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Anlegeranalyse: Jahresabschluss 2023 der Windpark Ohrensen GmbH & Co. KG

geralt (CC0), Pixabay

Der Jahresabschluss 2023 der Windpark Ohrensen GmbH & Co. KG bietet auf den ersten Blick ein solides, investitionsintensives Bild – bei genauerer Betrachtung zeigen sich jedoch gewisse strukturelle Herausforderungen, die für Anleger im Hinblick auf Kapitalbindung, Finanzierungsstruktur und Substanzentwicklung von zentraler Bedeutung sind. Positiv hervorzuheben ist eine erkennbare Entschuldung, jedoch bei gleichzeitig sinkender Eigenkapitalbasis.

Rückläufige Bilanzsumme trotz stabiler Projektstruktur

Die Bilanzsumme verringerte sich im Jahresvergleich deutlich um etwa 4,5 Mio. Euro – von 37,8 Mio. Euro auf 33,3 Mio. Euro. Hauptursache ist der Rückgang der Sachanlagen um rund 2,6 Mio. Euro auf 26,4 Mio. Euro, was auf fortschreitende Abschreibungen ohne Neuinvestitionen hindeutet. Auch die liquiden Mittel sanken deutlich von 7,18 Mio. Euro auf 5,79 Mio. Euro. Die Entwicklung legt nahe, dass Mittel zur Bedienung von Verpflichtungen verwendet wurden, ohne dass substanzielle Zuflüsse oder Reinvestitionen erfolgt sind.

Kapitalstruktur: moderat, aber leicht erodierend

Das Eigenkapital ging im Vergleich zum Vorjahr von 8,39 Mio. Euro auf 7,31 Mio. Euro zurück – ein Rückgang um rund 1,08 Mio. Euro. Bei einer Bilanzsumme von 33,3 Mio. Euro ergibt sich eine Eigenkapitalquote von ca. 22 %, was in der Windbranche im unteren, aber noch vertretbaren Bereich liegt. Dass der Rückgang nicht durch einen ausgewiesenen Jahresfehlbetrag, sondern mutmaßlich durch Ausschüttungen oder Abschreibungen ohne Kompensation erfolgt ist, bleibt dabei im Dunkeln – da weder Jahresüberschuss noch Verlust explizit genannt werden.

Langfristige Bankverbindlichkeiten bleiben dominierend

Die Finanzierung erfolgt größtenteils über Bankdarlehen, die zum Stichtag mit rund 23,77 Mio. Euro bilanziert wurden – davon 21 Mio. Euro mit einer Laufzeit von über einem Jahr, rund 11 Mio. Euro davon sogar mit Laufzeiten über fünf Jahre. Positiv fällt auf, dass der Abbau im Vergleich zum Vorjahr erheblich war (Vorjahr: 26,49 Mio. Euro), was auf eine regelmäßige Tilgung hinweist. Dennoch bleibt die Gesellschaft langfristig stark fremdfinanziert, was sie anfällig für Zinsänderungen oder Störungen im Einspeiseerlös macht.

Die restlichen Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen, gegenüber verbundenen Unternehmen oder aus Steuern sind zwar im Detail zurückgegangen, in Summe aber aus Anlegersicht nicht ausschlaggebend – ihre Größenordnung ist überschaubar. Dass über 240.000 Euro an Lieferantenverbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern bestehen, sollte jedoch weiter beobachtet werden – hier besteht potenzielles Interessenkonfliktpotenzial.

Liquiditätslage angespannt, aber kontrolliert

Der Rückgang der liquiden Mittel um etwa 1,4 Mio. Euro zeigt eine Verwendung der Mittel – möglicherweise für Tilgung, laufende Betriebsführung oder Wartungsverträge. Ob die Liquiditätslage künftig tragfähig bleibt, ist entscheidend von den Einspeiseerlösen abhängig – Angaben dazu fehlen. Ohne regelmäßige Erträge könnte der Puffer schnell aufgezehrt sein.

Rückstellungen leicht erhöht – konservative Risikovorsorge

Die Rückstellungen wurden leicht aufgestockt – von 1,61 Mio. Euro auf rund 1,87 Mio. Euro. Auch wenn keine Detailaufschlüsselung erfolgt, ist davon auszugehen, dass Rückstellungen für Rückbauverpflichtungen und laufende betriebliche Risiken enthalten sind. Das ist aus Investorensicht grundsätzlich positiv, weil es für eine konservative Bewertung spricht.

Transparenzdefizit: Keine GuV, kein Jahresergebnis

Für Anleger kritisch zu bewerten ist der Mangel an Transparenz: Es liegen keine Gewinn- und Verlustrechnung, kein Lagebericht und kein Jahresergebnis (Überschuss/Fehlbetrag) vor. Damit fehlt die Grundlage, um die operative Rentabilität der Gesellschaft zu beurteilen. Gerade bei Windparkprojekten ist die Ertragsseite ausschlaggebend – Bilanzzahlen allein geben hier nur eine eingeschränkte Aussagekraft.

Fazit für Anleger

Die Windpark Ohrensen GmbH & Co. KG präsentiert sich als Substanzträger mit stabilem Anlagevermögen und kontinuierlicher Fremdkapitaltilgung. Die Kapitalstruktur ist noch vertretbar, der Liquiditätsabfluss moderat. Allerdings fällt der Rückgang der Eigenmittel ins Gewicht, ebenso wie der völlige Mangel an Informationen zur operativen Ertragslage.

Für Anleger bedeutet das: Die wirtschaftliche Basis wirkt solide, doch es fehlt die Transparenz, um Chancen und Risiken zuverlässig zu bewerten. Ohne Informationen zu Einspeiseerträgen, Ergebnissen oder künftigen Investitionen bleibt das Bild unvollständig. Ein Engagement sollte daher nur nach ergänzender Einsichtnahme in die GuV und unter Berücksichtigung langfristiger Erlösprognosen geprüft werden.

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