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Elbtower – Zuschlag an Signa wirft Fragen auf!

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Anfang Februar wurde in Hamburg der Sieger der Ausschreibung für den Elbtower bekannt gegeben. Nun wurden am Freitag im Rahmen einer Pressekonferenz die anderen Entwürfe präsentiert, die in die engere Auswahl des Wettbewerbs gekommen waren. Warum nun die Signa Real Estate den Zuschlag erhielt, konnte dabei nicht plausibel dargestellt werden.Prof. Bruns-Berentelg, Vorsitzender der Geschäftsführung HafenCity Hamburg und im Auftrag der Freien und Hansestadt Hamburg zuständig für das Ausschreibungsverfahren, eröffnet seine Rede mit der interessanten Aussage – wahrscheinlich um gleich jeglichen kritischen Fragen aus dem Weg zu gehen – der Kaufpreis sei nicht ausschlaggebend für die Wahl des Siegerentwurfs gewesen.

Daraus muss man den Umkehrschluss ziehen, dass es durchaus höhere Gebote gegeben hat. Doch darüber wurde tunlichst geschwiegen und das Mäntelchen der Intransparenz über das Verfahren gelegt. Hamburg leistet es sich offensichtlich großzügig, auf Mehrerlöse für den Landeshaushalt zu verzichten.

Auch die Nachhaltigkeit scheint der ehemaligen Umwelthauptstadt Europas nicht mehr sonderlich am Herzen zu liegen, wurde doch der gut präsentierte und als einziger das Thema Klimaneutralität bespielende Entwurf der Snohetta Architekten, nicht ausgewählt. Dabei wollte Hamburg noch in seinem Nachhaltigkeitskonzept bei der Olympia-Bewerbung mit den Tugenden „kostenbewusst, kompakt, klimaneutral“ punkten.

Ebenfalls scheint man in Hamburg keine Wohnungen mehr zu benötigen, denn es wurde ausgerechnet der einzige Entwurf zum Sieger gekürt, der für diese Nutzung gar kein Konzept erarbeitet hat. Ein Hamburger Bürger hinterfragte diese Begebenheit am Ende der Präsentationen und wurde damit abgebügelt, dass Wohnen an dieser Stelle einfach keinen Sinn mache.

Was insofern kritisch zu betrachten ist, da in der Ausschreibung durchaus ein Nutzungskonzept für Wohnflächen gewünscht wurde. Stattdessen wurde eine verwirrende Zahlenvermischung von Gewerbe- und Nicht-Gewerbe-Investitionen mehr oder weniger als Begründung dafür genannt, dass an den Elbbrücken durchaus so große Gewerbeflächen benötigt werden.

Auch der Sieger der Ausschreibung, die Signa-Gruppe, vor Ort durch Christoph Felger vertreten, äußerte sich ausschließlich zu den großen Lärmemissionen am Standort. Man muss sich fragen, ob David Chipperfield Architects hier kein Konzept finden wollte oder konnte. Die anderen Entwürfe schienen hier doch plausible Lösungen gefunden zu haben. Möglich wäre es wohl in jedem Fall gewesen.

Interessant erschien in diesem Kontext auch die Aussage von Felger: „Wir haben ja gar nicht so viel Erfahrung mit Hochhäusern wie manch andere Kollegen.“ Darauf hat das Auswahlkomitee also ebenfalls keinen Wert gelegt.

Die Nachfrage, warum das Thema Nachhaltigkeit bei seinem Entwurf nicht im Vordergrund steht, beantwortet er damit, dass er kein Vertrauen in die Technik habe und diese doch anfällig für Fehler sei. Deshalb habe man sich bei Chipperfield auf simple und einfache Möglichkeiten beschränkt. Den anwesenden Experten drängte sich eher der Eindruck auf, dass hier ewig Gestrige dem Fortschritt im Weg stehen.

Immer wieder wurde betont, wie wichtig die Vereinigung von Architektur und Nutzungskonzept an dieser Stelle der Stadt Hamburg gewesen sei. Nur um dann am Ende festzustellen, dass das Nutzungskonzept ja noch gar nicht festgelegt werden kann, dies ergebe sich ja noch im Laufe der Projektentwicklung.

Natürlich ist es vorbildlich, dass vom Zeitpunkt der Ausschreibung bis zur notariellen Beurkundung des Siegerentwurfs nur ein Jahr vergangen ist. Jedoch erscheint dies in Anbetracht der Bedeutsamkeit des Standortes und des Bauwerks doch etwas übereilt. Auch die Bürgerschaftsberatung soll vorgezogen bereits im April begonnen und schon im Sommer abgeschlossen werden. Auch hier stellt sich einem die Frage: Warum die Eile? Versucht man hier etwas zu verbergen oder Tatsachen zu schaffen, bevor kritische Nachfragen kommen?

Zusammenfassend ergeben sich viele ungeklärte Fragen und keine eindeutige Begründung, warum der Sieger der Sieger ist. Einzig allein die Architektur kann es doch nicht gewesen sein? So erhielt der Signa-Entwurf bei einer Bürgerumfrage des „Hamburger Abendblattes“ nur 4,9 Prozent der Stimmen. Erstplatzierter mit 54 Prozent war hingegen der Entwurf der Ludger Inholte Projektentwicklung, die sich mit Hadi Teherani strategisch klug für einen Hamburger Architekten entschieden hatte.

Vielleicht spielten ja gute Kontakte die wichtigere Rolle. Über die verfügt der Signa-Eigner offensichtlich. Auf dem Branchentreffen Quo Vadis Anfang Februar gab René Benko in einem öffentlichen Gespräch zu, dass er seinen Freund Alfred Gusenbauer, damals österreichischer Bundeskanzler, nutzte, um politische Barrieren aus dem Weg zu räumen. Damals ging es um das Kaufhaus Tyrol in Innsbruck.

Zitat Immobilienzeitung: „Auch Benko drohte zwischenzeitlich das Aus: Der damalige Landeshauptmann von Tirol stellte die Immobilie inklusive der Nachbargebäude, die sich Benko gesichert hatte, kurzerhand unter Ensembleschutz. Benko erfuhr davon auf dem Weg zur Mipim nach Cannes, im März 2007. ‚Da sagte jeder, dass ich mir daran die Zähne ausbeißen werde‘. Doch dem war nicht so. Ein Jahr habe es gedauert, bis er mit Unterstützung seines Freundes Alfred Gusenbauer, der Anfang 2007 zum österreichischen Bundeskanzler ernannt wurde, ‚das Thema gelöst‘ hatte.“

Gusenbauer (SPÖ) ist heute übrigens im Aufsichtsrat der Signa. Doch manchmal führt dieses Gebaren nicht zum Ziel sondern vor Gericht. Wie das österreichische Staatsfernsehen ORF berichtete, wurden René Benko und sein Steuerberater Michael Passer von einer Richterin als „Musterfall für Korruption“ zu einer bedingten Haftstrafe verurteilt. Weitere Recherchen im Internet lassen endgültig Zweifel aufkommen, dass im Vergabeverfahren zum Hamburger Elbtower ein ehrbarer hanseatischer Kaufmanns-Maßstab angelegt wurde.

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