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Deutsche Justiz überlastet

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Eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur in den Bundesländern ergab, dass deutsche Gerichte an der Belastungsgrenze arbeiten. Zwar wurde bundesweit neues Personal im Justizdienst eingestellt. So wurden seit 2016 in Baden-Württemberg 700 Stellen in der Justiz neu besetzt. Trotzdem reicht das bei Weitem nicht aus, um die bundesweite Personalknappheit im Justizwesen zu beseitigen.

Was sind die Ursachen für die Überlastung?

Obwohl die Anzahl der Straftaten seit Jahren rückläufig ist, hat sich die Bearbeitung einiger Strafverfahren erschwert, weil sie in vielen Fällen Auslandsbezug haben und sich oft gegen international organisierte Tätergruppen richten. Als Folge davon müssen umfangreiche Ermittlungen angestellt und riesige Datenmengen ausgewertet werden, die zum Teil die Mithilfe ausländischer Behörden erfordern. Dadurch ziehen sich die Verfahren in die Länge und der Personalbedarf steigt. Bei überlangen Strafverfahren setzt bei vielen Straftaten die Verjährung ein und Verdächtige müssen aus der Untersuchungshaft entlassen werden.

Aufgrund zahlreicher Klagen abgelehnter Asylbewerber haben die meisten Verwaltungsgerichte in Deutschland ebenfalls ihre Kapazitätsgrenze erreicht. Auch die Sozialgerichte sind mit den juristischen Überprüfungen von Hartz IV-Bescheiden bereits seit einigen Jahren überfordert.

Ein weiteres Problem besteht darin, dass die Verdienstmöglichkeiten für Juristen in der freien Wirtschaft wesentlich besser sind als im öffentlichen Dienst. Daher entscheiden sich viele Berufsanfänger für einen lukrativen Job in einem Unternehmen.

Pensionierung von Richtern und Staatsanwälten verschärft die Situation

Laut Auskunft des Deutschen Richterbundes werden bis zum Jahr 2030 ca. 40 % aller Richter und Staatsanwälte pensioniert. Daher ist zu erwarten, dass sich die Situation zuspitzen wird, wenn sich die Personalsituation bis dahin nicht drastisch verändert.

Im Koalitionsvertrag haben die Regierungsparteien einen „Pakt für den Rechtsstaat“ beschlossen, der u. a. die Einstellung von 2000 Richtern und 15.000 Polizisten beinhaltet. Allerdings gibt es zwischen Bund und Ländern einen Konflikt bezüglich der Finanzierung, da die Länder vom Bund eine finanzielle Beteiligung fordern. Es bleibt abzuwarten, wie es mit der geplanten personellen Aufstockung von Richtern und Staatsanwälten weitergeht.

Kann man wegen eines überlangen Verfahrens klagen?

Zwar hat ein Entschädigungsanspruch nach § 198 GVG wegen unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens vor Gericht in der Regel wenig Aussicht auf Erfolg, in einigen Fällen wurde aber einer Klage wegen überlanger Gerichtsverfahren stattgegeben:

Das Kammergericht Berlin (Urteil vom 29.01.2016 – 7 EK 12/15) hat einem Kläger einen Entschädigungsanspruch zugesprochen, dessen verkehrsrechtliches Gerichtsverfahren länger als zwölf Monate andauerte.

Des Weiteren wurde das Land-Baden-Württemberg vom Oberlandesgericht Karlsruhe zur Zahlung einer Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer verurteilt (Urteil vom 19.12.2013 – Az.: 23 SchH 2/13 EntV). In diesem Fall ging es um ein Güterrechtsverfahren, dessen angemessene Verfahrensdauer um sechs Jahre und sieben Monate überschritten wurde.

Quelle: https://www.anwalt.de/rechtstipps/ueberlastung-der-deutschen-justiz_151710.html

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