Die Europäische Kommission hat erstmals ein Medikament zur Behandlung der Alzheimer-Krankheit zugelassen, das nicht nur Symptome lindert, sondern gezielt in die biologischen Mechanismen der Erkrankung eingreift. Bei dem zugelassenen Präparat handelt es sich um den monoklonalen Antikörper Lecanemab, der sich gegen Ablagerungen des sogenannten Beta-Amyloids im Gehirn richtet – eine der zentralen Ursachen, die mit der Entstehung und dem Fortschreiten der Alzheimer-Demenz in Verbindung gebracht werden.
Die Zulassung gilt für die Anwendung im frühen Stadium der Erkrankung, also bei Patientinnen und Patienten mit milder kognitiver Beeinträchtigung oder milder Demenz, bei denen ein Nachweis für die krankheitstypischen Eiweißablagerungen vorliegt. Damit ist Lecanemab das erste Medikament seiner Art, das in der Europäischen Union zugelassen wurde und einen krankheitsmodifizierenden Therapieansatz verfolgt.
Hoffnung – aber nur für wenige
Trotz dieses bedeutenden Fortschritts bleibt die Anwendbarkeit des neuen Medikaments derzeit stark eingeschränkt. Fachleute betonen, dass nur ein vergleichsweise kleiner Teil der Alzheimer-Patientinnen und -Patienten überhaupt für die Therapie infrage kommt. Zum einen muss die Erkrankung frühzeitig erkannt worden sein, zum anderen sind umfangreiche diagnostische Untersuchungen – etwa durch PET-Scans oder Liquoranalysen – notwendig, um die krankheitsspezifischen Merkmale nachzuweisen.
Zudem ist die Behandlung mit Lecanemab nicht ohne Risiken. In klinischen Studien zeigten sich Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen und Mikroblutungen, insbesondere bei Menschen mit bestimmten genetischen Prädispositionen. Daher muss die Therapie unter enger ärztlicher Überwachung erfolgen. Auch der hohe Preis des Medikaments sowie die Notwendigkeit regelmäßiger Infusionen stellen Herausforderungen für Gesundheitssysteme und Patienten dar.
Verfügbarkeit und Ausblick
Die Markteinführung von Lecanemab in der EU könnte in den kommenden Monaten erfolgen – abhängig von Preisverhandlungen, nationalen Erstattungsregelungen und der logistischen Umsetzung in den einzelnen Mitgliedstaaten. In den USA wurde das Medikament bereits im Jahr 2023 unter dem Namen Leqembi zugelassen und ist dort unter bestimmten Voraussetzungen erhältlich.
Trotz aller Einschränkungen wird die EU-Zulassung als ein wichtiger Schritt in der Alzheimer-Forschung gewertet. Bisherige Medikamente konnten lediglich Symptome lindern, ohne den Verlauf der Erkrankung zu beeinflussen. Lecanemab eröffnet nun die Perspektive auf eine Therapie, die das Fortschreiten der Demenz zumindest verlangsamen kann – ein Hoffnungsschimmer für Millionen von Betroffenen und deren Angehörige.
Forschung und Industrie setzen große Hoffnungen auf weitere Entwicklungen in diesem Bereich. Mehrere ähnliche Antikörpertherapien befinden sich aktuell in der klinischen Erprobung. Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass in den nächsten Jahren weitere innovative Medikamente folgen könnten – mit dem Ziel, Alzheimer künftig nicht nur zu verlangsamen, sondern möglicherweise sogar zu verhindern.