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Kanadas Auto-Herzstück in Sorge: US-Zölle bedrohen tausende Jobs in Windsor

OpenClipart-Vectors (CC0), Pixabay

In Windsor, der traditionsreichen Auto-Hauptstadt Kanadas, herrscht Angst vor einem wirtschaftlichen Albtraum. Die von US-Präsident Donald Trump verhängten Strafzölle auf ausländische Fahrzeuge – bis zu 25 Prozent – könnten die Existenzgrundlage von tausenden Arbeiterinnen und Arbeitern im Automobilsektor gefährden.

Kathryn Lawton und ihr Ehemann arbeiten bei Ford in Windsor, wie schon Generationen vor ihnen. Ihre Kinder sind die fünfte Generation in der Branche. „Das hier ist Ford City“, sagt sie. „Diese Jobs waren nie amerikanisch – sie waren immer kanadisch“, ergänzt ihr Ehemann Chad Lawton, der seit über 30 Jahren für Ford arbeitet.

Doch mit den neuen US-Zöllen auf Autos, Stahl und Aluminium – und bald auch auf Autoteile – steht die Region vor einer Krise. Zwar gelten für Kanada reduzierte Zölle auf Fahrzeuge mit mindestens 50 % US-Komponenten, doch das hilft vielen Betrieben kaum weiter.

Eine Region mit Auto-DNA

Windsor liegt direkt gegenüber von Detroit, der „Motor City“ der USA. Seit Ford 1896 seine erste Fabrik hier eröffnete, entwickelte sich die Region zu einem Zentrum der nordamerikanischen Autoproduktion. Heute gibt es noch zwei Ford-Motorenwerke und ein Stellantis-Montagewerk, in denen tausende Menschen arbeiten. Rund 24.000 Jobs hängen direkt an der Autoindustrie in Windsor-Essex, insgesamt sind es über 120.000.

Die tiefe Integration der nordamerikanischen Lieferketten sorgt jedoch dafür, dass Veränderungen auf der einen Seite der Grenze sofort Auswirkungen auf die andere haben.

„Das fühlt sich an wie ein Déjà-vu aus der Finanzkrise 2008“, sagt Chad Lawton. Damals mussten GM und Chrysler durch milliardenschwere US-Staatshilfen vor der Pleite gerettet werden. Auch Windsor litt schwer. Doch diesmal sei es schlimmer, sagt er: „Die Angst ist allgegenwärtig. Die Kontrolle über die Situation ist völlig entglitten.“

Politischer Zündstoff vor der Wahl

Die Zölle spielen auch im Wahlkampf in Kanada eine zentrale Rolle. Premierminister Mark Carney (Liberale) versprach einen Fonds in Höhe von 2 Mrd. CAD zur Sicherung von Jobs und zum Aufbau einer rein kanadischen Zulieferkette. Zusätzlich verhängte seine Regierung Vergeltungszölle im Wert von 35 Mrd. CAD auf US-Autoexporte.

Oppositionsführer Pierre Poilievre (Konservative) will hingegen die Mehrwertsteuer auf kanadische Autos abschaffen und betroffene Firmen direkt unterstützen. Der linke NDP-Vorsitzende Jagmeet Singh kündigte an, alle Einnahmen aus Gegenzöllen zur Unterstützung der Arbeiter zu verwenden und Firmen an der Abwanderung zu hindern.

Alltag in Unsicherheit

Für viele in Windsor ist der Alltag bereits von Angst geprägt. Christina Grossi, seit 25 Jahren bei Ford, sagt: „Es ist nicht nur der Job. Es ist ein Teil meiner Identität. Jetzt habe ich Angst, das zu verlieren.“ Austin Welzel von Stellantis empfindet die US-Maßnahmen als „Stich in den Rücken“: „Es ist, als wollten unsere Freunde und Nachbarn nicht mehr mit uns arbeiten.“

Auch lokale Unternehmen wie „The Penalty Box“, ein beliebtes Restaurant nahe dem Stellantis-Werk, geraten unter Druck. Inhaber Van Niforos: „Wenn das Werk leidet, leiden wir alle. Wir beschäftigen 60 Leute. Wenn das Werk stillsteht, können wir das nicht halten.“

Die ganze Branche unter dem Mikroskop

Laut Laura Dawson vom Future Borders Coalition könnten bereits kurze Exportunterbrechungen schwerwiegende Folgen haben. Die neuen US-Vorgaben verlangen für jedes Autoteil Nachweise über Herkunft, Material und Fertigung – ein logistischer Albtraum.

Chad Lawton sieht die Lage düster: „Selbst Covid war besser. Da wussten wir wenigstens, womit wir es zu tun hatten. Jetzt ist alles chaotisch und ungewiss.“

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