Start Justiz „Anwalts-Inkasso-Zentrale“ – Einziehungsanordnung wegen Betruges

„Anwalts-Inkasso-Zentrale“ – Einziehungsanordnung wegen Betruges

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Maria_Domnina (CC0), Pixabay

Staatsanwaltschaft Osnabrück

Benachrichtigung gemäß § 459 i StPO über die Rechtskraft der Einziehungsanordnung

NZS 123 Js 23804/12

Die Staatsanwaltschaft vollstreckt eine Einziehungsanordnung des Landgerichts Osnabrück wegen Betruges (Az. 12 KLs/123 Js 23804/12 -2/17) gegen Tayfun Kesim, geb. am 28.06.1984. Diese ist rechtskräftig seit dem 21.03.2019. Das Gericht hat diese Anordnung getroffen, um das aus Straftaten Erlangte wieder zu entziehen.

Auf Grund dieser Entscheidung ist den Verletzten ein Anspruch entstanden, der nun geltend gemacht werden kann.

Es liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Verurteilte versandte wahrlos unter dem Briefkopf „Anwalts-Inkasso-Zentrale“ und dem Zusatz „Dezernat Forderungseinzug, Rechtsanwalt Ingo Müller“ Mahnschreiben unter Androhung von gerichtlichen Schritten, sofern der Forderungsbetrag nicht sofort beglichen werde.

In den auf den 18.05.2012 datieren Schreiben hieß es u.a.:

„…Sie haben die Teilnahme an dem Service „DSM-24“ gegen einen Kostenbeitrag von 59,00 € monatlich erklärt. Das Telefonat ist mir Ihrer Zustimmung aufgezeichnet worden und dient dem Beweis des Zustandekommens des Vertrages…Sie befinden sich im Verzug…Wir haben Sie letztmalig aufzufordern, den Gesamtbetrag… von 222,00 € sofort zu begleichen….Sofern Sie nicht fristgerecht leisten, müssen Sie damit rechnen, dass die Forderung gerichtlich geltend gemacht werden wird….“

Als Zielkonto wurde das Konto von Ingo Müller Nr. 0322166300 bei der Postbank Hannover angegeben.

In den auf den 07.06.2012 datierten Forderungsschreiben wurde die Teilnahme an einer Gewinnspielvermittlung „DGZ-6/49“ mit einer nicht gezahlten Forderungssumme von 192,00 € behauptet und zur sofortigen Zahlung aufgefordert.

In den auf den 10.07.2012 datierten Forderungsschreiben wurde die Teinahme an einer Gewinnspielvermittlung „MWS“ mit einer nicht gezahlten Forderungssumme von 222,00 € behauptet.

Unter dem Kopfbogen von Rechtsanwalt Terzakis wurden mit Datum vom 05.03.2014 weitere Mahnschreiben versandt. Diese waren nach folgendem Muster aufgebaut:

„…hiermit zeigen wir an, dass uns die Firma CC Management, mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt hat. Unsere Mandantschaft macht gegen Sie eine Forderung …aus dem Zeitschriftenabonnement… aus dem Jahr 2012 …in Höhe von insgesamt 155,41 € …geltend….Der Betrag ist unverzüglich….zu zahlen…“

Es wurden erneut gerichtliche Schritte bei Nichtzahlung angedroht.

Die angemahnten Forderungen bestanden allerdings nicht oder nicht mehr.

Um keine Unannehmlichkeiten zu haben, wurden aufgrund der Mahnschreiben trotzdem von Geschädigten Zahlungen geleistet.

Der Verurteilte hat sich durch die Taten bereichert.

Bzgl. der Geschädigten zustehenden Rechte sei auf die nachfolgende Belehrung verwiesen.

Der Erlös aus der Verwertung der durch die Staatsanwaltschaft gepfändeten Vermögenswerte wird an den Verletzten ausgekehrt, sofern diesem ein Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten aus der rechtskräftig abgeurteilten Tat erwachsen ist (§ 459 h Abs. 2 StPO).

Die Auskehrung an den Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) erfolgt nur, wenn dieser seinen Anspruch binnen sechs Monaten nach Zustellung dieser Mitteilung anmeldet. Bei der Anmeldung ist die Höhe des Anspruchs zu bezeichnen (§ 459 k Abs. 1 StPO).

Bei einer unverschuldeten Versäumung der 6-Monatsfrist kann dem Verletzten unter den in den §§ 44 und 45 StPO bezeichneten Voraussetzungen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden (§ 459 k Abs. 4 StPO).

Zudem bleibt es dem Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) unbenommen, seinen Anspruch auf Auskehrung des Verwertungserlöses unabhängig von der 6-Monatsfrist geltend zu machen, indem er ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der Anspruch ergibt. Einem vollstreckbaren Endurteil im Sinne des § 704 ZPO stehen bestandskräftige öffentlich-rechtliche Vollstreckungstitel über Geldforderungen gleich.

Ergeben sich die Berechtigung und die Höhe des angemeldeten Anspruchs des Antragstellers (des Verletzten oder dessen Rechtsnachfolgers) ohne weiteres aus der Einziehungsanordnung und den ihr zugrundeliegenden Feststellungen, so wird der Verwertungserlös in diesem Umfang an den Antragsteller ausgekehrt. Andernfalls bedarf es der Zulassung durch das Gericht. Das Gericht wird die Zulassung versagen, wenn der Verletzte seine Anspruchsberechtigung nicht im Sinne des § 294 ZPO glaubhaft macht (§ 459 k Abs. 2 StPO). Der von der Einziehungsanordnung Betroffene wird vor der Entscheidung über die Auskehrung, soweit möglich, angehört (§ 459 k Abs. 3 StPO).

In dem Fall einer Insolvenzeröffnung muss der Verletzte seinen Anspruch eigenständig und schriftlich bei dem Insolvenzverwalter gemäß § 174 InsO in dem Insolvenzverfahren geltend machen.

Wird über das Vermögen des Betroffenen das Insolvenzverfahren eröffnet, erlöschen die durch die Staatsanwaltschaft erlangten Sicherungsrechte. Die im Zuge des Ermittlungs- und/oder Vollstreckungsverfahrens gepfändeten Vermögenswerte werden an den Insolvenzverwalter herausgegeben (§ 111 i Abs. 1 StPO).

Gibt es mehrere Verletzte, die ihre Ansprüche bei der Staatsanwaltschaft anmelden, und stellt die Staatsanwaltschaft fest, dass der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte nicht ausreicht, um die angemeldeten Ansprüche aller Verletzter zu befriedigen, stellt die Staatsanwaltschaft einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Betroffenen (§ 459 h Abs. 2 i.V.m. § 111 i Abs. 2 StPO). Eröffnet das Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren, treten die zuvor beschriebenen Folgen ein (§ 111 i Abs. 1 StPO).

Kann ein Insolvenzantrag nicht gestellt werden oder wird das Insolvenzverfahren nicht eröffnet, wird der Erlös aus der Verwertung der gepfändeten Vermögenswerte an denjenigen Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolger) ausgekehrt, der ein vollstreckbares Endurteil (§ 704 ZPO) oder einen anderen Vollstreckungstitel im Sinne des § 794 ZPO vorlegt, aus dem sich der geltend gemachte Anspruch ergibt. Die Auskehrung ist ausgeschlossen, wenn zwei Jahre seit der Aufhebung des Insolvenzverfahrens oder seit dieser Benachrichtigung verstrichen sind (§ 459 m Abs. 1 S. 4 i.V.m. § 459 m Abs. 1 S. 1 – 3 StPO).

Befriedigt der von der Einziehung Betroffene den Anspruch, der einem Verletzten aus der Tat auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, kann der Betroffene in dem Umfang der von ihm geleisteten Befriedigung Ausgleich aus dem Verwertungserlös verlangen, soweit der Verwertungserlös unter den vorgenannten Voraussetzungen an den Verletzten auszukehren gewesen wäre. Die Befriedigung des Anspruchs muss dabei durch eine Quittung des Verletzten (oder dessen Rechtsnachfolgers) glaubhaft gemacht werden. Der Verletzte (oder dessen Rechtsnachfolger) wird – soweit möglich – vor der Entscheidung über den geltend gemachten Ausgleichsanspruch des Betroffenen angehört.

Der Staatsanwaltschaft ist es nicht erlaubt, rechtlichen Rat zu erteilen. Bitte sehen Sie deshalb von Rückfragen ab und lassen sich ggf. anwaltlich beraten.

Diplom-Rechtspflegerin (FH)

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