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Landgericht Bielefeld

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qimono (CC0), Pixabay

Landgericht Bielefeld

0020 KLs-6 Js 70/12-24/17

In dem o.g. Verfahren sind die Verantwortlichen der Firma Finanzberatung Zürich GmbH, Thurgauer Straße 40, 8050 Zürich, und weiterer Unternehmen wegen Beihilfe zum versuchten Betrug bzw. wegen versuchten Betruges verurteilt worden. Die Unternehmensverantwortlichen beauftragten mehrere Callcenter, Beteiligungen an Lottospielgemeinschaften, die unter den Bezeichnungen „Exclusivwin“, „European System Lotto“, „Euroglück“, Euroglück Plus“, „Euro-Million-Lotto“ und „Glücksgarantie“ durch die von ihnen beherrschten Unternehmen angeboten wurden und die an der europäischen Lotterie „Euro Millions“ teilnehmen sollten, deutschlandweit zu vertreiben und die Teilnahmebeträge von den Konten der Teilnehmer im Lastschriftverfahren einzuziehen. Um die angerufenen Personen zur Teilnahme zu veranlassen, wurde diesen verschwiegen, dass nur ein geringer Teil der eingezogenen Gelder tatsächlich für den Erwerb von Lottospielscheinen verwendet werden sollte. Soweit sich die Telefonkunden zur Beteiligung an einer Lottospielgemeinschaft verpflichteten, erfolgte der Einzug der Lastschriften im Folgenden auf Grund durch die Finanzberatung Zürich GmbH abgeschlossener Händlerverträge über ein Konto des Zahlungsdienstleisters afendis payment solutions AG, Marsstraße 26, 80335 München.

Das Landgericht Bielefeld hat durch Urteil vom 02.03.2020, rechtskräftig seit dem 10.03.2020, erkannt, dass lediglich deshalb nicht auf Verfall von Wertersatz gegen die Finanzberatung Zürich GmbH und die Royal Innovation Factory AG erkannt wird, weil Ansprüche der Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 S. 2 StGB in der vor vom 01.07.2017 geltenden Fassung entgegenstehen. Der Wert des von der Fa. Finanzberatung Zürich GmbH Erlangten wurde in Höhe eines Betrages von 1.262.966,47 € festgestellt und der Wert des von der Fa. Royal Innovation Factory AG Erlangten in Höhe eines Betrages von 906.165,- €. Beide haften bis zur Höhe des zuletzt genannten Betrages als Gesamtschuldner.
Mit Beschluss vom 16.07.2015 hat das Gericht den dinglichen Arrest in das Gesellschaftsvermögen der Finanzberatung Zürich GmbH in Höhe von 1.297.967,- € und in das Gesellschaftsvermögen der Royal Innovation Factory AG in Höhe von 906.165,- € für drei Jahre aufrechterhalten. Die Drei-Jahres-Frist, innerhalb derer die Verletzten tätig werden müssen, beginnt mit Rechtskraft des Urteils, die am 10.03.2020 eingetreten ist.
Mit Beschluss des Landgerichts Bielefeld vom 02.03.2020 hat es entschieden, dass die Arrestbeschlüsse des Amtsgerichts Bielefeld vom 17.06.2013 (9 Gs 3466/13) und 21.06.2013 (9 Gs 3667/13) in der Fassung des Beschlusses der 9. Kammer vom 16.07.2015 aufrechterhalten bleiben, der Beschluss vom 17.06.2013 mit der Maßgabe, dass die Arrestsumme sowie der zur Abwendung/Aufhebung des Arrestes erforderliche Hinterlegungsbetrag dem Urteil vom heutigen Tage angepasst und auf 1.261.966,47 € bestimmt werden.

Gem. § 111i Abs. 5 StPO (in der Fassung vor dem 31.03.2012) erwirbt der Staat mit Ablauf von drei Jahren ab Rechtskraft des Urteils die bezeichneten Vermögenswerte entsprechend § 73e Abs. 1 StGB (in der Fassung vor dem 30.06.2017) sowie einen Zahlungsanspruch in Höhe des festgestellten Betrages, soweit nicht

1. der Verletzte zwischenzeitlich wegen seiner Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung verfügt hat,

2. der Verletzte nachweislich aus Vermögen befriedigt worden ist, das nicht beschlagnahmt oder im Wege der Arrestvollziehung gepfändet worden war,

3. zwischenzeitlich Sachen nach § 111k StPO (in der Fassung vor dem 24.07.2015) an den Verletzten herausgegeben oder hinterlegt worden sind oder

4. Sachen nach § 111k StPO (in der Fassung vor dem 24.07.2015) an den Verletzten herauszugeben gewesen wären und dieser die Herausgabe vor Ablauf der in Absatz 3 genannten Frist beantragt hat.

Zugleich kann der Staat das durch die Vollziehung des dinglichen Arrestes begründete Pfandrecht nach den Vorschriften des Achten Buches der Zivilprozessordnung verwerten. Der Erlös sowie hinterlegtes Geld fallen dem Staat zu. Mit der Verwertung erlischt der nach Satz 1 entstandene Zahlungsanspruch auch insoweit, als der Verwertungserlös hinter der Höhe des Anspruchs zurückbleibt.

Die Folgen des § 111i Abs. 5 StPO treten dann ein, wenn die Verletzten untätig bleiben.

Auf die Möglichkeit, Ansprüche im Wege der Zwangsvollstreckung oder Arrestvollziehung durchzusetzen, wird hingewiesen.

Die Staatsanwaltschaft und das Gericht in Bielefeld führen Rückgewinnungshilfe zugunsten der Geschädigten durch.

Folgende Vermögenswerte wurden vorläufig gesichert:

auf Grund des Arrestes des AG Bielefeld vom 17.06.2013 (9 Gs 3466/13) Forderungen der Finanzberatung Zürich GmbH gegen die Volksbank Hochrhein eG, Schaffhauser Straße 9, 79798 Jestetten,

auf Grund des Arrestes des AG Bielefeld vom 17.06.2013 (9 GS 3466/13) Forderungen der Finanzberatung Zürich GmbH gegen die afendis payment solutions AG,

auf Grund des Arrestes des AG Bielefeld vom 21.06.2013 (9 Gs 3667/13) Forderungen der Royal Innovation Factory AG, Industriestraße 21, 6055 Alpnach Dorf gegen die afendis payment solutions AG.

Weder Staatsanwaltschaft noch Gericht dürfen schriftlich oder telefonisch weitere Empfehlungen für die Durchsetzung der zivilrechtlichen Forderungen geben.

Mit freundlichen Grüßen

 

Willeke
Richterin am Landgericht

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