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Kündigung von Bausparverträgen nicht rechtens

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Seit einiger Zeit kündigen Bausparkassen ältere Hochzinsverträge. Sie berufen sich auf das Gesetz –  ein Rechtsprofessor sagt, das geht so nicht.

Bausparkassen kündigten mehr als 200.000 Verträge

Nach Auffassung von Tobias Tröger, Professor an der Goethe-Universität Frankfurt und am Loewe-Zentrum Sustainable Architecture for Finance in Europe, ist die Kündigungspraxis nicht mit der Rechtslage vereinbar. Da die Bausparkassen nach Schätzung von Branchenkennern mehr als 200.000 Verträge gekündigt haben, besitzt seine Aussage Sprengkraft.

Bausparkassen wähnen sich im Recht

Dreh- und Angelpunkt ist die Auslegung des Paragrafen 489 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieser besagt, dass ein Darlehensnehmer einen „Kreditvertrag mit einem festen Sollzinssatz nach Ablauf von zehn Jahren seit dem vollständigen Empfang des Darlehens“ kündigen kann.

Und genau darauf berufen sich die Bausparkassen. Diese sind der Meinung, dass es sich bei Bausparverträgen um einen Darlehensvertrag mit einer Besonderheit handelt: Sparkasse und Sparer würden ab der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre Rollen als Kreditgeber und -nehmer tauschen. Während der vorhergehenden Ansparphase sei die Bausparkasse die Darlehensnehmerin – und damit stehe ihr das Kündigungsrecht zu.

Nicht im Sinne des Gesetzgebers

Die Kreditinstitute wenden diesen Paragrafen vor allem bei solchen Verträgen an, die den Mindestsparbetrag in der Ansparphase erreicht haben. Nach dieser Zeit kann die Darlehensphase beginnen. Doch viele Kunden sparen aber weiter, da ihnen vergleichsweise hohe Zinsen winken. Sie nutzen den Bausparvertrag also nicht als Grundlage für ein Darlehen, sondern als Kapitalanlage. Dies wollen die Bausparkassen verhindern.

Nach Auffassung von Professor Tröger und seinem Mitarbeiter Thomas Kelm widerspricht diese Interpretation des BGB-Pragrafen aber dem Willen des Gesetzgebers. Damit sei diese auch nicht im Sinne der Allgemeinheit. Die Möglichkeit einer fristgemäßen oder gar fristlosen Kündigung bestehe für die Institute daher nicht.

Belohnung für schlechte Geschäftsführung

Die beiden Juristen führen ein weiteres Argument gegen die Bausparkassen ins Feld. Demnach ist es die Aufgabe der Institute, das Risiko von Zinsänderungen in ihrem Geschäft zu berücksichtigen. Ein Sonderkündigungsrecht in einem ungünstigen Zinsumfeld würde somit die belohnen, die dieser Aufgabe nicht gerecht werden. Denn die Sparkassen hätten in Zukunft keinen Anreiz mehr, Zinsrisiken in ihre Verträge einzukalkulieren. Sie würden in guten Zeiten Gewinne einstreichen und in schlechten Zeiten unattraktive Verträge einfach kündigen. Dies ist nach Meinung von Tröger und Kelm nicht im gesamtwirtschaftlichen Interesse.

Bundesgerichtshof wird wohl entscheiden müssen

Nach Auffassung der beiden Juristen sind Kündigungen nur in einem Fall zulässig: Wenn aufgrund eines branchenweit ungenügenden Risikomanagements die Schieflage einer großen Anzahl von Instituten und damit eine Gefahr für die Finanzstabilität droht. In diesem Fall sei jedoch die Finanzaufsicht Bafin gefragt. Gehe es dagegen nur um einzelne Institute, so müssten diese die Folgen ihrer Fehler im Management von Marktpreisrisiken selbst tragen.

Wer sich in deser Diskussion durchsetzten wird, bleibt abzuwarten. Nach einer Vielzahl von Gerichtsurteilen zugusten der Bausparkassen wird sich eines Tages wohl der Bundesgerichtshof mit dieser Kontroverse befassen.

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