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ARFB Anlegerschutz gegen Porsche Automobil Holding

338

13 Kap 1/16
18 OH 2/16 Landgericht Hannover
Beschluss
In dem Kapitalanlegermusterverfahren

ARFB Anlegerschutz UG (haftungsbeschränkt) gegen Porsche Automobil Holding SE u. a.

Das Ablehnungsgesuch der Elliott-Beigeladenen vom 30. November 2018 wird als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe:

Das Ablehnungsgesuch ist rechtsmissbräuchlich und damit unzulässig.
Abgelehnte Richter können über ein Ablehnungsgesuch selbst entscheiden, wenn es offensichtlich lediglich dazu dient, das Verfahren zu verschleppen (BVerfG, Beschl. v. 14.11.2007 – 2 BvR 1849/07; BGH; Beschl. v. 21.06.2007 – V ZB 3/07; Musielak/Voit, § 45 ZPO Rn. 3 m.w.N.). So ist es hier.

1. a) Der Senat hat in der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2017 sein vorläufiges Beratungsergebnis dahingehend offengelegt, dass die Musterfeststellungsklage keinen Erfolg haben dürfte. Daraufhin haben der Rechtsanwalt Dr. Adametz im Namen der Beigeladenen Elliott u.a., Rechtsanwalt Tilp für die Musterklägerin und in der Folgezeit auch für die Beigeladene Tremblant sowie Rechtsanwalt Tränkner für den Beigeladenen Dr. Rall mit einer Vielzahl unbegründeter, überwiegend bereits unschlüssiger Ablehnungsgesuche, Gegenvorstellungen und weiterem prozessualen Handeln darauf hingewirkt, das Verfahren zu verzögern. Insgesamt acht Richter des Oberlandesgerichts sind nach der ersten mündlichen Verhandlung als befangen abgelehnt worden, teilweise mehrfach:

Noch in der mündlichen Verhandlung hat Rechtsanwalt Dr. Adametz die anwesenden Richter des Senats wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, weil der Vorsitzende bei der Erläuterung der vorläufigen Rechtsauffassung sinngemäß ausgeführt habe, dass Leerverkäufe insgesamt, insbesondere aber Hedge-Fonds im Rahmen des § 826 BGB nicht schutzwürdig seien und eine Sittenwidrigkeit ihnen gegenüber ausscheide. Der Vertreter der Musterklägerin, Rechtsanwalt Tilp, hat anschließend erklärt, dass die Musterklägerin sich dem Ablehnungsgesuch anschließe (GA XVIII 3461 f.). Tatsächlich hatte der Vorsitzende aber ausgeführt, dass der Senat nicht darauf abstellen werde, dass es sich bei den Klägern der Ausgangsverfahren teilweise um Hedge-Fonds handele. Er hat ferner ausgeführt, dass nach Entscheidungen der Oberlandesgerichte Stuttgart und Braunschweig im Rahmen der Gesamtschau bei § 826 BGB auch das riskante Geschäftsmodell des Leerverkaufs in den Blick zu nehmen sei, dass der Senat aber noch nicht abschließend beraten habe, ob er diesen Aspekt berücksichtigen werde. Soweit der Vorsitzende im Termin gesagt hat, dass das Oberlandesgericht Braunschweig den Standpunkt vertreten habe, dass es gegen die Sittenwidrigkeit einer Falschinformation spreche, wenn es sich bei den davon betroffenen Geschäftsabschlüssen um hochristkante Kurswetten in einem von Stimmungsschwankungen außerordentlich abhängigen Anlagenumfeld handele, und angefügt hat „Wir meinen, dass das hier gesagt werden kann“, hat sich letzteres nur auf den Umstand der hochriskanten Kurswetten in einem volatilen Umfeld bezogen. Dies ergab sich zweifelsfrei aus folgenden anschließenden Sätzen: „Wir würden nicht darauf abstellen – wir wissen es auch nicht -, dass es sich teilweise oder vielleicht ganz überwiegend um Hedge-Fonds handelt. Es sind hier auch andere Anleger beteiligt. HWO ist sicher kein Hedge-Fonds, Dr. Rall auch nicht. Darauf werden wir auch nicht abstellen. Aber die Geschädigten sind sämtlich Investoren, die Leerverkäufe getätigt haben oder Call-Optionen verkauft haben und dadurch eine Wette über den Kursverlauf abgeschossen haben. … Wir sind uns aber nicht sicher ob wir diesen Gedanken bringen können … weil man auch argumentieren könnte, die Leerverkäufer handeln rechtskonform. Sie spekulieren zwar und gehen ein sehr großes Risiko ein, sie handeln aber rechtskonform, und deshalb darf ihr Anspruch aus § 826 BGB nicht eingeschränkt werden. Ob wir diesem Gedanken Rechnung tragen, … das habe wir noch nicht abschließend beraten“ (Stenografische Mitschriften der Parteien GA XXI 4197, XVIII 3491). In Bezug auf die von dem Oberlandesgericht Braunschweig weiter vertretene rechtliche Wertung, diese Umstände sprächen gegen die Sittenwidrigkeit, hat der Senat demgegenüber ausdrücklich entgegenstehende Gesichtspunkte dargestellt und offengelegt, dass – auch insoweit – noch kein abschließendes Beratungsergebnis vorlag. Somit deutet bereits die Begründung der in der mündlichen Verhandlung gestellten Befangenheitsanträge auf eine bloße Verzögerungsabsicht hin. Dafür spricht auch, dass sich Befangenheitsanträge regelmäßig nicht auf die Bekanntgabe einer vorläufigen Rechtsauffassung stützen lassen.

Mit Schriftsatz vom 20. Oktober 2017 hat die Beigeladene Elliott weitere nicht stichhaltige Begründungen für das Ablehnungsgesuch angeführt (GA XIX 3614). Die Musterklägerin hat sich mit Schriftsatz vom selben Tag angeschlossen (GA XIX 3668). Diese Ablehnungsgesuche sind durch Beschluss vom 23. Oktober 2017 als unbegründet zurückgewiesen worden (GA XIX 3692).

Den Beschluss vom 23. Oktober 2017 hat Rechtsanwalt Tilp im Namen der Musterklägerin am 30. Oktober 2017 mit einer Gehörsrüge angegriffen (GA XIX 3783). Rechtsanwalt Dr. Adametz hat mit Schriftsatz vom 6. November 2017 die Richter, die die Ablehnungsgesuche zurückgewiesen haben, ihrerseits als befangen abgelehnt. Dieser Antrag war mit einer weiteren Gehörsrüge gegen den Beschluss vom 23. Oktober 2017 verbunden (GA XX 3867). Das Ablehnungsgesuch und beide Gehörsrügen sind durch Beschlüsse vom 27. und 28. November 2017 zurückgewiesen worden (GA XX 3925, 3965). Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2017 hat der in der mündlichen Verhandlung nicht aufgetretene Beigeladene Dr. Rall durch seinen Verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt Tränkner die Senatsmitglieder, die an der mündlichen Verhandlung teilgenommen haben, wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (GA XIX 3799). Das Ablehnungsgesuch ist durch Beschluss vom 28. November 2017 zurückgewiesen worden (GA XX 3953). Gegen den Zurückweisungsbeschluss hat der Beigeladene Dr. Rall am 18. Dezember 2017 eine Gehörsrüge eingelegt (GA XXI 4045). Die Gehörsrüge ist durch Beschluss vom 9. Februar 2018 zurückgewiesen worden (GA XXII 4323). Am 18. Dezember 2017 hat Rechtsanwalt Dr. Adametz namens der Beigeladenen Elliott eine Gehörsrüge gegen den das Ablehnungsgesuch vom 6. November 2017 zurückweisenden Beschluss vom 27. November 2017 eingelegt (GA XXI 4051). Am selben Tag hat Rechtsanwalt Tränkner für den Beigeladenen Dr. Rall eine Gehörsrüge gegen den Beschluss vom 28. November 2018 erhoben (GA XXI 4045). Mit Schriftsätzen vom 15. und 18. Dezember 2017 hat Rechtsanwalt Tilp mitgeteilt, dass er auch die Beigeladene Tremblant vertrete, und in deren Namen ein Ablehnungsgesuch gegen die Richter Wiese, Dr. Böttcher und Thomas eingereicht (GA XX 4020, XXI 4138). Rechtsanwalt Dr. Adametz hat sich am 22. Dezember 2018 für die Beigeladene Elliott dem Ablehnungsgesuch angeschlossen (GA XXI 4203). Die Gehörsrüge vom 18. Dezember 2017 ist durch Beschluss vom 11. Januar 2018 zurückgewiesen worden (GA XXI 4244). Die Ablehnungsgesuche vom 18. und 22. Dezember 2017 sind durch Beschluss vom 9. Februar 2018 zurückgewiesen worden (XXII 4304). Gegen diesen Beschluss hat Rechtsanwalt Dr. Adametz für die Beigeladene Elliott unter dem 5. März 2018 eine Gehörsrüge erhoben (GA XXIII 4470). Diese ist mit Beschluss vom 22. März 2018 zurückgewiesen worden (GA XXV 4539). Mit Schriftsatz vom 6. März 2018 hat Rechtsanwalt Tilp für die Beigeladene Tremblant die Richter, die durch Beschluss vom 9. Februar 2018 die Ablehnungsgesuche zurückgewiesen haben, als befangen abgelehnt (GA XXIII 4497) und das Ablehnungsgesuch durch Schriftsatz vom 27. März 2018 ergänzend begründet (GA XXV 4598). Das Ablehnungsgesuch ist durch Beschluss vom 21. März 2018 zurückgewiesen worden (GA XXV 4525). Gegen diesen Beschluss hat Rechtsanwalt Tilp mit Schriftsatz vom 11. April 2018 eine Gehörsrüge erhoben (GA XXV 4700). Die Gehörsrüge ist durch Beschluss vom 13. April 2018 zurückgewiesen worden (GA XXV 4703). Mit Schriftsatz vom 22. Mai 2018 hat Rechtsanwalt Dr. Adametz im Namen der Beigeladenen Elliott den Vorsitzenden Richter Wiese wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt (GA XXVI 4946) und das Ablehnungsgesuch mit Schriftsatz vom 12. Juni 2018 ergänzend begründet (GA XXVII 5110). Die Musterklägerin hat sich dem Ablehnungsgesuch durch Schriftsatz des Rechtsanwalts Tilp vom 6. Juni 2018 angeschlossen (GA XXVII 5076). Mit Schriftsatz vom 20. Juni 2018 haben die Rechtsanwälte Tilp und Dr. Adametz für die Musterklägerin und die Beigeladene Elliott ein weiteres Ablehnungsgesuch, dieses Mal gegen die Senatsmitglieder Wiese und Keppler, eingelegt (GA XXVII 5157). Dieses Ablehnungsgesuch haben sie mit Schriftsätzen vom 12. Juli 2018 und vom 29. August 2018 ergänzend begründet und hilfsweise einen neuen Befangenheitsantrag gestellt (GA XXVIII 5239, 5300, 5307). Rechtsanwalt Tränkner hat sich in einem Schriftsatz vom 7. September 2018 im Namen des Beigeladenen Dr. Rall den „neuen Befangenheitsanträgen“ im Schriftsatz vom 29. August 2018 angeschlossen (XXVIII 5334). Die Ablehnungsgesuche vom 22. Mai 2018, vom 20. Juni 2018 und vom 7. September 2018 sind durch Beschluss vom 10. September 2018 zurückgewiesen worden (XXVIII 5372). Am 25. September 2018 hat die Musterklägerin eine Anhörungsrüge gegen den die Ablehnungsgesuche zurückweisenden Beschluss vom 10. September 2018 erhoben und diese durch Schriftsatz vom 1. Oktober 2018 ergänzt (XXIX 5525, 5571). Gleichzeitig hat sie einen Befangenheitsantrag gegen die Richterin Meier-Hoffmann gestellt (XXIX 5538). Mit Schriftsatz vom 28. September 2018 hat Rechtsanwalt Dr. Adametz für die Beigeladene Elliott eine Anhörungsrüge gegen den die Ablehnungsgesuche zurückweisenden Beschluss vom 10. September 2018 erhoben (XXIX 5551). Diese Anhörungsrüge sowie die Anhörungsrüge der Musterklägerin vom 25. September 2018 sind durch Beschluss vom 8. Oktober 2018 zurückgewiesen worden (XXIX 5607). Das gegen die Richterin Meier-Hoffmann gerichtete Ablehnungsgesuch der Musterklägerin vom 25. September 2018 ist mit Beschluss vom 4. Oktober 2018 zurückgewiesen worden (XXIX 5584). Wegen des durchweg unbegründeten, ganz überwiegend bereits unschlüssigen Inhalts der Ablehnungsgesuche/Gegenvorstellungen wird auf die betreffenden Schriftsätze sowie auf die Zurückweisungsbeschlüsse Bezug genommen.

b) Am 8. März 2018 hat die Beigeladene Tremblant „in Kenntnis der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 24.11.2008 … II ZB 4/08“ (wonach eine Rechtsbeschwerde gegen die ein Ablehnungsgesuch zurückweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts im Kapitalanleger-Musterverfahren nicht statthaft ist) beim Bundesgerichtshof Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss vom 9. Februar 2018 eingelegt und eine Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist um zwei Monate, später eine weitere Verlängerung um einen Monat beantragt (GA XXV 4564, 4567, GA XXIV 27). Beide Fristverlängerungen sind bewilligt worden. Nach Ablauf von mehr als drei Monaten hat die Beigeladene die Rechtsbeschwerde, ohne sie begründet zu haben, zurückgenommen (Schriftsatz vom 13. Juni 2018 XXIV 38). Der angegebene Grund für die Rücknahme, dass Frau Dr. Böttcher und Herr Thomas inzwischen aus dem Senat ausgeschieden seien, ist insoweit fragwürdig, als der Vorsitzende Richter Wiese weiterhin für das KapMuG-Verfahren zuständig ist. In dem mit der Rechtsbeschwerde angegriffenen Beschluss vom 9. Februar 2018 waren die Ablehnungsgesuche vom 18. und 22. Dezember 2017 gegen alle drei Richter zurückgewiesen worden (GA XII 4314).

c) Am 1. November 2017 hat der Vorsitzende die zu diesem Zeitpunkt noch anberaumten weiteren Verhandlungstermine aufgehoben, weil die mündliche Verhandlung nicht vor Erledigung der von der Musterklägerin erhobenen Gehörsrüge und des Ablehnungsgesuchs des Beigeladenen Dr. Rall fortgesetzt werden konnte (GA XIX 3820). Mit Beschluss vom 30. November 2017 hat der Senat den Prozessbevollmächtigten aufgegeben, bis zum 15. Dezember 2017 mitzuteilen, an welchen Tagen sie in der Zeit vom 12. Februar 2017 bis zum 13. Juni 2018 verhindert sind, an weiteren Verhandlungsterminen teilzunehmen (GA XX 3980). Am Tag des Fristablaufs hat Rechtsanwalt Tilp mitgeteilt, dass ihm eine Terminplanung nicht vor dem 15. Januar 2018 möglich sei (GA XX 4016). Mit Schriftsatz vom selben Tag hat Rechtsanwalt Dr. Adametz mitgeteilt, dass es ihm noch nicht möglich gewesen sei, eine Terminabsprache vorzunehmen (GA XX 4033). Erst mit Schriftsatz vom 31. Januar 2018 haben die Rechtsanwälte Tilp und Dr. Adametz fünf Tage Anfang/Mitte Juni 2018 benannt, an denen ihre Kanzleien nicht verhindert seien (GA XXII 4284). Schon der Umstand, dass die Anwälte ca. zwei Monate vergingen ließen und dann nur fünf mögliche Verhandlungstage mitgeteilt haben, spricht dafür, dass es um eine Verfahrensverschleppung ging. Für eine Verzögerungsabsicht spricht weiter folgendes: Mit Beschluss vom 5. März 2018 hat der Senat den Prozessbevollmächtigten aufgegeben, bis zum 6. April 2018 mitzuteilen, an welchen Tagen sie ab dem 16. Juli 2018 bis Ende 2018 verhindert seien, an weiteren Verhandlungsterminen teilzunehmen (GA XXII 4430). Darauf haben die Rechtsanwälte Tilp und Dr. Adametz erklärt, den Prozessbevollmächtigten der Musterklägerin sei es nicht möglich, Termine im Juli und August 2018 wahrzunehmen; ob ihnen Termine ab September 2018 möglich seien, könne noch nicht abschließend beurteilt werden; gleichzeitig haben sie mitgeteilt, sie sähen sich wegen eines Verfahrens vor dem Landgericht Stuttgart außerstande, die von ihnen für Juni 2018 bereits zugesagten Termine wahrzunehmen (GA XXV 4653f.). Am 9. Mai 2018 (nach Einarbeitung des neuen Berichterstatters) hat der Vorsitzende Verhandlungstermine auf die von den Rechtsanwälten Tilp und Dr. Adametz am 31. Januar 2018 genannten Tage im Juni 2018 bestimmt. Er hat den Beteiligten mitgeteilt, dass er sich wegen der von den Rechtsanwälten Tilp und Dr. Adametz für Juni 2018 vorgetragenen Hinderungsgründe um eine Absprache mit dem Landgericht Stuttgart bemühe, und für den Fall, dass dies nicht gelinge, erwäge, die Termine am 12. und/oder 14. Juni 2018 wieder aufzuheben (GA XXVI 4780). Darauf haben Rechtsanwalt Dr. Adametz im Namen der Beigeladenen Elliott und Rechtsanwalt Tilp für die Musterklägerin mit einem neuen Befangenheitsgesuch reagiert, das sie u.a. damit begründet haben, der Vorsitzende habe in ein Verfahren an einem anderen Gericht einzugreifen versucht, um die Interessen einer Partei zu verfolgen (GA XXVI 4946, XXVII 5076). Mit Schriftsatz vom 15. Mai 2018 hat Rechtsanwalt Tilp für die Musterklägerin beantragt, die Termine im Juni 2018 aufzuheben (GA XXVI 4826). Erst in diesem Schriftsatz hat er – zugleich für die Kanzlei Broich – spätere mögliche Verhandlungstermine im Zeitraum 24. Oktober 2018 bis 21. Dezember 2018 benannt. Daraufhin hat der Vorsitzende mit Verfügung vom 23. Mai 2018 die im Juni 2018 anberaumten Termine auf neue Termine ab dem 24. Oktober 2018 verlegt (GA XXVI 4970). Der Senat sieht in der mangelnden Kooperation bei der Abstimmung möglicher Verhandlungstermine einen weiteren Hinweis auf die Absicht der Prozessverschleppung.

d) Für eine solche Absicht spricht auch der späte und bis zum zweiten Verhandlungstermin – ein Jahr nach dem ersten Termin – ausdrücklich unvollständige Vortrag der Musterklägerin und der Beigeladenen Elliott zu der Frage, welche Feststellungsziele Gegenstand des Verfahrens sein sollen. In der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2017 hat der Senat nach Erörterung der bis dahin noch nicht beschiedenen Erweiterungsanträge – vor Bekanntgabe des vorläufigen Beratungsergebnisses – mitgeteilt, dass den Beteiligten Gelegenheit gegeben wird, innerhalb einer Woche zu den noch nicht beschiedenen Erweiterungsanträgen und zu den insoweit ergangenen Hinweisen Stellung zu nehmen (GA XVIII 3460). Dagegen haben die anwesenden Prozessbevollmächtigten keine Einwände vorgebracht. Durch Beschluss vom 26. Oktober 2017 hat der Senat die Frist verlängert und mitgeteilt, dass zu sämtlichen noch nicht beschiedenen Erweiterungsanträgen bis zu dem – zu diesem Zeitpunkt noch nicht aufgehobenen – Termin am 3. November 2017 Stellung genommen werden kann (GA XIX 3748). Daraufhin hat Rechtsanwalt Tilp mit Schriftsatz vom 3. November 2017 erklärt, dass sein Büro dies nicht als Fristsetzung auf den 3. November 2017 verstehe und bitte, gegebenenfalls eine Frist zur Stellungnahme zu setzen, hilfsweise beantrage er Fristverlängerung bis Ablauf einer Woche nach Beendigung des Ablehnungsverfahrens (GA XX 3843). Mit Beschluss vom 30. November 2017 hat der Senat wegen der Feststellungsziele einen Hinweis auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 19. September 2017 – XI ZB 17/15 gegeben und eine neue Stellungnahmefrist bis zum 31. Januar 2018 gesetzt (GA XX 3980). Bis zum Verhandlungstermin am 30. Oktober 2018 haben die Musterklägerin und die Beigeladene Elliott nicht abschließend mitgeteilt, welche Feststellungen von ihnen begehrt werden sollen. Sie haben vielmehr mit Schriftsatz vom 15. Oktober 2018 angekündigt, „erst nachdem alle Unklarheiten ausgeräumt seien“ sei es ihnen möglich, abschließende Erweiterungsanträge zu stellen (GA XXX 5652, 5654).

e) Für eine Verzögerungsabsicht spricht weiter der nur schleppend erfolgte Vortrag der Musterklägerin und der von den Rechtsanwälten Tilp, Dr. Adametz und Tränkner vertretenen Beigeladenen zu der im Termin am 12. Oktober 2017 erfolgten Offenlegung des vorläufigen Beratungsergebnisses. Mit Beschluss vom 30. November 2017 hat der Senat den Beteiligten eine Frist bis zum 31. Januar 2018 zur Ergänzung ihres Vorbringens aufgrund der im Verhandlungstermin und im Beschluss vom 26. Oktober 2017 mitgeteilten Hinweise gesetzt (GA XX 3980). Auf Antrag der Rechtsanwälte Tilp und Dr. Adametz für die von ihnen vertretenen Beteiligten hat der Senat diese Frist mit Beschluss vom 5. März 2018 bis zum 6. April 2018 verlängert; eine weitergehende Fristverlängerung hat er abgelehnt und darauf hingewiesen, dass die gesetzten richterlichen Fristen unabhängig von Befangenheitsgesuchen laufen (GA XXII 4429). Erst unmittelbar vor dem zweiten Verhandlungstermin am 30. Oktober 2018, nämlich am 15. Oktober 2018, haben die Musterklägerin und die Beigeladene Elliott in einem 178 Seiten umfassenden Schriftsatz ergänzend Stellung genommen. Sie haben in diesem Schriftsatz vorgetragen, dass die Stellungnahme zu dem bisherigen Vortrag der Musterbeklagten erfolge, und dass der Schriftsatz keine abschließenden Ausführungen zu der in der mündlichen Verhandlung vom 12. Oktober 2017 geäußerten vorläufigen Einschätzung des Gerichts enthalte (GA XXXI 5831f.). In weiteren Verhandlungsterminen im November 2018 hat Rechtsanwalt Tilp darüber hinaus umfangreich über mehrere Stunden „Verständnisfragen“ zu der geäußerten Rechtsauffassung formuliert, anstatt diese Fragen, die für ihn grundlegend seien, entsprechend § 129 Abs. 1 ZPO zeitnah nach dem ersten Termin der mündlichen Verhandlung im Oktober 2017 schriftsätzlich gestellt zu haben. Dabei hatte er diese Fragen nach eigenem Bekunden bislang nicht derart vorbereitet, dass er sie zeitnah hätte schriftsätzlich formulieren können.

Eine weitergehende Stellungnahme der Musterklägerin in der Sache ist auch in den mündlichen Verhandlungsterminen am 30. Oktober, sowie am 20. und 23. November 2018 nicht erfolgt. Rechtsanwalt Tilp hat zu Beginn der Sitzung beantragt, der Senat solle feststellen, dass der Beschluss vom 29. Oktober 2018 über die Zurückweisung der Gehörsrüge nichtig und das der Gehörsrüge zugrunde liegende Ablehnungsverfahren nicht beendet sei (GA XXXIII 6244, 6248). Der Senat hat den Antrag zurückgewiesen (GA XXXIII 6245, 6250). Daraufhin hat Rechtsanwalt Broich für die Beigeladene Elliott um eine Unterbrechung gebeten, damit geprüft werden könne, ob ein weiterer Antrag auf Feststellung der Nichtigkeit gestellt werden solle. Nach Gewährung einer Pause hat er erklärt, dass ein solcher Antrag nicht gestellt sondern stattdessen die ordnungsgemäße Besetzung des Gerichts gerügt werde (GA XXXIII 6246, 6251). Der Senat hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil das Gericht zwar in jeder Lage des Verfahrens die ordnungsgemäße Besetzung zu prüfen hat, eine Entscheidung hierüber durch Beschluss nach der Zivilprozessordnung – anders als nach § 222b Abs. 2 StPO – aber nicht vorgesehen ist (GA XXXIII 6246, 6252). Daraufhin hat Rechtsanwalt Tilp beantragt, die Sitzung zu vertagen, bis über den von Rechtsanwalt Broich gestellten Antrag – Besetzungsrüge – entschieden sei, und bis ferner über die von ihm nunmehr beantragte Gegenvorstellung gegen den Beschluss des Senats vom 29. Oktober 2018 entschieden sei (GA XXXIII 6246). Der Senat hat den Vertagungsantrag und die Gegenvorstellung zurückgewiesen (GA XXXIII 6253). Aufgrund der unzulässigen bzw. unbegründeten Verfahrensanträge waren mehrere Unterbrechungen der Sitzung notwendig. Die Anträge haben – auch angesichts der von Rechtsanwalt Tilp aus gesundheitlichen Gründen beantragten Beschränkung der täglichen Verhandlungsdauer auf vier Stunden – bewirkt, dass für die vom Gericht vorgesehene Fortsetzung der Erörterung der materiellen Sach- und Rechtslage kaum noch Zeit verblieben ist. Die Sitzungen vom 20. und 23. November 2018 wurden weitgehend dafür in Anspruch genommen, dass weitere Verfahrensanträge gestellt wurden und Rechtsanwalt Tilp – wie bereits dargestellt – einen umfangreichen Katalog von „Verständnisfragen“ zu den vom Senat in dem Termin am 12. Oktober 2017 bekannt gegebenen vorläufigen Beratungsergebnis formuliert hat. Auch der Umstand, dass Rechtsanwalt Tilp einerseits wiederholt die Protokollierung dieser Fragen beantragte, andererseits diese Fragen aber nicht schriftsätzlich eingereicht hat und dies auch auf Nachfrage des Vorsitzenden hin nicht nachholte, spricht dafür, dass es der Musterklägerin und den genannten Beigeladenen wesentlich um eine Verfahrensverzögerung ging.

f) Einzelne oder auch mehrere der vorgenannten Umstände mögen als legitime Wahrnehmung der prozessualen Rechte der Musterklägerin und der Beigeladenen angesehen werden können. In der Gesamtschau lässt das Handeln der Rechtsanwälte Tilp, Broich, Dr. Adametz und Tränkner im Namen der von ihnen vertretenen Beteiligten jedoch nur den Schluss zu, dass Ziel ihres Handelns ist, das Verfahren zu verschleppen.

2. Die weitergehenden, hinter dieser Prozessverschleppungsabsicht stehenden Motive kann der Senat zwar nicht sicher feststellen. Vereinzelt wird in der Literatur angenommen, Musterkläger versuchten durch eine Verfahrensverzögerung einen Vergleichsdruck aufrechtzuerhalten, wenn Gerichte die Erfolgsaussichten als gering einschätzen (etwa Liebscher/Steinbrück, ZIP 2016, 893). Hier könnte nach den Ausführungen der Musterklägerin und der Elliott-Beigeladenen in dem Schriftsatz vom 15. Oktober 2018 ein Motiv auch darin bestehen, ein Privatgutachten, dessen Fertigstellung für Anfang des Jahres 2019 avisiert wurde, noch vor Schluss der mündlichen Verhandlung einführen zu können. Letztlich kann aber offen bleiben, welche weiteren Motive hier das Prozessverhalten der Musterklägerin und der genannten Beigeladenen bestimmen.

3. Der vorliegende Befangenheitsantrag vom 30. November 2018 ist auch ersichtlich unbegründet und soll damit allein der Prozessverschleppung dienen.

a) Dass der Senat darauf hingewiesen hat, dass er die dargestellte Prozessverschleppungsabsicht sieht, gibt aus Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei keinen Anlass, an der Unvoreingenommenheit der Richter zu Zweifeln. Im Gegenteil sollte dieser Hinweis der Musterklägerin und den Beigeladenen gerade Gelegenheit geben, sich auf die Auffassung des Senats einzustellen, um mögliche ihnen nachteilige Entscheidungen, die an die Prozessverschleppungsabsicht anknüpfen, zu vermeiden.

Auch der Zeitpunkt dieses Hinweises zum Schluss des zurückliegenden Verhandlungstermins gibt keinen solchen Anlass. Er war vielmehr dadurch bedingt, dass Rechtsanwalt Tilp erst unmittelbar zuvor angekündigt hatte, die Formulierung der Fragen nicht in dem dortigen Termin abschließen und sie auch nicht kurzfristig schriftsätzlich mitteilen zu können. Selbstverständlich hätte sich jeder Verfahrensbeteiligte unmittelbar im Anschluss an den erteilten Hinweis hierzu äußern können. Äußerungsmöglichkeiten wurden aber auch durch die sich anschließende Vertagung nicht abgeschnitten.

b) Die Ausführungen zur Mimik und Gestik der erkennenden Richter sind bereits nicht einlassungs- und subsumtionsfähig.

Abgesehen davon hegt der Senat keine „an Geringschätzung und Verachtung grenzende Abneigung“ gegenüber der Musterklägerin und den Elliott-Beigeladenen und auch nicht gegenüber deren rechtlichen Beratern. Nach seiner eigenen Einschätzung behandelt er alle Verfahrensbeteiligten auch in formaler Hinsicht gleich. Umstände, die aus Sicht einer ruhig und vernünftig denkenden Partei Anlass zu Zweifeln an der Unvoreingenommenheit der erkennenden Richter geben könnten, sind jedenfalls nicht dargelegt.

4. Die Einholung dienstlicher Stellungnahmen der abgelehnten Richter nach § 44 Abs. 3 ZPO ist in Fällen unzulässiger Befangenheitsgesuche entbehrlich (BGH, Beschluss vom 26. Januar 2015 – PatAnwZ 1/14, juris Rn. 3). Eines Beweises bestimmter Behauptungen bedarf es schon mangels Schlüssigkeit nicht.

5. Eine Rechtsbeschwerde gegen die das Ablehnungsgesuch zurückweisende Entscheidung des Oberlandesgerichts im Kapitalanleger-Musterverfahren ist nicht gemäß § 574 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 ZPO durch Gesetz zugelassen (vgl. zum bis zum 31. Oktober 2012 gültigen, inhaltsgleichen § 15 KapMuG: BGH, Urteil vom 24. November 2008 – II ZB 4/08, ZIP 2009, 34, juris Rn. 5 ff.). Gründe zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nach § 574 Abs.1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO bestehen vorliegend nicht.

Eine Kostenentscheidung war nicht veranlasst, da das Ablehnungsverfahren für die Prozessbevollmächtigten zum Rechtszug gehört und gerichtliche Gebühren nicht entstanden sind.

 

Celle, 18. Dezember 2018

Oberlandesgericht, 1. Kartellsenat

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