Interviewer: Frau Bontschev, Kryptowährungen wie Bitcoin stehen immer wieder im Fokus. In diesem Zusammenhang gibt es viele Diskussionen über Marktmanipulationen und rechtliche Grauzonen, besonders in Bezug auf Market Maker und den Einfluss von Wahlen. Wie bewerten Sie das aus rechtlicher Sicht?
Rechtsanwältin Bontschev: Kryptowährungen befinden sich in einer rechtlich komplexen Umgebung, die sich ständig weiterentwickelt. Einer der Hauptpunkte ist, dass Kryptowährungen und damit verbundene Märkte in vielen Ländern, darunter auch Deutschland und die EU, noch nicht vollständig reguliert sind. Das schafft Raum für Marktmanipulationen, wie sie häufig von sogenannten Market Makern vorgenommen werden. Diese Akteure nutzen die Volatilität des Kryptomarktes gezielt aus, um Preisbewegungen zu beeinflussen, was im traditionellen Finanzmarkt streng verboten wäre. Die fehlende oder unklare Regulierung im Kryptobereich erlaubt jedoch in vielen Fällen Praktiken, die andernorts illegal wären.
Interviewer: Sie sprechen Marktmanipulationen an, die im Kryptomarkt ein großes Problem darstellen. Wie sieht die rechtliche Handhabung dieser Manipulationen aus, und warum sind sie in traditionellen Märkten verboten, während sie bei Kryptowährungen oft geduldet werden?
Rechtsanwältin Bontschev: Marktmanipulationen sind im traditionellen Finanzmarkt gemäß der Marktmissbrauchsverordnung (MAR) in der EU klar verboten. Diese Vorschriften sollen sicherstellen, dass Marktteilnehmer vor unlauterem Verhalten geschützt werden. Bei Kryptowährungen fehlen jedoch in vielen Fällen vergleichbare Regularien. Da der Kryptomarkt oft global agiert und nicht an die gleichen rechtlichen Standards wie der traditionelle Finanzmarkt gebunden ist, nutzen Market Maker diese Lücken aus. Dadurch können sie über große Handelsvolumen den Preis einer Kryptowährung in die gewünschte Richtung lenken. Rechtlich gesehen bewegen sie sich oft in einer Grauzone, da es derzeit keine klaren Regeln gibt, die dies verhindern.
Interviewer: In dem Text wird auch auf die Einflussnahme durch Wahlen und politische Ereignisse hingewiesen. Welche rechtlichen Implikationen sehen Sie hierbei, speziell in Bezug auf den Einfluss von Politik auf den Kryptomarkt?
Rechtsanwältin Bontschev: Politische Ereignisse, insbesondere Wahlen, haben oft erhebliche Auswirkungen auf die Finanzmärkte, einschließlich des Kryptomarktes. In den USA zum Beispiel könnten Wahlen zu einer Veränderung der regulatorischen Rahmenbedingungen führen, was sich direkt auf Kryptowährungen auswirkt. Die rechtlichen Implikationen hängen stark davon ab, wie die Politik den Kryptomarkt künftig behandeln wird. Sollte es zu strikteren Vorschriften kommen, könnte das den Markt stabilisieren und manipulative Praktiken eindämmen. Andererseits könnte eine laxere Regulierung den Markt weiter destabilisieren, was zu größeren Risiken für Anleger führen könnte. Die rechtliche Unsicherheit in Verbindung mit den enormen politischen und wirtschaftlichen Interessen im Kryptomarkt schafft eine volatile Umgebung.
Interviewer: Welche Herausforderungen sehen Sie für Anleger, die sich im Kryptomarkt bewegen, und welche rechtlichen Maßnahmen können sie ergreifen, um sich zu schützen?
Rechtsanwältin Bontschev: Eine der größten Herausforderungen für Anleger im Kryptomarkt ist die fehlende Transparenz. Es gibt oft keinen rechtlichen Rahmen, der klar definiert, wie ein Marktteilnehmer vorgehen kann, wenn es zu Manipulationen kommt. Anleger sollten daher äußerst vorsichtig sein und nur auf vertrauenswürdigen Plattformen handeln. Außerdem ist es ratsam, sich rechtlich beraten zu lassen, insbesondere wenn es um größere Investitionen geht. Anleger sollten sich auch bewusst sein, dass in vielen Fällen Rückforderungen oder rechtliche Ansprüche schwierig durchzusetzen sind, da sich viele Plattformen in Ländern ohne klare Krypto-Regulierung befinden.
Interviewer: Gibt es in Deutschland konkrete Ansätze zur Regulierung des Kryptomarkts, die Anlegern mehr Sicherheit bieten könnten?
Rechtsanwältin Bontschev: Ja, Deutschland hat bereits erste Schritte unternommen, um den Kryptomarkt zu regulieren. Die BaFin, die deutsche Finanzaufsicht, überwacht mittlerweile bestimmte Bereiche des Kryptomarktes und fordert von Anbietern von Kryptowährungen, Lizenzen zu beantragen, um in Deutschland tätig sein zu dürfen. Zudem gibt es auf EU-Ebene Bestrebungen, mit der Markets in Crypto-Assets (MiCA)-Verordnung einen einheitlichen Rechtsrahmen für Kryptowährungen zu schaffen. Diese Verordnung könnte den Handel mit Kryptowährungen transparenter und sicherer machen, was langfristig den Schutz der Anleger stärken würde.
Interviewer: Vielen Dank, Frau Bontschev, für diese wertvollen Einblicke. Was würden Sie abschließend denjenigen raten, die in Kryptowährungen investieren möchten?
Rechtsanwältin Bontschev: Ich rate potenziellen Anlegern, sich gründlich über den Markt und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu informieren, bevor sie investieren. Kryptowährungen sind sehr spekulativ, und die rechtlichen Grauzonen machen es schwierig, sich im Falle von Problemen zu schützen. Man sollte nur Gelder investieren, deren Verlust man verkraften kann, und im Zweifel immer einen rechtlichen Berater hinzuziehen.
Interviewer: Vielen Dank für das Gespräch, Frau Bontschev.