China hat im Jahr 2024 den Bau von fast 100 Gigawatt neuer Kohlekraftwerkskapazität begonnen – so viel wie seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr. Das geht aus einem Bericht der Clean-Energy-Gruppen Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) und Global Energy Monitor (GEM) hervor, der am Donnerstag veröffentlicht wurde.
Diese Entwicklung wirft Zweifel an Chinas Fähigkeit auf, seine ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen, und könnte die beeindruckenden Fortschritte des Landes bei Solar- und Windenergie untergraben. China ist der weltweit größte CO₂-Emittent, und statt Kohle durch erneuerbare Energien zu ersetzen, setzt das Land offenbar weiterhin stark auf fossile Brennstoffe.
„Saubere Energie ersetzt Kohle nicht, sondern wird auf eine bereits bestehende starke Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aufgeschichtet“, heißt es in dem Bericht.
Kohle bleibt trotz Erneuerbaren stark verankert
Laut der Datenbank von Global Energy Monitor war 2024 das Jahr mit den meisten neuen Kohlekraftwerksbauten seit 2015.
- 94,5 Gigawatt neue Kohlekraftwerkskapazität gingen in Bau.
- 3,3 Gigawatt bereits gestoppter Projekte wurden wieder aufgenommen.
- In den kommenden zwei bis drei Jahren sollen viele dieser Kraftwerke ans Netz gehen, was die Rolle der Kohle im chinesischen Energiesystem weiter festigt.
Eine der Hauptsorgen der Experten ist, dass Kohle die Solar- und Windkraft verdrängen könnte. In den letzten drei Monaten des Jahres 2024 blieb die fossile Stromerzeugung in China hoch, während die Nutzung von Solar- und Windenergie stark zurückging.
Diese Entwicklung war absehbar, nachdem China in den Jahren 2022 und 2023 massiv neue Kohlekraftwerke genehmigt hatte. Qi Qin, Analystin beim Centre for Research on Energy and Clean Air, forderte die chinesische Regierung auf, geplante Kraftwerksbauten zu stoppen:
„Wir drängen China, den Bau bereits genehmigter Kohlekraftwerke zu unterlassen, um Überkapazitäten zu vermeiden, Emissionen zu reduzieren und die Klimaziele einzuhalten.“
Chinas Klimaziele und internationale Verpflichtungen
Im Jahr 2020 verkündete Präsident Xi Jinping zwei zentrale Klimaziele:
- CO₂-Emissionen sollen bis 2030 ihren Höchststand erreichen.
- Bis 2060 soll China klimaneutral sein.
Analysten glauben, dass Chinas Emissionen möglicherweise bereits ihren Höchststand erreicht haben. Die nächste Herausforderung bestehe darin, sie tatsächlich zu senken.
Dennoch verpasste China in dieser Woche eine UN-Deadline zur Einreichung eines nationalen Plans zur Emissionsreduzierung bis 2035.
Außenministeriumssprecher Guo Jiakun erklärte dazu, dass China an einem Plan arbeite und ihn „im Laufe des Jahres“ vorlegen werde.
Langfristige Trends: Verlangsamt sich der Kohleboom?
Es gibt jedoch Anzeichen dafür, dass der Bau neuer Kohlekraftwerke in Zukunft abnehmen könnte:
- Neue oder wiederbelebte Kohleprojekte sanken 2024 auf 68,9 Gigawatt – nach über 100 Gigawatt in den zwei Vorjahren.
- Die Genehmigung neuer Kohlekraftwerke sank auf 66,7 Gigawatt, nachdem sie in den Jahren 2022-23 stark angestiegen war.
Trotz dieser leichten Verlangsamung bleibt China weiterhin der weltweit dominierende Akteur im Kohleausbau: 93 % aller neuen Kohlekraftwerke weltweit wurden 2024 in China begonnen.
Fazit: Chinas Energiewende bleibt ungewiss
Während China beeindruckende Fortschritte bei erneuerbaren Energien macht, bleibt das Land stark von Kohle abhängig. Der massive Ausbau neuer Kohlekraftwerke könnte die Klimaziele untergraben und steht im Widerspruch zu den globalen Bestrebungen, die CO₂-Emissionen zu senken.
Ob China tatsächlich bereit ist, seine Versprechen zum Klimaschutz einzuhalten, wird sich in den kommenden Jahren zeigen. Der Schlüssel liegt darin, bestehende Kohlekraftwerke schrittweise zu reduzieren, statt neue zu bauen.