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Umsetzung der europäischen Urheberrechts-Richtlinien in Deutschland

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OpenClipart-Vectors / Pixabay

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat heute einen zweiten Diskussionsentwurf zur Umsetzung der europäischen Urheberrechts-Richtlinien veröffentlicht. Er enthält unter anderem Regelungen zur urheberrechtlichen Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen wie beispielsweise YouTube.

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht erklärt:
„Mit der Modernisierung des Urheberrechts wollen wir die Rechte der Kreativen stärken, die Rechtsinhaber fair an den Erlösen beteiligen und gleichzeitig die Kommunikations- und Meinungsfreiheit der Nutzerinnen und Nutzer im Internet wahren.

Es geht dabei nicht um ein Gegeneinander von Kreativen, Rechteverwertern und Nutzern, sondern um ein Miteinander. Unser Entwurf schlägt deshalb einen fairen Ausgleich vor, von dem alle Beteiligten profitieren können.

Schwerpunkt unseres Entwurfs ist die Umsetzung von Artikel 17 der sogenannten DSM-Richtlinie. Die Vorgaben der Richtlinie konkretisieren wir und fügen neue, innovative Instrumente hinzu. „Upload-Filter“ werden dadurch weithin überflüssig. Der Gefahr des „Overblocking“ werden wir wirksam begegnen.

Dabei haben wir uns an folgenden Grundsätzen orientiert, die wir bereits in der Protokollerklärung der Bundesregierung bei Verabschiedung der Richtlinien formuliert haben:
Die Kreativen und Verwerter möchten fair an den Gewinnen beteiligt werden, die die Plattformen mit ihren Inhalten erzielen. Die Nutzer fordern aber zurecht, dass die Kommunikations- und Meinungsfreiheit im Internet gewahrt bleibt, und dass das Urheberrecht auf neue Formen der Kreativität wie etwa „User Generated Content“ reagiert. Inhalte, die exklusiv auf Bezahl-Plattformen vermarktet werden sollen, können wir in unlizenzierten Uploads von Nutzern nicht dulden – auch das ist klar. Hier müssen die Plattformen wirksame Mechanismen vorsehen, um solche Rechtsverletzungen zu verhindern. Und last but not least brauchen die Plattformen Rechtssicherheit; insbesondere bei der Frage, welche Inhalte sie lizenzieren müssen und welche nicht.“

Der Diskussionsentwurf für ein Zweites Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an den Digitalen Binnenmarkt enthält folgende Regelungsvorschläge:

  • Ein eigenständiges neues Gesetz regelt die urheberrechtliche Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen. Es enthält außerdem Vorschriften zu Nutzerrechten und zu Vergütungsansprüchen der Urheber für Nutzungen auf Plattformen.
  • Die bereits bestehenden Vorschriften des Urhebervertragsrechts, also die Regeln für Verträge zwischen Kreativen und Verwertern, werden angepasst.
  • Künftig können Verwertungsgesellschaften kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung vergeben. Die bereits bestehenden Sondervorschriften für die Online-Veröffentlichung von vergriffenen Werken, insbesondere von nicht mehr erhältlichen Büchern, werden reformiert.
  • Neue Bestimmungen regeln die Online-Verbreitung von Fernseh- und Radioprogrammen per Livestream und über Mediatheken.

Die interessierten Kreise erhalten Gelegenheit, bis Ende Juli 2020 zum Diskussionsentwurf Stellung zu nehmen. Diese Stellungnahmen werden auf der Internetseite des BMJV veröffentlicht. Das BMJV wird nach Ablauf der Stellungnahmefrist das weitere förmliche Gesetzgebungsverfahren einleiten.

Den Diskussionsentwurf für das Zweite Umsetzungsgesetz finden sie einschließlich eines Eckpunktepapiers zur Umsetzung von Artikel 17 DSM-RL hier.

Der Diskussionsentwurf für das Erste Umsetzungsgesetz zur Umsetzung der EU-Urheberrechts-Richtlinien vom Januar 2020 nebst Stellungnahmen ist hier abrufbar.

Damit liegen nunmehr Umsetzungsvorschläge für sämtliche Bestimmungen der DSM-Richtlinie (EU) 790/2019 und der Online-SatCab-Richtlinie (EU) 789/2019 vor. Die Richtlinien sind bis zum 7. Juni 2021 in deutsches Recht umzusetzen.

Überblick über die maßgeblichen Änderungen

Der Entwurf führt mit den Bestimmungen über die Verantwortlichkeit von Upload-Plattformen sowie den Regelungen über kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung zwei neue Elemente in das deutsche Urheberrecht ein. Daneben modifiziert der Entwurf an einer Vielzahl von Stellen das Urheberrechtsgesetz (UrhG) und das Verwertungsgesellschaftengesetz (VGG):

  1. Der Entwurf für ein Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz (UrhDaG-E) setzt in einem eigenständigen neuen Gesetz Artikel 17 DSM-RL um und regelt erstmals gesetzlich die urheberrechtliche Verantwortlichkeit und die Sorgfaltspflichten von Upload-Plattformen für die von ihren Nutzern hochgeladenen Inhalte (§ 1 UrhDaG-E).
  2. Hierzu zählt die Pflicht, bestimmte Lizenzen für die öffentliche Wiedergabe urheberrechtlich geschützter Werke zu erwerben (§ 4 UrhDaG-E). Lizenzen der Plattform wirken auch zugunsten der Nutzer (§ 9 UrhDaG-E).
  3. Im Interesse der Nutzer erlaubt der Entwurf die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke zu den Zwecken der Karikatur, der Parodie und des Pastiches (§ 5 UrhDaG-E). Zudem werden Bagatellnutzungen zu nicht kommerziellen Zwecken (beispielsweise für User Generated Content, UGC) in einem geringfügigen Umfang gegen angemessene Vergütung durch die Plattform erlaubt (§ 6 UrhDaG-E).
  4. Die Upload-Plattformen müssen es ihren Nutzern ermöglichen, Uploads als erlaubte Nutzungen zu kennzeichnen und so vor einer Sperrung oder Entfernung zu schützen (§§ 8 und 12 UrhDaG-E).
  5. Sind geschützte Inhalte nicht lizenziert und ist die Nutzung nicht gesetzlich erlaubt, so ist der Diensteanbieter verpflichtet, auf die Information des Rechtsinhabers hin die entsprechenden Inhalte zu entfernen bzw. den Zugang zu ihnen zu sperren (§§ 10 und 11 UrhDaG-E).
  6. Die Kreativen erhalten einen Direktvergütungsanspruch gegen die Plattformen (§ 7 Absatz 1 UrhDaG-E). Außerdem profitieren sie von der Vergütung für Bagatell-nutzungen (§ 6 UrhDaG-E).
  7. Zur Klärung von Zweifelsfällen und für Streitigkeiten zwischen Plattformen, Rechtsinhabern und Nutzern stehen Beschwerdeverfahren sowie außergerichtliche Streitbeilegung zur Verfügung (§§ 14-18 UrhDaG-E).
  8. Die gesetzlichen Erlaubnisse für Karikaturen, Parodien und Pastiches sind künftig ausdrücklich in § 51a UrhG-E geregelt, auf den auch das UrhDaG-E Bezug nimmt.
  9. Kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung sollen Nutzungen von Werken auf vertraglicher Basis mit geringen Transaktionskosten erleichtern, etwa bei Digitalisierungsprojekten. Der Entwurf schafft hierfür eine allgemeine Vorschrift für kollektive Lizenzen mit erweiterter Wirkung (Extended Collective Licences, ECL, siehe § 51 VGG-E).
  10. Darüber hinaus wird die Nutzung von „nicht verfügbaren“, d.h. nicht im Handel erhältlichen Werken durch Kultureinrichtungen geregelt (§ 51b VGG-E). Diese Bestimmungen lösen die bisherigen Vorschriften zu den vergriffenen Werken ab.
  11. Vervielfältigungen eines visuellen Werkes, an dem das Urheberrecht erloschen ist, genießen künftig keinen Leistungsschutz mehr (§ 68 UrhG-E). Dies erleichtert den Zugang zu gemeinfreien Werken, insbesondere im digitalen Umfeld.
  12. Der Entwurf enthält Anpassungen im Urhebervertragsrecht, etwa zu den Fragen der angemessenen Vergütung (§ 32 UrhG-E), der weiteren Beteiligung des Urhebers (§ 32a UrhG-E), der Auskunft und Rechenschaft des Vertragspartners (§ 32d UrhG-E) sowie in der Lizenzkette (§ 32e UrhG-E), der Vertretung durch Vereinigungen (§ 32g UrhG-E) sowie zu Fragen des Rückrufsrechts wegen Nichtausübung (§ 41 UrhG-E).
  13. Ziel der Online-SatCab-RL ist es, den grenzüberschreitenden Zugang der europäischen Zivilgesellschaft zu Rundfunkinhalten zu verbessern. In Umsetzung dieser Maßgaben erleichtert § 20c UrhG-E den Rechteerwerb für bestimmte unionsweit verbreitete Internet-Angebote (insbesondere für Live-Streams und Angebote in Mediatheken).
  14. Für qualifizierte Weitersendedienste erleichtert die Reform die Klärung der erforderlichen Urheber- und Leistungsschutzrechte, indem der Rechteerwerb nur noch zentral über Verwertungsgesellschaften erfolgt (§§ 20b und 87 UrhG-E).

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