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Überwachung von Arbeitnehmern mit Keylogger

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Die Praxis, Arbeitsräume mit Videokameras seitens der Arbeitgeber überwachen zu lassen, ist gang und gäbe, hat aber schon häufiger zu Streitereien geführt. Aus rechtlicher Sicht ist diese erlaubt, wenn darauf hingewiesen wird und sie keine Persön­lich­keits­rechte betreffen. Doch wie verhält es sich bei prophylaktischer heimlicher Überwachung? Ist bei Überführung eines Arbeitnehmers ohne vorherigen Verdacht dieses Mittel legitim?

„Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.“ Das denken sich wohl viele Arbeitgeber, wenn sie heimlich Videokameras auf dem Betriebsgelände oder Keylogger in den Dienstrechnern ihrer Beschäftigten installieren. Wird hier ein Beschäftigter beim Arbeitszeitbetrug erwischt, stellt sich die Frage, ob der Arbeitgeber dann einfach kündigen darf. Der Fall landete nun vor dem Bundesarbeitsgericht.

Angeblicher Arbeitszeitbetrug: Nachweis mit Tastaturspion?

Ein Arbeitgeber hatte sich dazu entschlossen, auf jedem Dienstrechner einen sog. Keylogger zu installieren. Dabei handelt es sich um eine Software, mit der sämtliche Eingaben in die Tastatur protokolliert werden. Auch werden regelmäßig sog. Screenshots gefertigt. Hintergrund für dieses Vorgehen war der Hinweis von mehreren Angestellten, wonach einer seiner Webentwickler während der Arbeitszeit angeblich private Angelegenheiten am Rechner erledigte.

In einer E-Mail unterrichtete der Arbeitgeber seine Beschäftigten über die geplante Maßnahme – allerdings unter dem Vorwand, bei illegalem Filesharing oder sonstigem Missbrauch der Internetnutzung den wahren Täter zur Rechenschaft ziehen zu können. Wer mit der Keylogger-Installation nicht einverstanden sei, solle dies innerhalb einer Woche anzeigen.

Kündigung wegen Arbeitszeitbetrugs
Noch vor Ablauf der Wochenfrist installierte der Arbeitgeber zumindest auf dem Dienst-PC des Webentwicklers den Tastaturspion – der tatsächlich eine Privatnutzung des Rechners durch den Webentwickler protokollierte. Dieser gestand, während der Pausen ein Computerspiel programmiert zu haben. Auch unterstütze er regelmäßig seinen Vater, der als Selbstständiger im Bereich der Logistik tätig sei. So habe er z. B. ein EDV-Tool zur Versendung von Aufträgen entwickelt. Insgesamt habe diese Hilfeleistung aber nie mehr als 10 Minuten pro Tag in Anspruch genommen – seine Arbeit habe darunter nie gelitten. Dennoch kündigte der Arbeitgeber fristlos und später hilfsweise ordentlich, was sich der Webentwickler aber nicht gefallen ließ: Er zog vor Gericht.

Vorinstanzen lehnen Verwertung der Keylogger-Protokolle ab
Das zunächst zuständige Arbeitsgericht und später auch das Landesarbeitsgericht (LAG) hielten die Kündigungen für unwirksam und verpflichteten den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung des Webentwicklers.

So argumentierte etwa das LAG Hamm (Urteil v. 17.06.2016, Az.: 16 Sa 1711/15), dass der Arbeitgeber nicht nachweisen konnte, dass und in welchem Ausmaß der Webentwickler Arbeitszeitbetrug begangen hat. Denn die Ergebnisse aus der Überwachung mittels Keylogger durften nicht zulasten des Beschäftigten verwertet werden. So habe der Arbeitgeber die Spähsoftware unter anderem heimlich installiert. Zwar hat er zuvor seine Angestellten über sein geplantes Vorgehen informiert, aber mit der Installation die einwöchige Überlegungsfrist nicht abgewartet, die er seinen Beschäftigten zugestanden hat.

Die Benutzung eines Keyloggers stellt jedoch einen erheblichen Eingriff in deren Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Er ist daher nach § 4 I Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich: Entweder muss der betroffene Mitarbeiter in die Protokollierung eingewilligt haben oder die Erhebung, Verarbeitung bzw. Nutzung der personenbezogenen Daten durch Gesetz erlaubt sein.

Pauschaler Hinweis auf mögliche Straftat reicht nicht
Das wäre etwa der Fall nach § 32 I 2 BDSG – aber nur, wenn der Arbeitgeber den betreffenden Angestellten konkret einer Straftat, z. B. eines Arbeitszeitbetrugs, verdächtigt, ein milderes Mittel, etwa die Kontrolle des Rechners im Beisein des Angestellten, nicht infrage kommt und die Protokollierung verhältnismäßig ist. Vorliegend hat der Arbeitgeber aber nur pauschal behauptet, dass der Webentwickler einen Arbeitszeitbetrug begangen hat – es gab keinen konkreten Verdacht, sondern nur unspezifische Hinweise durch Kollegen. In diesem Fall hätte es als milderes Mittel ausgereicht, in Anwesenheit des Webentwicklers dessen Rechner zu kontrollieren und auszuwerten.

Keine Einwilligung in Überwachungsmaßnahme
Letztlich gab es nach Ansicht des LAG Hamm noch weitere Gründe, die Verwertung der Keylogger-Protokolle zu verbieten. So hatte der Webentwickler nicht wirksam in die Überprüfung mittels Keylogger eingewilligt. Schließlich kannte er den wahren Grund dafür nicht, weil der Arbeitgeber diesbezüglich bei der Info-E-Mail an seine Beschäftigten gelogen hat. Außerdem hatte er seine Einwilligung auch nicht ausdrücklich erklärt, sondern auf die E-Mail schlicht und ergreifend nicht reagiert. In aller Regel darf ein solches Schweigen aber nicht als Einwilligung bewertet werden.

Letztlich konnte das LAG Hamm zulasten des Webentwicklers nur die Äußerungen berücksichtigen, die er selbst getätigt hatte. Danach hatte er während der Arbeitszeit ab und zu seinen Vater unterstützt. Darin war zwar durchaus eine Pflichtverletzung zu sehen – allerdings keine so schwerwiegende, dass damit eine fristlose bzw. ordentliche Kündigung zu rechtfertigen wäre. Vielmehr hätte der Arbeitgeber seinen Beschäftigten deshalb zunächst abmahnen müssen.

BAG: Heimliche Überwachung des Webentwicklers war unzulässig
Das nun angerufene Bundesarbeitsgericht (BAG) teilte zu 100 Prozent die Ansicht der Vorinstanzen. Damit war die Verwertung der Keylogger-Protokolle unzulässig. Auch hatten die beiden Kündigungen das Arbeitsverhältnis nicht beendet.

Das BAG stellte noch einmal klar, dass die heimliche Überwachung – in welcher Form auch immer – unzulässig ist. Der heimliche Einsatz der Spähsoftware stellte vorliegend somit einen massiven Eingriff in das Recht des Webentwicklers auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) dar. Schließlich hatte der Arbeitgeber keinen konkreten Verdacht gegen den Angestellten, sondern den Tastaturspion vielmehr „ins Blaue hinein“ auf dessen Dienstrechner installiert.

Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/duerfen-mitarbeiter-mittels-keylogger-ueberwacht-werden_112083.html

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