Start Allgemein Bewertungsportale im Internet müssen fair berichten, ansonsten droht Schadenersatz

Bewertungsportale im Internet müssen fair berichten, ansonsten droht Schadenersatz

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Bewertungsportale haben großen Einfluss auf das Verbraucherverhalten. Das gilt besonders für Ärzteportale oder Touristenbewertungen. Was macht ein Anbieter, wenn er sich falsch behandelt fühlt? Spezielle Rechtsnormen und Grundsatzurteile hierzu fehlen. Rechtsunsicherheit schadet jedoch der Wirtschaft. Ein neues Musterurteil hat nun das Oberlandesgericht München 13.11.2018, Az. 18 U 1280/16, verkündet (nicht rechtskräftig, Vorabmeldung der LTO.de).

Bewertung muss aus Sicht der Nutzer objektiv sein

Die Fitnesskette der Frau Renate Holland (Weltmeisterin im Bodybuilding vor einigen Jahren) in München war nicht gut bewertet. Frau Holland klagte dagegen und gewann in zweiter Instanz; Revision zum Bundesgerichtshof ist zugelassen. Tenor des Urteils: Frau Holland erhält Schadenersatz, Prozesskosten muss der Gegner bezahlen und zukünftig müssen die Bewertungen objektiv sein.

Gesamtbewertung muss die Gesamtheit aller Bewertungen abbilden

Jeder kann bei dem Online-Portal Yelp Bewertungen abgeben. Wie man es auch von Amazon her kennt, bedeutet ein Stern „absolut nicht empfehlenswert“, fünf Sterne dagegen „sehr zu empfehlen“. Das Unternehmen hat seinen Europasitz in Irland, kommt aus dem USA und greift auf die üblichen allgemeinen Bedingungen zurück, die, kurz und etwas überspitzt formuliert, jede Haftung ablehnen.

Das Bewertungsportal selbst hatte mathematisch eine Gesamtnote aus den Bewertungen gebildet, dabei allerdings nicht alle in die Berechnung einfließen lassen, sondern nur die sogenannten empfohlenen. Diese Vorgehensweise führte letztlich zu einer schlechten Bewertung der Fitness-Studios der Klägerin, weil fast 95% der Bewertungen nicht als empfohlen galten. Nach dem Urteil des OLG München verstehe der objektive Nutzer der Seite die Gesamtbewertung dahin, dass es sich um eine vollständige Auswertung aller abgegebenen Bewertungen handelt.

Wohl deshalb war die Klage erfolgreich. Es handele sich letztlich um die Meinung eines Gewerbetreibenden (also Yelp) über einen anderen Gewerbetreibenden (also die Fitnesskette). Das sei aber ein Widerspruch zu der Aussage des Bewertungsportals und verzerre das Gesamtbild.

Fazit und Tipps

Die Rechtsordnung zwingt jeden, das Internet selber zu kontrollieren. Beobachtung ist daher Bürger- bzw. Kaufmannspflicht. Wegen der unsicheren Rechtslage gilt erst einmal, dass die Gerichte so entscheiden würden, als wäre es ein Offline-Fall. Bei Bewertungsportalen wird vieles außergerichtlich geregelt, daher sind Urteile selten. Das OLG München Urteil zeigt, dass die Rechtsordnung aber funktioniert. Es wurde sogar Schadenersatz zugesprochen.

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