Start Politik International Bundesverfassungsgericht gegen Europäischer Gerichtshof?

Bundesverfassungsgericht gegen Europäischer Gerichtshof?

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geralt (CC0), Pixabay

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gab am Dienstag Klagen gegen das Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank (EZB) überwiegend statt und setzte sich damit offen über ein anderslautendes Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hinweg.

In dem Urteil ging es um das im Jahr 2015 gestartete EZB-Programm PSPP (Public Sector Purchase Programme), durch das die Zentralbank bis Ende 2018 bereits 2,6 Billionen Euro in die Finanzmärkte pumpte. Die Karlsruher Verfassungsrichter kritisierten das Vorgehen der EZB, die demnach hätte prüfen müssen, ob die Maßnahmen verhältnismäßig sind. Bundesregierung und Bundestag wiederum hätten Grundrechte verletzt, weil sie nicht dagegen vorgegangen seien. Einen Verstoß gegen das Verbot einer monetären Haushaltsfinanzierung in den Eurostaaten stellte das Verfassungsgericht aber nicht fest.

Die EZB erklärte bezüglich des Urteils, dass sie weiterhin „alles Notwendige“ tun werde, um für Preisstabilität zu sorgen. (Az. 2 BvR 859/15 u.a.) Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte, dass der EZB-Rat eine Frist von drei Monaten habe, die Verhältnismäßigkeit des Programms darzulegen. „Die Erfüllung dieser Vorgabe unter Beachtung der Unabhängigkeit des EZB-Rats werde ich unterstützen“, erklärte Weidmann.

Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle hob zudem hervor, dass aktuelle Programme der EZB in der Corona-Krise nicht Gegenstand der Entscheidung gewesen seien und betonte, dass das Verfassungsgericht erstmals in seiner Geschichte festgestellt habe, „dass Handlungen und Entscheidungen europäischer Organe offensichtlich nicht von der europäischen Kompetenzordnung gedeckt sind und daher in Deutschland keine Wirksamkeit entfalten können“. Dabei hätten die durchgeführten Maßnahmen aber „erhebliche ökonomische Auswirkungen auf nahezu alle Bürger“, die davon als Aktionäre, Mieter, Immobilienbesitzer, Sparer oder Versicherungsnehmer betroffen seien.

Im Dezember 2018 hatte der EuGH die Anleihenkäufe in einem Urteil als rechtens eingestuft. Die Kommission werde das Urteil aus Karlsruhe nun eingehend prüfen, sagte ein Sprecher der Brüsseler Behörde.

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