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Staatsanwaltschaft Berlin

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qimono (CC0), Pixabay

Staatsanwaltschaft Berlin

Az.: 247 AR 135/​21 (= (524 KLs) 242 Js 347/​12 (1/​16))

Durch das Landgericht Berlin ist am 25.07.2017 gegen Marion Waltraud Moldovan-Saik geb. Ebert ein Urteil ergangen, da sie wegen gewerbs- und bandenmäßigen Betruges für schuldig befunden wurde und das folgenden Sachverhalt zu Grunde hatte:

Gegenstand des Urteils ist der Betrug im Fall 1 durch die insoweit gewerbsmäßig und als Bande agierenden vier Verurteilten Saik, Moldovan-Saik, Over und Baumann in organisationsgestützter Tatherrschaft zu Lasten der Anleger des von ihnen unter dem Namen der BWF-Stiftung vertriebenen Produkts „Gold Standard”, durch das sie den vorgenannten Anlegern infolge der von diesen insgesamt 4.906 abgeschlossenen „Gold Standard“-Verträgen einen Vermögensschaden in Höhe von insgesamt 49.078.377,09 Euro zufügten. Gegenstand des Urteils sind (nur) bei dem Angeklagten Saik ferner zwölf tatmehrheitliche – jeweils zur Verschleierung des Betruges im Fall 1 – begangene Urkundenfälschungen (Fälle 2-13 des Urteils)..

Die Geschäftsidee zum Vertrieb des Produkts „Gold Standard“ einer Einmalanlage mit einer Laufzeit von 2, 4 oder 8 Jahren über den Kauf (so das Vertragsformular) „physischen Goldes“ verbunden mit einem Renditeversprechen – hatte der Angeklagte Saik. Gemeinsam mit den anderen drei Angeklagten Moldovan-Saik, Over und Braumann schuf er im Jahre 2011 über die Berliner Wirtschafts- und Finanzstiftung (im Folgenden: BWF-Stiftung bzw. BWF) den organisatorischen Rahmen für den Vertrieb des Produkts „Gold Standard durch gutgläubige Vertriebspartner im gesamten Bundesgebiet. In professionell gestalteten Firmeninformationen sowie in Werbebroschüren und in den zugrundeliegenden Vertragsbedingungen dieses Produkts versprachen sie jedem Anlieger von „Gold Standard“ u.a.

für seinen Anlagebetrag zum BWF-Kaufpreis (= London Fixing Kurs für Gold zuzüglich ca. 20% Aufschlag) die entsprechende Menge Gold zu erwerben,

ihm das Eigentum an diesem Gold zu verschaffen,

dies mit einer „Eigentumsurkunde“ zu verbriefen,

das Gold für den Anleger in einem Hochsicherheitstresor zu lagern

sowie über den Handel mit dem gesamten Gold der Anleger während der Vertragslaufzeit eine Rendite zu erwirtschaften,

so dass jeder Anleger von „Gold Standard“ am Ende der Vertragslaufzeit nach seiner Wahl entweder seinen Anlagebetrag in Gold oder aber den Anlagebetrag zuzüglich Rendite (bei 2 Jahren Vertragslaufzeit Anlagebetrag + 10%, bei 4 Jahren Vertragslaufzeit Anlagebetrag + 30%, bei 8 Jahren Vertragslaufzeit Anlagebetrag + 80%) in Geld zurückerhalten werde. Auf diese Weise wurde den Anlegern vorgespiegelt, dass es sich bei dem Produkt „Gold Standard“ und bei den anderen Produkten der BWF-Stiftung – vor allem durch das vermeintlich eingeräumte Eigentum am Gold – um sichere und darüber hinaus auch um rentable Anlagemöglichkeiten handele.

Wie von Anfang an von allen vier Angeklagten geplant wurde jedoch entgegen den vorgenannten Versprechen in den Prospekten und Broschüren der BWF bzw. entgegen den vorgenannten Vertragsbedingungen für „Gold Standard“:

für die einzelnen Anleger von „Gold Standard“ gar kein Gold in Relation zur Höhe des jeweils von den Anlegern gezahlten Anlagebetrages erworben,

hinsichtlich des von der TMS erworbenen echten Goldes den Anlegern von „Gold Standard“ kein Eigentum daran verschafft

sowie mit dem erworbenen Gold trotz des gegebenen Renditeversprechens kein Handel getätigt.

Ferner täuschten die vier Angeklagten Saik, Moldovan-Saik, Over und Braumann entsprechend ihres gemeinsamen Tatplans die Anleger sowie die ebenfalls gutgläubigen zwischengeschalteten Vertriebspartner auch darüber, dass der als Argument für die Sicherheit der BWF-Goldanlage beworbene Hochsicherheitstresor zum überwiegenden Teil nur – abgesehen vom Metallwert ansonsten – in der Anschaffung sehr preisgünstige sog. „Gold-Dummies“ mit einem sich im u-Bereich bewegenden hauchdünnen und im Wert damit zu vernachlässigenden Goldüberzug enthielt.

Tatsächlich wurden von dem Geld der Anleger über eine TMS Dienstleistungs GmbH (im Folgenden nur: TMS GmbH oder TMS) u.a. Minenbeteiligungen, Geldanlagen, Beteiligungen oder Sachwerte für die von den vier Angeklagten kontrollierten juristischen Personen, Firmen, ‚ Stiftungen o. ä. – u.a. die Zentrale der BWF im Königsweg in Berlin-Zehlendorf mit einem Extra-Gebäude (dem sog „Dom“) für Schamanenveranstaltungen der Angeklagten Moldovan-Saik – finanziert.

Zum anderen wurde von dem Geld der Anleger über die TMS auch eine gewisse Menge echtes Gold erworben. Dieses Gold wurde aber nicht den Anlegern anteilig übereignet, sondern verblieb im Eigentum der TMS und wurde zur Täuschung von Besuchern so in den Schließfächern im Hochsicherheitstresor deponiert, dass es zum Teil einige wenige Schließfächer mit echtem Gold bzw. in den übrigen Schließfächern eine Lage echtes Gold über dem darunterliegenden großen Rest der Gold-Dummies gab.

Auf diese Weise überließen es die vier Angeklagten vom Beginn des Vertriebs des Produkts „Gold Standard“ ab August 2011 bis zur Durchsuchung des BWF-Firmensitzes in Berlin-Zehlendorf seitens der Ermittlungsbehörden am 25. Februar 2015 bewusst dem Zufall, ob und wenn ja welcher der Anleger von „Gold Standard“ bei einer – regulären oder vorzeitigen – Vertragsbeendigung sein Geld oder den entsprechenden Wert in Gold zurückerhalten könnte oder würde. An diesem 25. Februar 2015 wurde dem Angeklagten Saik von dem zuständigen Dezernenten der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden nur: BaFin) auch der an den BDT e.V. als Rechtsträger der BWF-Stiftung gerichtete Abwicklungsbescheid gemäß g37 KWG bekanntgegeben, mit dem das weitere Betreiben des Einlagengeschäftes u.a. für ,Gold Standard“ untersagt und die unverzügliche Abwicklung der unerlaubt betriebenen Geschäfte der BWF bzw. des BDT e.V. angeordnet und zugleich zur Durchsetzung der Abwicklungsanordnung ein Rechtsanwalt zum Abwickler bestellt wurde. Damit war der Geschäftsbetrieb der BWF bzw. der BDT e.V. am 25. Februar 2015 rechtlich und auch faktisch beendet.

Der Angeklagte Saik hat die Urkundenfälschungen in den zwölf Fällen (Fälle 2 bis 13 des Urteils) umfassend. und den Betrug im Fall 1 des Urteils hinsichtlich der relevanten Täuschungshandlungen weitgehend eingeräumt, sich jedoch dahin eingelassen, gleichwohl an die Realisierbarkeit des BWF-Geschäftsmodells geglaubt und darauf vertraut zu haben, im Jahre 2014 – später doch erst ab dem Jahre 2017 – genug Gold für alle Anleger der BWF aus einer südamerikanischen Goldmine zu erwerben.

Die Angeklagten Moldovan-Saik, Over und Braumann haben jeweils die Vertragsgestaltung für Gold Standard“, das Anlageprocedere und die Anlagesummen sowie die Gold-Dummies nicht in Abrede gestellt bzw. im Wesentlichen bestätigt und ihre Tätigkeit für die BWF ebenfalls eingeräumt. Danach hatte die Angeklagte Moldovan-Saik im Tatzeitraum die Kontrolle über die für die Geidfiüsse wichtigen Konten der BWF-Gruppe und war ergänzend in der Buchhaltung und als zweite Vorsitzende der BWF-Stiftung tätig. Der Angeklagte Over war für die Finanzbuchhaltung sowie für die Werbung der BWF (d.h. im Wesentlichen für die Internetpräsentation und für die Prospekterstellung) zuständig und fungierte zugleich als erster Vorstand des Bundes Deutscher Treuhandstiftungen e.V. (im Folgenden nur: BDT bzw. BDT e.V.), womit er dem Rechtsträger der selbst nicht rechtsfähigen BWF-Stiftung vorstand. Der Angeklagte Braumann war erster Vorstand der BWF-Stiftung, unterzeichnete die schon oben erwähnten „(Gold)-Eigentumsurkunden“ für die Anleger und leitete den Vertrieb in der BWF-Zentrale. Alle drei Angeklagten Moldovan-Saik, Over und Braumann, die jeweils in enger und regelmäßiger Ab- und Rücksprache mit dem Angeklagten Saik handelten und auf diese Weise an den für die Aufrechterhaltung des Betruges essentiellen Schaltstellen des Betrugskonstrukts saßen, an denen nicht eingeweihte Außenstehende sonst die Täuschung hätten erkennen können, haben sich im Übrigen gleichlautend dahin eingelassen, an die Rechtmäßigkeit und wirtschaftliche Durchführbarkeit der Geschäftsidee des Angeklagten Saik und an den Erwerb von echtem Gold in ausreichender Höhe für alle Anleger geglaubt zu haben und mithin ihrerseits von dem Angeklagten Saik getäuscht worden zu sein, der das strafrechtlich Relevante allein ausgeführt habe.

Das Urteil ist seit dem 25.10.2018 rechtskräftig. In dieser Entscheidung wurde die (erweiterte) Einziehung folgender Gegenstände ausgesprochen: die Einziehung von Erlangten in Höhe von 29.013,12 Euro .

Es besteht bei einer bislang unbekannten Person ein Anspruch auf Rückübertragung oder Herausgabe, § 459h StPO.

Diesen Anspruch auf Rückübertragung oder Herausgabe kann innerhalb von sechs Monaten nach Veröffentlichung dieser Mitteilung bei der Staatsanwaltschaft Berlin angemeldet werden, § 459j Abs. 1 StPO:

Sofern der Anspruch auf Rückübertragung/​Herausgabe bei der Staatsanwaltschaft Berlin binnen der sechsmonatigen Frist angemeldet wird, kann eine Rückübertragung/​Herausgabe an die (den) Verletzte(n) nur dann erfolgen, sofern sich der Anspruch ohne weiteres aus der Einziehungsanordnung ergibt, anderenfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht, § 459k Abs. 2 StPO.

Unabhängig von der Sechsmonatsfrist kann der Anspruch auf Rückübertragung/​Herausgabe bei der Staatsanwaltschaft Berlin angemeldet werden. In diesem Fall muss allerdings ein Endurteil im Sinne des § 704 ZPO oder einen sonstigen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorgelegt werden, aus dem sich der Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten ergibt, § 459j Abs. 5 StPO.

Der Gegenstand kann von der Staatsanwaltschaft Berlin auch herausgegeben oder zurückübertragen werden, wenn der/​die Einziehungsbetroffene ein vollstreckbares Endurteil im Sinne des § 704 ZPO oder einen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt aus dem sich ergibt, dass dem/​der Verletzten aus der Tat ein Anspruch auf Rückgewähr des Erlangten erwachsen ist und der/​die Einziehungsbetroffene die Rückübertragung oder Herausgabe des eingezogenen Gegenstandes an diesen Verletzten verlangt, § 459l Abs. 1 S. 1 StPO.

Abschließend wird darauf hingewiesen, dass der (die) Rechtsnachfolger(in) des/​der Verletzten (bei Erbschaft, Forderungsabtretung, gesetzlicher Forderungsübergang auf den Versicherer) an seine/​ihre Stelle tritt und dazu berechtigt ist, einen o. g. Antrag zu stellen und die Rückübertragung/​Herausgabe des Gegenstandes an sich zu verlangen. Der/​Die Verletzte möge sich bitte mit der Staatsanwaltschaft Berlin, Turmstraße 91, 10559 Berlin zum Aktenzeichen 247 AR 135/​21 schriftlich in Verbindung setzen.

 

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