Das National Museum of African American History and Culture in Washington D.C. – ein zentraler Ort zur Aufarbeitung afroamerikanischer Geschichte in den USA – steht zunehmend im Fokus politischer Debatten. US-Präsident Donald Trump kritisierte die Arbeit des Museums in einem aktuellen Erlass, in dem er Institutionen wie das Smithsonian beschuldigt, „eine spaltende, ideologisch geprägte Geschichtserzählung“ zu fördern.
„Museen in der Hauptstadt sollten Orte des Lernens sein, nicht Orte der ideologischen Indoktrination“, heißt es in dem Dekret. Ziel sei es, die Smithsonian Institution „wieder zu einem Symbol amerikanischer Größe“ zu machen. In diesem Zusammenhang wurde auch der Austritt von Museumsdirektor Kevin Young am 4. April öffentlich bekannt – nur wenige Tage nach Veröffentlichung des Erlasses.
Kulturelle Vielfalt oder politische Agenda?
Das Museum wurde 2016 unter großer öffentlicher Aufmerksamkeit eröffnet und verzeichnete allein 2024 rund 1,6 Millionen Besucher. Es erzählt die afroamerikanische Geschichte in ihrer ganzen Tiefe: vom transatlantischen Sklavenhandel über die Bürgerrechtsbewegung bis hin zur heutigen Popkultur und den Erfolgen afroamerikanischer Sportler:innen und Künstler:innen.
Kritiker sehen darin eine wichtige Ergänzung zu traditionellen Geschichtsdarstellungen. Unterstützer wie die National Council of Negro Women betonen: „Das Museum stellt sicher, dass diese Geschichten nicht vergessen, verdrängt oder politisch instrumentalisiert werden.“
Doch Trumps Dekret stellt genau diese Erzählweise infrage. Es untersagt künftig die Finanzierung von Programmen, „die amerikanische Werte abwerten oder Bürger in Rassenkategorien spalten“.
Lehrer, Schüler und Aktivisten verteidigen das Museum
Adam Sanchez, früher Geschichtslehrer in New York, schilderte seine Erfahrungen mit Schülergruppen im Museum: „Es war bewegend – viele Schüler hatten Tränen in den Augen, nachdem sie die Ausstellung zur Sklaverei gesehen hatten.“ Für viele habe der Besuch eine Tiefe erzeugt, die im Klassenzimmer kaum zu erreichen sei. Auch seine ehemalige Schülerin Nakiyah Rowe äußerte sich beeindruckt über die komplexe Darstellung afroamerikanischer Beiträge zur US-Geschichte: „Es war ein Moment des Stolzes.“
Bryan Stevenson, Gründer der Equal Justice Initiative, betont die Bedeutung solcher Museen angesichts fehlender Inhalte im Schulsystem: „Viele Aspekte afroamerikanischer Geschichte wurden nie angemessen vermittelt. Diese Lücken füllen Museen wie das in Washington.“
Politische Symbolik trifft auf kulturelles Erbe
Trump besuchte das Museum während seiner ersten Amtszeit selbst und versprach damals, sich für Freiheit und Gerechtigkeit einzusetzen – für Afroamerikaner und alle US-Bürger. Jetzt, mit seiner neuen Ausrichtung, stößt er auf deutliche Ablehnung in vielen afroamerikanischen Organisationen.
Museumsgründer Lonnie Bunch, mittlerweile Leiter des gesamten Smithsonian-Netzwerks, erinnerte daran, dass die Sammlung heute mehr als 40.000 Exponate umfasst – darunter Originalstücke wie eine Sklavenhütte, das Tuch von Harriet Tubman oder Interviews mit Zeitzeugen der Bürgerrechtsbewegung.
Sanchez sieht in der aktuellen politischen Entwicklung eine klare Warnung: „Es gibt einen gezielten Versuch, diese Geschichte zum Schweigen zu bringen. Umso wichtiger ist es, Schülern zu zeigen: Diese Geschichte ist real.“