Landgericht Frankfurt am Main 21. Zivilkammer
Frankfurt am Main, 25.06.2018
Aktenzeichen: 2-21 O 193/18
Es wird gebeten, bei allen Eingaben das vorstehende Aktenzeichen anzugeben
Beschluss
In dem Rechtsstreit
Klägerin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. bender & pfitzmann
Kaiserstraße 50, 40479 Düsseldorf,
Geschäftszeichen: 745-16-CJ-KL
gegen
1. Merck Finck Privatbankiers AG, vert. d. d. Vorstand, Benrather Straße 15, 40213 Düsseldorf,
2. Alpha Patentfonds Management GmbH vertr.d.d. GF, Clemensstraße 3, 60487 Frankfurt am Main,
3. RB Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesell. Steuerberatungsgesell., Alt-Moabit 2, 10557 Berlin,
Beklagte
Prozessbevollmächtigte zu 1: Rechtsanw. Aderhold Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Wagmüllerstr. 23, 80538 München,
Geschäftszeichen: 01752-17/RWA/pta
Prozessbevollmächtigte zu 2: Rechtsanw. Wirsing Haas Zoller
Maximilianstr. 35, 80539 München,
Geschäftszeichen: 5/ao/00088/18
Alpha Patentfonds Management GmbH vertr. d.d. Geschäftsführer, Clemensstraße 3, 60487 Frankfurt am Main,
Nebenintervenientin
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanw. Severin Rechtsanwälte Partnerschaft mbB
Knesebeckstraße 3, 10623 Berlin,
Geschäftszeichen: 779/17BK70 df
hat das Landgericht Frankfurt am Main, 21. Zivilkammer,
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Iffländer,
den Richter am Landgericht Schaller und
den Richter Wolz
am 25.06.2018 beschlossen:
Es soll gemäß § 3 Abs. 2 KapMuG der folgende Musterverfahrensantrag im elektronischen Klageregister des Bundesanzeigers unter der Rubrik „Klageregister nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz“ bekannt gemacht werden:
I. Beklagte:
1. Merck Finck Privatbankiers AG, vert. d. d. Vorstand Matthias Schellenberg, Michael Krume, Joachim Gorny und Udo Kröger Benrather Straße 15, 40213 Düsseldorf,
2. Alpha Patentfonds Management GmbH vertr.d.d. Geschäftsführer Bernd Hermann und Steffen Lohrer, Clemensstraße 3, 60487 Frankfurt am Main,
3. RB Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, vertr. d. d. GF Horst Beck, Ingo Fehlberg, Dirk-Ralf Gloger, Gerhard Schmitt, Rainer Vedder, Alt-Moabit 2, 10557 Berlin
II. Von dem Musterverfahrensantrag betroffener Anbieter von sonstigen Vermögensanlagen:
Alpha Patentfonds Management GmbH vertr. d.d. Geschäftsführer Bernd Hermann und Steffen Lohrer, Clemensstraße 3, 60487 Frankfurt am Main
III. Prozessgericht:
Landgericht Frankfurt am Main
IV. Aktenzeichen:
2-21 O 193/18
V. Feststellungsziele des Musterverfahrensantrages:
1. Es wird festgestellt, dass der Emissionsprospekt über die Beteiligung am Alpha Patentfonds 3 GmbH & Co. KG in der Fassung vom 10.09.2007 (nachfolgend „Emissionsprospekt“) in wesentlichen Teilen unrichtig und damit insgesamt irreführend und unvollständig ist, nämlich
a) |
dass der Emissionsprospekt zur positiven Darstellung des Patenthandels auf Seiten 21, 35, 36, 38, 39, 40 und 67 die Anzahl von Patentanmeldungen abgestellt, die für die Kommerzialisierung von Patenten nachrangig sind und die Anleger dadurch unrichtig informiert werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 21 S. 35 S. 36 S. 38 Abbildung 12: S.39 S. 39 S.40 S. 67 |
b) |
dass die im Emissionsprospekt gemachten Angaben zur Bewertung von Patenten auf S. 53 und 55 nicht von einer neutralen Stelle stammen, sondern von Patentinhabern selbst und diese drastisch überhöht sind und die Anleger dadurch unrichtig informiert werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt, durch folgende Formulierung: S. 53 Der durchschnittliche Wert eines „europäischen“ Patentes beträgt laut der Studie der EU-Kommission EUR 6,358 Mio. S.55 |
c) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 3 des Emissionsprospektes keinen Hinweis darauf enthält, dass es einen Markt für Patente zwischen miteinander nicht verbundenen und kooperierenden Unternehmen in dem aufgezeigten Umfang, der Grundlage für die Konzeption des Fonds ist, nicht gibt und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: In Deutschland steht dieser Markt noch am Anfang seiner Entwicklung, er ist offen und steckt voller ungenutzter Potentiale. Viele Unternehmen besitzen Patente, die sie selber nicht nutzen, andere hingegen gut gebrauchen könnten. Man spricht von „Schätzen auf dem Dachboden“ in Analogie zum vergessenen Koffer mit wertvollem Inhalt. Hier setzt der Alpha Patentfonds 3 an. |
d) |
dass der Markt für die Verwertung von Patenten im Emissionsprospekt zu positiv dargestellt wird, nämlich durch den auf S. 25 und 69 des Prospektes enthaltenen Hinweis, dass der durchschnittliche Verwertungserlös pro Patent mit 1,75 Mio. € angegeben wird und es als realistisch dargestellt wird, dass 54 % der Patente erfolgreich verwertet werden können, und die Anleger dadurch unrichtig informiert werden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 25 Verwertung der Patente bzw. Patentfamilien In der Verwertungsprognose wird nach einem mengenmäßigen Abschlag von S. 69 |
e) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 20, 99 nicht ordnungsgemäß und ausreichend deutlich macht, dass neben dem dargestellten Fonds zwei weitere Fonds derselben Fondsgesellschaft mit überlappenden Fondslaufzeiten mit dem identischen Konzept um die gleichen Patente und deren Verwertungen konkurrieren und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 20 S. 99 |
f) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 20 nicht ordnungsgemäß und ausreichend auf die Interessenskonflikte hinweist, die dadurch entstehen, dass ein weiterer Fonds derselben Fondsgesellschaft mit denselben Kompetenzpartnern die Patentselektierung und -verwertung vornehmen und wie dieser Interessenkonflikt gelöst wird und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S.20 |
g) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 15 und S. 81 den Eindruck vermittelt, dass 89,68 % des Beteiligungskapitals in werthaltige Patente investiert werden, obgleich die Selektionskosten für die Patente bereits 72,76 % des investierten Kapitals ausmachen, so dass der Anleger dadurch unrichtig informiert wird und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 15 S. 81 |
h) |
dass der Emissionsprospekt nämlich auf S. 13, 71, 91, 93, 94, 106 den falschen Eindruck vermittelt, dass die Laufzeit der Fondsgesellschaft fünf Jahre betrage und als „bad case“ eine Laufzeit von 6 Jahren darstellt ohne in ausreichender Maße und Deutlichkeit darauf hinzuweisen, dass § 12 Abs. 2 des Gesellschaftsvertrages (S. 128) der geschäftsführenden Kommanditistin das Recht einräumt, durch einseitige Erklärung die Dauer der Gesellschaft zu verlängern und dass insofern ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 13 S.71 S. 91 S. 93 S. 94 S. 106 |
i) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 12 keinen ordnungsgemäßen und ausreichenden Hinweis auf die Konzeption des Fonds als „Blind-Pool“ enthält und somit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: Bei dem Zielportfolio handelt es sich um einen sogenannten Blind-Pool, bei dem zwar der spezielle Markt und dessen Komponenten bekannt sind sowie Kriterien für die Auswahl der Anlagegegenstände festgelegt wurden (vgl. Kapitel 11.2.2,1. unter „Stufen 1, 2 und 3), jedoch die jeweiligen konkreten Anlagegegenstände noch nicht ausgewählt oder erworben wurden. |
j) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 83 keinen ordnungsgemäßen und ausreichenden Hinweis beinhaltet, dass mit dem Beteiligungskapital allein die erforderliche Anzahl von Patentenverwertungen, die für die prognostizierte Rendite erfolgen müssen, nicht zu erzielen ist und somit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: Erträge aus der Verwertung der Patente: Im vorliegenden Finanzmodell wird davon ausgegangen, dass 135 Patente/Patentfamilien der 250 zur Verwertung ausgewählten Patente/ Patentfamilien (vgl. Kapitel 11.2.4) zu einem durchschnittlichen Verwertungserlös von EUR 1,75 Mio. verwertet werden. Es wird angenommen, dass der Kaufpreis für die Patente nach deren Verwertung direkt der Portfoliogesellschaft zufließt, in Ausnahmefällen kann der auf den Patentveräußerer entfallende Anteil des Kaufpreises direkt an letzteren zufließen. Für den Zugang der Verwertungserlöse wird von folgender Annahme zur Verteilung der Erlöse über die geplante Laufzeit ausgegangen; 12 % in der Periode zwischen März 2011 und März 2012, 25 % in der Periode zwischen März 2012 und März 2013 sowie 63 % in der Periode zwischen März 2013 und März 2014. |
k) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 65 keinen ordnungsgemäßen und ausreichenden Hinweis auf das mit dem, dem Prospekt zu Grunde liegenden Re-Investitions-Konzept, verbundene besondere Anlagerisiko enthält und somit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: Liquiditätsüberschuss laufendes Jahr: Der Cash Flow der jeweiligen Periode ergibt sich als Differenz zwischen Einnahmen und Ausgaben. |
l) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 81 und 82 Kosten für rechtliche und steuerliche Beratung, Angebotsunterlagen und Gutachten in Höhe von 750.000 EUR sowie für Gründung und Strukturierung und Anlagekonzeption in Höhe von 1.375.000 EUR ausweist, die aufgrund der identischen Übernahme des Konzeptes des Vorgängerfonds so nicht entstanden sind und dass somit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S.81 S. 82 |
m) |
dass der Emissionsprospekt, nämlich auf den Seiten 3, 11, 16, 62, 65, 69, 78, 107, 118 den falschen Eindruck vermittelt, dass für die Selektion und Verwertung der Patente die Steinbeis-Gruppe verantwortlich sei, obwohl mit dieser keine vertragliche Bindung bestand und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 3 S. 11 Für die Durchführung des gesamten technischen Prozesses der Identifikation, Selektion, Bewertung und Verwertung der Patente konnte als weiterer Kompetenzpartner die Steinbeis-Gruppe gewonnen werden. Die Steinbeis-Gruppe zählt mit über 5000 Mitarbeitern zu den führenden und renommierten europäischen Unternehmen im Technologietransfer. Die Steinbeis-Gruppe verfügt einerseits über erstklassige Expertise bei der Bewertung und Verwertung von Schutzrechten, andererseits ermöglicht die Steinbeis-Gruppe den Zugang zu den potentialträchtigen Patentinhabern und den wirtschaftlich starken Patentkäufern. S.16 S.62 S.65 S.69 S.78 Deshalb hat die Steinbeis-Gruppe einen guten Zugang zu Patentinhabern. S. 107 S.118 |
n) |
dass der Emissionsprospekt, nämlich auf den Seiten 21, 62, 77, 78, 84 den falschen Eindruck vermittelt, dass der Hauptfocus des Steinbeis Transferzentrum Technologiebewertung und Innovationsberatung (Steinbeis TIB) im Zeitpunkt der Prospekterstellung in der Verwertung von Patenten liegt und dort praktische Erfahrungen bereits vor Prospekterstellung bestanden und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 21 S.62 S. 77 S.78 S.84 |
o) |
dass der Emissionsprospekt, nämlich auf den Seiten 11, 25, 60, 61, 69, 71, 78 den falschen Eindruck vermittelt, dass die Alpha Gasser Patentverwertungs- Kommanditgesellschaft (AGP) und das Steinbeis Transferzentrum Technologiebewertung und Innovationsberatung (Steinbeis TIB) zu den europäischen Marktführern im Technologie- und Wissenstransfer gehören und langjährige Erfahrung und Expertise in der Patentbewertung und -verwertung haben und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S.11 S. 25 S. 60 S.61 S. 69 S. 71 S.78 Es besteht große Erfahrung in der Durchführung komplexer und vergleichbarer Projekte. |
p) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 62 und 117 keinen notwendigen Hinweis dazu enthält, dass Unternehmenssitz der Alpha Gasser Patentverwertungs KG lediglich das private Einfamilienhaus des Geschäftsführers Karl Gasser und dessen Ehefrau ist und insoweit ein erheblicher Prospektfehler vorliegt; durch folgende Formulierung: S. 62 S. 117 |
q) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 117 nicht darauf hinweist, dass die Alpha Gasser Kommanditgesellschaft bei Prospektaufstellung nicht über das Personal verfügte, um die Verwertung der Patente durchführen zu können, durch folgende Formulierung: S.117 |
r) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 83 nicht darauf hinweist, dass der Zugang zu großen Unternehmen, die bereit und in der Lage wären 1,75 Mill. EUR für den Kauf eines Patentes zu investieren nur über große etablierte Broker oder Intermediäre möglich ist, zu denen die Kompetenzpartner nicht gehören; durch folgende Formulierung: S. 83 Patente/Patentfamilien mit Werten zwischen TEUR 100 und TEUR 500, die während des Selektionsprozesses zum Beispiel über die 250 gesuchten hinaus identifiziert und angebunden werden, würden selbstverständlich auch verwertet werden, entweder direkt durch die Portfoliogesellschaft oder über Patentbroker und/oder Patentauktionen. |
s) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 83 nicht darauf hinweist, dass die Kompetenzpartner Alpha Gasser KG, Steinbeis Transferzentrum Technologiebewertung und Innovationsberatung (Steinbeis TIB) oder Steinbeis -Beratungszentrum Mergers & Acquisitions (Steinbeis M & A), keine großen etablierten Broker oder Intermediäre sind, die Zugang zu großen Unternehmen haben, die bereit und in der Lage wären, 1,75 Mill. EUR für den Kauf eines Patentes zu investieren. durch folgende Formulierung: S. 83 |
t) |
dass der Emissionsprospekt auf S. 11 keinen ordnungsgemäßen und ausreichenden Hinweis aufweist, dass für die Beauftragung von großen etablierten Brokern und Intermediären Provisionen von bis zu 10 % – 20 % des Transaktionsvolumens von den Kompetenzpartnern nicht zu bezahlen sind und für diese Kosten kein Budget vorgesehen ist. durch folgende Formulierung: Die Kompetenzpartner wählen dann nach Maßgabe des zu erwartenden Patentwertes unter Berücksichtigung der Verwertungschancen eine Menge von bis zu 250 Patenten bzw. Patentfamilien aus, für die die jeweiligen Verwertungsrechte durch die Portfoliogesellschaft erworben werden. Für jedes zu verwertende Patent bzw. jede zu verwertende Patentfamilie werden potenzielle Patenterwerber recherchiert. Dabei werden potenzielle Käufer identifiziert, für die die angebotenen Patente bzw. Patentfamilien einen besonders hohen Nutzen haben könnten. Abschließend werden unter Vermittlung der Portfoliogesellschaft Kaufverträge für die jeweiligen Patente bzw. Patentfamilien zwischen den Patentinhabern und den Patenterwerbern verhandelt und abgeschlossen. Dabei handelt die Portfoliogesellschaft im Namen und für Rechnung der jeweiligen Patentveräußerer. Auf die Patentveräußerer entfällt im Regelfall durchschnittlich 50% des Erlöses aus der Veräußerung bzw. Verwertung der Patente. Dieser Verwertungserlös beinhaltet die Vorabzahlung und die Zahlung für die Übernahme der Kosten im Zusammenhang mit der Aufrechterhaltung und Verteidigung der Patente von durchschnittlich bis zu EUR 80.000 pro Patent/Patentfamilie (vgl. oben unter Stufe 4 und 5 und Kapitel 11.2). |
VI. Sachverhaltsschilderung:
Herr Ingo Mehler zeichnete am 25.11.2008 eine Beteiligung an der Alpha Patentfonds 3 GmbH & Co KG zum Nominalwert von 20.000,00 EUR zzgl. 5 % Agio. Die Anlageberatung erfolgte anhand des von der Beklagten zu 2) herausgegebenen Verkaufsprospektes. Herr Mehler trat etwaige Ansprüche aus einem Beratungsvertrag an die Klägerin ab.
VII. Tag des Eingangs des Musterverfahrensantrages:
08.02.2018
Iffländer Schaller Wolz