisierte sie Tufts’ Umgang mit studentischen Forderungen nach einem Divestment von Unternehmen mit Israel-Bezug. Sie forderte zudem, dass die Universität „den palästinensischen Genozid anerkennt“.
Laut einem internen Memo des US-Außenministeriums – veröffentlicht durch die Washington Post – gibt es keine Beweise dafür, dass Ozturk sich antisemitisch oder pro-terroristisch geäußert habe. Dennoch hält die Trump-Administration an der Inhaftierung fest.
Gesundheitsrisiken und Rechtsverletzungen
Ozturks Anwälte von der American Civil Liberties Union (ACLU) argumentieren, ihre Festnahme verstoße klar gegen die Verfassungsrechte auf Meinungsfreiheit und rechtliches Gehör. Sie fordern ihre sofortige Freilassung.
Seit ihrer Festnahme wurde Ozturk entgegen richterlicher Anordnung mehrfach verlegt – zuletzt ins berüchtigte ICE-Gefängnis in Basile, Louisiana, das laut ACLU für seine mangelhafte medizinische Versorgung bekannt ist. Ozturk erlitt dort mehrere Asthmaanfälle. Ihre Gesundheit sei ernsthaft gefährdet, so ihre Anwältin Jessie Rossman.
Symbol für Repression?
„Jeder weitere Tag, an dem Rumeysa Ozturk in Haft ist, verletzt ihre Bildung, ihre Gesundheit und ihre freie Meinungsäußerung“, erklärte Rossman. „Ihre Inhaftierung sendet ein gefährliches Signal: Wer die Regierung kritisiert, wird bestraft.“
Ob Richter Sessions den Mut hat, gegen eine zunehmend autoritäre Regierung zu entscheiden – und ob diese seine Entscheidung respektiert –, bleibt abzuwarten. Doch schon jetzt steht fest: Der Fall Ozturk ist weit mehr als ein Einzelfall – er ist ein Test für Amerikas demokratische Grundfesten.