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Facebook darf Hassreden löschen und Nutzeraccounts sperren

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Das Landgericht Heidelberg hat in einer nicht rechtskräftigen Eilentscheidung in diesen Tage entschieden, dass Facebook Hassreden löschen und Nutzeraccount sperren. Es gäbe also keine Überprüfungsmöglichkeit („ist das überhaupt eine Hassrede“) und keinen Anspruch auf Meinungsäußerung auf der Plattform. Hierüber habe ein deutsches Gericht nicht zu befinden. Worum geht es? Mängel in der Rechtsordnung?

Juristen bemängeln folgendes: das Netzwerkdurchsetzungsgesetz zwingt Facebook und andere große Plattformbetreiber eine private Polizei zu beschäftigen und dann Hassreden zu löschen. Aber nicht geregelt ist der Fall, dass Facebook einen Beitrag unberechtigt löscht. Das LG Heidelberg hat nun entschieden, dass Facebook berechtigt ist, Hassreden, die andere Personen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, der Herkunft oder der religiösen Zugehörigkeit angreifen, löschen und den Account des Verfassers sperren darf, ohne dass diese Sperrung gerichtlich überprüft werden darf. Eine einstweilige Verfügung scheiterte vor dem Landgericht.

Lösung des Gerichts – Facebook ist ein privates Unternehmen

Die Meinungsfreiheit ist ein extrem wichtiges Gut (Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetzes). Diese Meinungsfreiheit verpflichtet aber nicht private Unternehmen. Das Bundesverfassungsgericht hat einmal ausgeführt (anderer Zusammenhang): es handelt sich um einen Fall der „mittelbaren Grundrechtsbindung, der auch Private und Privatunternehmen – insbesondere nach den Grundsätzen der mittelbaren Drittwirkung und auf der Grundlage von staatlichen Schutzpflichten – unterworfen sind. Während diese auf einer prinzipiellen Rechenschaftspflicht gegenüber dem Bürger beruht, dient jene dem Ausgleich bürgerlicher Freiheitssphären untereinander und ist damit von vornherein relativ. Das bedeutet jedoch nicht, dass die Wirkung der Grundrechte und damit die – sei es mittelbare, sei es unmittelbare – Inpflichtnahme Privater in jedem Fall weniger weit reicht. Je nach Gewährleistungsinhalt und Fallgestaltung kann die mittelbare Grundrechtsbindung Privater einer Grundrechtsbindung des Staates vielmehr nahe oder auch gleich kommen. Für den Schutz der Kommunikation kommt das insbesondere dann in Betracht, wenn private Unternehmen die Bereitstellung schon der Rahmenbedingungen öffentlicher Kommunikation selbst übernehmen und damit in Funktionen eintreten, die – wie die Sicherstellung der Post- und Telekommunikationsdienstleistungen – früher dem Staat als Aufgabe der Daseinsvorsorge zugewiesen waren. Wieweit dieses heute in Bezug auf die Versammlungsfreiheit oder die Freiheit der Meinungsäußerung auch für materiell private Unternehmen gilt, die einen öffentlichen Verkehr eröffnen und damit Orte der allgemeinen Kommunikation schaffen, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

Folgt man dann dem Bundesverfassungsgericht in diesen Erwägungen, spricht vieles dafür, dass ein Beitrag nicht einfach gelöscht werden kann und die Entscheidung von Facebook doch gerichtlich überprüft werden kann Bundesverfassungsgericht. Es ist damit zu rechnen, dass die Frage nach dem Verhalten von großen Internetunternehmen einer rechtlichen Klärung zugeführt wird (auch wenn der Gesetzgeber hier nicht gehandelt hat) und dann eben Gerichte entscheiden.

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