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Immobiliencrowdfunding und das Kleinanlegerschutzgesetz

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Die Politik hat mit ihrem Kleinanlegerschutzgesetz einen neuen „grauen Kapitalmarkt“ geschaffen, der dem Anleger ein 100prozentiges Totalverlustrisiko bietet. Natürlich fragt man sich da als Außenstehender, warum die Politiker so etwas zulassen? Nun, weil sie, dass muss hier so klar gesagt werden, keine Ahnung von der Materie haben, mitunter noch nicht einmal wissen, was der „graue Kapitalmarkt“ ist.

Ich war bisher immer der Meinung, dass wir vorwiegend intelligente Politiker in Berlin haben, die zudem genügend Geld aus Steuermitteln erhalten, um auch für qualifizierte Mitarbeiter in ihren Abgeordnetenbüros zu sorgen. Aber auch im Büro eines Mitgliedes des Finanzausschusses konnte man mit dem Begriff des „grauen Kapitalmarktes“ nichts anfangen. Da ist man natürlich über die getroffene Entscheidung des Finanzausschusses zum Thema Immobiliencrowdfunding nicht mehr verwundert.

Über Jahre hat die Politik eigentlich versucht, den „grauen Kapitalmarkt“ trocken zu legen, wofür das Kleinanlegerschutzgesetz ein wichtiges Instrument war. Nun wissen wir ja alle, dass sich in Deutschland 10.000 betroffene Personen bemühen, ein Gesetz korrekt einzuhalten, aber 100.000 suchen nach Schlupflöchern bzw. Auslegungsmöglichkeiten, um einen Vorteil zu haben bzw. auf angestammte Dinge nicht verzichten zu müssen. In einer Anhörung des Finanzausschusses diskutierte man nun, ob auch das Immobiliencrowdfunding so weiterlaufen soll, welches die Politik übrigens zu keinem Zeitpunkt im Sinn hatte, als sie das Thema Crowdfunding im neuen Kleinanlegerschutzgesetz geregelt hatte.

Natürlich werden bei solchen Anhörungen auch Verbände angehört und um eine Stellungnahme gebeten. Besonders ins Zeug geworfen hat sich dabei der Bundesverband Crowdfunding eV, was ja auch verständlich ist, da viele Branchenvertreter dort ja auch Mitglied sind. Mittlerweile hat sich der Bundesverband aber inhaltlich zum Bundesverband Immobiliencrowdfunding gewandelt, denn der Vorsitzende des Verbandes, Jamal al Mallouki, kämpfte vehement für die Beibehaltung der jetzigen Regelungen und verweigerte sich einer Verschärfung. Die Verbraucherzentrale und Andere wollten stattdessen, dass das Immobiliencrowdfunding prospektpflichtig wird, und das wäre unserer Meinung nach eine kluge Entscheidung gewesen. Im Immobiliencrowdfunding können „Glücksritter“ ganz einfach von „dummen Anlegern“ Geld einsammeln und damit natürlich auch mal etwas riskieren. Und mit fremden Geld, das einem komplett zur Verfügung steht, geht man für gewöhnlich eh lockerer um… Für die hier beteiligten Anleger besteht bei jedem Investment ein 100%-Totalverlustrisiko, ohne wenn und aber.

Es ist unglaublich, was mittlerweile in diesem Markt passiert. Mittlerweile dominiert die Immobiliensparte das Crowdfunding in der öffentlichen Wahrnehmung, aber auch bald im eingesammelten Kapital. Das, was SPD und CDU/CSU hier dulden, ist Verrat am deutschen Kleinanleger. Mittlerweile bekommen wir von den anbietenden Plattformen sogar Anrufe, in denen man uns sinngemäß sagt: „Ihr könnt schreiben, was ihr wollt. Wir sind google AdWords-Kunde und wenn wir wollen, dass euer Beitrag nach hinten in den Suchergebnissen verschwindet, dann macht google das“. Das klingt erst einmal unglaublich, wäre aber denkbar. Denn wer würde schon Werbung bei google bezahlen, wenn im Suchergebnis fünf kritische Artikel kommen würden? Keiner, genau deshalb kann man die Aussage auch nachvollziehen. Um so mehr ist die Politik hier gefragt, das Immobiliencrwodfunding unter Prospektpflicht zu stellen und zwar jetzt sofort, nicht erst vielleicht in zwei Jahren, wenn 1.000ende Anleger ihr Geld schon verloren haben könnten.

Denken Sie bitte einmal hier an diesem Punkt weiter. Angenommen Sie haben 500 Euro in ein solches Investment investiert und das geht schief mit der Rückzahlung. Beprechen Sie dann das weitere Vorgehen mit Ihrem Anwalt, dann bremst der sie ganz schnell aus, denn die Kosten der Rechtsverfolgung wären deutlich höher, als wenn Sie auf die 500 Euro verzichten. Es ist unglaublich, aber wahr, verehrte User. Genau das kalkulieren heute aus unserer Sicht so manche Immobiliencrowdfunder bereits ein.

Da kann man in so manchem Gespräch heraushören, dass denen der Erfolg egal ist, denn: „Wenn‘s schiefgeht, ist es doch nicht mein Geld“. Nein, sondern das der „dummen Anleger“, die auf die Politik von SPD und CDU/CSU gesetzt hatten und dachten, dass das Kleinanlegerschutzgesetz wirklich den Kleinanleger schützen sollte. Pustekuchen! Ein weiterer Punkt dieses unsäglichen Immobiliencrowdfundings ist, dass hier plötzlich neue Marktteilnehmer auf den sowieso schon hart umkämpften Immobilienmarkt drängen, die es o h n e das Immobiliencrowdfunding nicht geben würde. Da wir alle wissen, dass Angebot und Nachfrage den Preis gestalten, ist es nicht schwer zu erraten, dass hier die Preise nach oben gehen werden. Unglaublich, aber auch das ist die Realität.

Nun gibt es unter den Immobiliencrowdfundern ganz clevere Anbieter, die sagen, der Bremer hat ja Recht mit dem von ihm ständig propagierten Totalverlustrisiko. Aber bei uns ist das natürlich anders, denn bei uns werden Sie ins Grundbuch eingetragen. Hinterfragt man das aber, dann stellt man nahezu immer folgendes fest: Die Eintragung im Grundbuch erfolgt über einen Treuhänder, d.h. eine Person, die sich der Anbieter ausgesucht hat, und viel schlimmer für Sie immer an zweiter Rangstelle. An erster Rangstelle steht immer eine Bank, die sich natürlich optimal abgesichert hat: Abtretung der Mieteinnahmen usw. über die erste Rangstelle im Grundbuch hinaus. Kommt es zu einer Verwertung der Immobilie, dann wird erst einmal die Bank mit allen entstandenen Kosten befriedigt. Bleibt dann noch etwas übrig, dann kommt der Treuhänder (für Sie) dran. Auch dieser wird von dem Geld, was vielleicht noch übrig bleibt, seine Kosten in Abzug bringen. Den dann verbleibenden Rest bekommen Sie. Ich hoffe, sie haben jetzt verstanden, was eine zweite Rangstelle im Grundbuch an Sicherheit für Sie bedeutet: Nichts!

Jeder, der sich an einem solchen Immobiliencrowdfundingprojekt mit einer Einzahlung beteiligt, ist letztlich auch Mitschuld daran, dass es solche Glücksritter überhaupt gibt, die mit ihrem Geld spielen können. Diesen Sumpf müssen Anleger trockenlegen, die Politik ist zu unfähig dafür. Zeigen Sie EXPORO-ZINSLAND-BERGFÜRST-ZINSBAUSTEIN-GRUNDAG usw. die rote Karte und geben Sie denen kein Geld mehr! Sollten Sie sich doch an einem solchen Investment beteiligen, dann sehen Sie Ihre Einzahlung als Spende an und lassen sich eine Spendenquittung geben.

Übrigens, die Einlage in ein solches Projekt erfolgt nahezu immer als sogenanntes Nachrangdarlehen, das eben ein 100%-Totalverlustrisiko für den Anleger, aber nicht für den Initiator natürlich, bedeutet.

Und haben Sie gewusst, dass der Vorsitzende des Bundesverbandes Crowdfunding eine eigene Immobiliencrowdfundingplattform ins Leben gerufen hat? Was wäre gewesen, wenn Immobiliencrowdfunding unter Prospektpflicht gestellt worden wäre?

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