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Reisen in Zeiten des Coronavirus

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Free-Photos (CC0), Pixabay

Die Presse ist voller Meldungen über den Coronavirus. Die Anzahl der erkrankten Menschen steigt. Immer mehr Reisende haben deshalb Angst um ihre Gesundheit und wollen Reisen nicht antreten.

Ein Überblick (Stand 13. März 2020):

  1. Neben China sind inzwischen Iran, Südkorea, die USA und Japan sowie in Europa auch Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland und die Schweiz stärker von dem Virus betroffen.
  2. Einige Länder haben inzwischen ihre Grenzen für Deutsche, Europäer oder sogar alle Touristen geschlossen. Aus Deutschland können Sie in den meisten Fällen zum Beispiel vorerst nicht mehr in diese Länder reisen: USA, Türkei, Polen, Tschechien, Dänemark, Israel, Slowakei, Argentinien, Bolivien, Paraguay, Peru, Venezuela und Vietnam sowie Indien.
  3. Einige Länder verhängen für Eingereiste, auch für Touristen, 14-tägige Quarantänen. Das ist zum Beispiel in Russland, Norwegen, Malta und Rumänien der Fall. Dort müssen Sie dann über diese Zeit im Hotel bleiben und dürften nicht raus.
  4. Das Auswärtige Amt hat früh eine Reisewarnung für die chinesische Provinz Hubei herausgegeben. Hinzu kommen inzwischen deutliche Reisehinweise für das restliche China sowie für Italien.

Damit werden immer mehr Reisen unmöglich bzw. unzumutbar. Ein kostenfreier Rücktritt (Stornierung) der gesamten Reise ist dann bei Pauschalreisen möglich. Wann Sie dieses Recht genau haben, schildern wir in diesem Beitrag.

Falls Sie Ihr Ziel nicht erreichen können, zum Beispiel wegen eines Einreisestopps oder eines Sperrgebiets, können Sie auch einzeln gebuchte Leistungen, wie zum Beispiel Hotels, stornieren und bekommen Ihr Geld zurück. Zumindest wenn für die Buchung deutsches Recht gilt. Schwieriger kann es zum Beispiel sein, wenn Sie direkt beim Anbieter im Ausland gebucht haben. Dann kann das Recht des dortigen Landes statt des deutschen gelten.

Auch sonst gilt: Nehmen Sie Kontakt mit Ihrem Reiseveranstalter bzw. Anbietern von einzeln gebuchten Reiseleistungen auf, falls Sie den Urlaub nicht antreten möchten. Über Ihre geschilderten Rechte hinaus zeigen sich Airlines und Pauschalreiseanbieter durchaus kulant.

Die Ausbreitung gefährlicher Krankheiten wie jetzt beim Coronavirus ist ein unvermeidbarer außergewöhnlicher Umstand (früher: „höhere Gewalt“), der eine Pauschalreise erheblich beeinträchtigt. Ist Ihr Zielort entsprechend stark betroffen, können Sie deswegen kostenfrei zurücktreten.

Entscheidend ist die Situation vor Ort

Auf eine subjektive Einschätzung kommt es dabei aber nicht an. Wer aus Angst zurücktritt, kann sich nicht auf außergewöhnliche Umstände berufen. Entscheidend ist eine objektive Einschätzung der Lage vor Ort.

Stärkstes Indiz für außergewöhnliche Umstände, für das Vorliegen einer Gefährdung der Reisenden also, sind die Einschätzungen des Auswärtigen Amtes und daraus folgende Reisewarnungen und -hinweise, an denen sich regelmäßig die Gerichte orientieren.

Eine Reisewarnung wegen des Coronavirus liegt weiterhin nur für die chinesische Provinz Hubei vor, denn nur dort droht nach Ansicht des Auswärtigen Amts eine konkrete Gefahr für Leib und Leben.

Daneben gibt es aber auch Reisehinweise, wie nun wegen Corona auch für ganz Italien sowie für das ganze Land China, außer Hongkong und Macao (Formulierung: Von Reisen dorthin „wird derzeit abgeraten“).

Durch die mit dem Coronavirus einhergehenden behördlichen Vorsichtsmaßnahmen (z.B. Ein- und Ausreiseverbote sowie Quarantänemaßnahmen) in den besonders betroffenen Ländern wie China, Südkorea, Iran und Italien kann es aber auch zu einer erheblichen Erschwerung oder Beeinträchtigung der Reise kommen, die zu einer kostenfreien Stornierung berechtigt. Ob eine solche vorliegt, lässt sich pauschal nicht beantworten und hängt von der konkreten Reise und der Situation vor Ort, in den Reisezielen in den jeweiligen Ländern ab.

Die USA haben am 12. März 2020 einen Einreisestopp für Europäer verhängt. Diese dürfen nun vorerst 30 Tage lang nicht mehr einreisen. Argentinien, Bolivien, Paraguay, Peru und Venezuela haben am 13. März vorübergehende Verbote von Flügen aus Europa angekündigt. Israel hat seine Einreisebedingungen verschärft, wodurch Touristen im Regelfall nicht mehr einreisen dürfen. Ähnliche Maßnahmen gibt es inzwischen in der Türkei, Polen, Dänemark, Tschechien, Indien, Slowakei und Vietnam. In Österreich beenden die Bundesländer Tirol und Salzburg die Wintersportsaison vorzeitig und haben Seilbahnen nur noch bis einschließlich Sonntag und Hotels bis einschließlich Montag geöffnet. Auch das macht eine kostenfreie Stornierung von Pauschalreisen möglich, weil die vereinbarte Reise nicht mehr möglich ist.

Sollten die Voraussetzungen für außergewöhnliche Umstände noch nicht vorliegen, kann auch eine wesentliche Änderung der Reise eine kostenfreie Stornierung begründen. Das ist der Fall, wenn Sie z. B. wesentliche Sehenswürdigkeiten einer Reise durch die mit dem Coronavirus verbundenen Sicherheitsmaßnahmen nicht besichtigen können.

Wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Stornierung?

Wer einen Urlaub gebucht hat, der in einigen Wochen oder Monaten stattfinden soll, wird sich derzeit die Fragen stellen: Wie sieht die Lage dann wohl aus, hat sie sich verschlimmert oder verbessert? Kann ich dann noch in genau dieses Land reisen? Möchte ich überhaupt reisen?

Die weitere Verbreitung des Coronavirus und Maßnahmen einzelner Länder kann natürlich niemand vorhersagen. Aber die Frage, wann ein kostenloser Rücktritt genau möglich ist, ist leider rechtlich nicht geklärt.

  • Wenn die Reise unmittelbar bevorsteht, Sie also in wenigen Tagen starten würden, schauen Sie sich die Lage am Reiseziel an. Gibt es offizielle Reisewarnungen / eindeutige Reisehinweise („von Reisen wird abgeraten“) des Auswärtigen Amts, Einreisestopps oder liegt Ihr Ziel im Sperrgebiet, können Sie kostenfrei zurücktreten.
  • Findet die Reise erst in einigen Wochen oder Monaten statt, ist ja noch nicht absehbar, ob die Reise dann wie geplant durchgeführt werden kann. Falls Sie die Reise nicht antreten möchten, werden die Stornoentgelte für eine normale Stornierung aber weiter steigen, je mehr Zeit vergeht.

Wartet man nun also, bis es wegen einer verschärften Lage im Zielland einen kostenfreien Rücktritt gibt? Oder storniert man möglichst früh, damit die Stornoentgelte nicht weiter steigen? Wir meinen: Treten unvermeidbare außergewöhnliche Umstände, die zum kostenfreien Rücktritt vom Reisevertrag berechtigen, erst nach Ihrer Stornierung ein und liegen diese Umstände zum geplanten Reisetermin noch vor, darf ein Pauschalreiseanbieter kein Stornoentgelt von Ihnen verlangen! Falls Sie nach einer frühen Stornierung zunächst Stornoentgelt bezahlt haben, der Veranstalter aber wegen der verschärften Umstände später Reisen in das Gebiet selbst absagt, muss er Ihnen das Geld wieder zurückgeben.

Es ist allerdings nicht sicher, dass Ihr Reiseanbieter das auch so sieht. Es kann zum rechtlichen Streit darüber kommen, ob Stornoentgelte gerechtfertigt sind oder nicht. Lassen Sie sich, gerade bei teuren Reisen, im Zweifel unabhängig beraten, zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale.

Empfehlung: Nehmen Sie frühzeitig mit dem Reiseveranstalter Kontakt auf

Ungeachtet der rechtlichen Einschätzung raten wir dazu, bei einer anstehenden Reise in betroffene Regionen umgehend mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufzunehmen. Reiseveranstalter reagieren unseren Informationen nach durchaus sensibel auf die Situation und räumen auch ohne Vorliegen bzw. Nachweis der gesetzlichen Voraussetzungen von sich aus kostenfreie Stornierungs- und Umbuchungsmöglichkeiten ein.

So bietet etwa DER Touristik nach einer Pressemitteilung vom 30. Januar 2020 ein Sonderkündigungs- und Umbuchungsrecht für Asien-Reisen an. „Dieses gilt mit einer Frist von 15 Werktagen vor Abreise für alle zwischen dem 1. Februar und 31. März 2020 bei den Veranstaltern Dertour, ITS, Jahn Reisen, Meiers Weltreisen und ADAC Reisen gebuchten Reisen nach China, Indonesien, Japan, Malaysia, Myanmar, Thailand und Vietnam im Reisezeitraum 1. April bis 30. August 2020, wenn unsere Kunden aufgrund des Virus nicht mehr reisen möchten.“

Freiwillige Angebote, umzubuchen oder zu stornieren, machen auch zahlreiche Fluggesellschaften. Lufthansa etwa bietet für alle Flüge von/nach Festland-China kostenfrei Umbuchungen und eine Rückerstattung an. Flüge von/nach Peking, Shanghai, Nanjing, Shenyang und Qingdao sind bis zum 28. März ausgesetzt. British Airways hat die Flüge von/nach Beijing und Shanghai bis zum 17. April 2020 ausgesetzt.

Individualreisende sind auf freiwillige Angebote angewiesen

Mit den freiwilligen Angeboten der Fluggesellschaften haben auch Individualreisende eine Handhabe, die wegen außergewöhnlicher Umstände ansonsten kein rechtliches Instrument haben und regelmäßig auf einem Schaden selbst sitzen bleiben, wenn sie die Reise absagen oder abbrechen.

Ob Ihnen mit der Annullierung eines Fluges zusätzlich Entschädigungszahlungen nach der Fluggastrechteverordnung zukommen, hängt davon ab, ob sich das Flugunternehmen seinerseits auf außergewöhnliche Umstände berufen kann. Da das pauschal schwer zu beurteilen ist, empfiehlt es sich, einen entsprechenden Antrag zu stellen. Dabei unterstützt Sie auch unsere kostenlose Flugärger-App. Mit der Entschädigungszahlung könnten ggf. die Schäden durch bereits gebuchte Reiseleistungen wie Hotel, Ausflüge oder Mietwagen abgedeckt werden, die Sie nicht wegen höherer Gewalt kostenfrei stornieren können.

Eine individuell gebuchte Unterkunft brauchen Sie nach deutschem Recht dann nicht zu bezahlen, wenn Sie sie nicht nutzen können. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn die Unterkunft in einem Sperrgebiet liegt und nicht erreichbar ist. Achtung: Haben Sie die Unterkunft direkt bei einem Eigentümer im Ausland gebucht, gilt allerdings das Recht des Landes, in dem die Unterkunft liegt.

Hilft mir eine Reiserücktrittskostenversicherung?

Wegen Corona helfen diese Versicherungen oft nicht (mehr).

Eine Reiserücktrittskostenversicherung tritt grundsätzlich nicht ein, wenn es Krisen im Reiseland gibt. Vielmehr geht es bei der Reiserücktrittskostenversicherung um Fälle, in denen Sie selbst krank oder durch bestimmte Ereignisse (z.B. Tod von Verwandten, Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit) verhindert sind und nicht wie geplant reisen können.

Aber: Da die WHO Corona inzwischen offiziell als „Pandemie“ einstuft, wird wohl auch dann eine Erstattung schwierig sein, falls Sie selbst an Corona erkrankt sind und eine Reise nicht antreten können oder abbrechen müssen. Denn viele Versicherer sehen vor, dass „Schäden, Erkrankungen und Tod infolge von Pandemien“ nicht versichert sind.

Schauen Sie im Zweifel in die Bedingungen Ihres Versicherungsvertrags. Und lassen Sie sich, gerade bei teuren Reisen, gegebenenfalls unabhängig beraten, zum Beispiel bei der Verbraucherzentrale.

Quelle: https://www.verbraucherzentrale.de/aktuelle-meldungen/reise-mobilitaet/unterwegs-sein/coronavirus-grassiert-in-vielen-laendern-ihre-rechte-als-reisender-43991

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