Was genau ist das Nebenkostenprivileg?
Als Nebenkostenprivileg bezeichnet man die Umlagefähigkeit des Kabelanschlusses in der Betriebskostenabrechnung. Gesetzlich ist diese Regelung in §2 Nr. 15 der Betriebskostenverordnung (BetrKV) geregelt.
Hauseigentümer und Hausverwaltungen haben oft sogenannte Sammelverträge (Mehrnutzerverträge) mit den Kabelnetzbetreibern abgeschlossen. Die Abrechnung erfolgt über ein sogenannte Sammelinkasso. Das bedeutet, dass der einzelne Mieter oder der einzelne Wohnungseigentümer die Kosten für den Kabelanschluss über die Nebenkostenabrechnung an die Hausverwaltung bezahlt. Dieser leitet das Geld dann an die Kabelnetzbetreiber weiter.
Diese Regelung gilt übrigens nicht nur für den Fernsehempfang, sondern kann auch auf Internet- und Telefonanschlüssen angewendet werden.
Warum ist das Nebenkostenprivileg nicht mehr zeitgemäß?
Als das Kabelfernsehen vor 40 Jahren eingeführt wurde, war es eine echte Neuerung. Statt 3-5 analoger Fernsehprogramme konnten Verbraucher über den neuen Kabelanschluss dann bis zu 30 analoge Fernsehprogramme empfangen. Doch die Zeiten haben sich geändert: Die Fernsehübertragung ist mittlerweile komplett digital und es gibt auch neue Verbreitungswege, wie beispielsweise Fernsehen über das Internet.
Es besteht derzeit aber nur wenig Anreiz für Verbraucher, auf alternative Übertragungswege zu wechseln, da der Kabelanschluss trotzdem über die Nebenkostenabrechnung bezahlt werden muss. Im Zweifel müssen Sie somit 2-mal für den Fernsehempfang bezahlen. Dies soll sich mit der Abschaffung des Nebenkostenprivilegs nun ändern.
Wann wird das Nebenkostenprivileg abgeschafft?
Die Streichung des Nebenkostenprivilegs soll im Rahmen der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) erfolgen. Die neuen Regelungen treten voraussichtlich Ende 2020/Anfang 2021 in Kraft. Allerdings wird es eine Übergangsfrist von 5 Jahren, genauer gesagt bis zum 31.12.2025, für Bestandsverträge geben. Daher besteht in den meisten Fällen aktuell kein Handlungsbedarf. Wird jedoch die Hausverkabelung erneuert, so entfällt der Bestandsschutz.
Mieter, die schon länger als 24 Monate in ihrer Wohnung wohnen, können – sobald die neuen Regelungen in Kraft treten – den Kabelanschluss bei ihrem Vermieter kündigen und sich einen neuen Anbieter frei wählen, ohne den Anschluss doppelt bezahlen zu müssen.
Welche Auswirkungen hat die Abschaffung des Nebenkostenprivilegs für Kabelfernsehen?
Schon heute können sich Verbraucher in vielen Bereichen den Anbieter aussuchen. Sei es beim Strom- oder Gasanbieter oder beim Mobilfunkanbieter. Mehr Wettbewerb führt zu sinkenden Verbraucherpreisen. Bester Beweis hierfür ist die Öffnung des Telefonmarktes vor 22 Jahren. Im Jahre 1996 kostete ein Festnetz-Ferngespräch über 100 km umgerechnet 32 Cent pro Minute – heute gibt es fast ausschließlich nur noch Flatrates für unter 5 Euro pro Monat.
Wird der Kabelanschluss teurer?
Die Kabelnetzbetreiber und Kabelverbände sind natürlich gegen die geplante Gesetzesänderung. Sie befürchten, dass von den Massen an Kabelanschlüssen in größeren Wohneinheiten, die sie bisher auf Jahrzehnte hin vertraglich sicher hatten, zahlreiche von den Bewohnern gekündigt werden. Denn mit der Abschaffung des Nebenkostenprivileg können Mieter dann auf andere Versorgungsarten umsteigen, ohne doppelt für ihren Fernsehempfang zu zahlen.
Daher versuchen die Kabelnetzbetreiber in den Medien mit übertriebenen Warnungen vor sehr teuren Kabelanschlüssen, die sich Verbraucher nicht mehr leisten können, die Politik zu überzeugen, die geplante Gesetzesänderung nicht durchzuführen. Realistisch gesehen wird sich der Kabelanschluss zwar leicht verteuern, aber diese Erhöhung wird sich nach Einschätzung der Verbraucherzentrale im Bereich von maximal 2-3 Euro pro Monat bewegen.
Kosten für den Kabelanschluss: Was ist mit ALG-II Empfängern?
Nach der noch geltenden gesetzlichen Regelung bekommen Arbeitslosengeld-II Empfänger (ALG-II) den Kabelanschluss nur dann bezahlt, wenn er über die Nebenkostenabrechnung abgerechnet wird. Dies wird auch von den Kabelnetzbetreibern als Argument für die Beibehaltung des Nebenkostenprivilegs angeführt.
Was die Kabelnetzbetreiber aber häufig verschweigen: Besteht kein Sammelanschluss, so muss der ALG-II Empfänger die Kosten aus dem Regelsatz bezahlen. Diese Regelung benachteiligt daher bislang ALG-II Empfänger, deren Kabelanschluss nicht über die Nebenkosten abgerechnet wird. Eine faire und soziale Gleichbehandlung kann es daher nur geben, wenn das Nebenkostenprivileg abgeschafft wird.
Fernsehempfang: Welche Alternativen gibt es zum Kabelanschluss?
- DVB-T2 HD
DVB-T2 HD ist das Fernsehen über die Antenne. In vielen Regionen können Sie so mit einer Zimmerantenne oder auch mit der alten Dachantenne ca. 40 Sender in hochauflösender Qualität (HDTV) empfangen. Wenn Sie einen internetfähigen Receiver oder Fernseher haben, können Sie sogar noch weitere Sender über das Internet empfangen. Der Empfang der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ist kostenfrei, wenn Sie die Privatsender empfangen möchten, müssen Sie mit Kosten in Höhe von ca. 6,81 Euro pro Monat rechnen. - IPTV (klassisch)
Das Fernsehprogramm können Sie auch per Internet empfangen. Einige VDSL-Anbieter haben entsprechende Angebote in Kombination mit dem VDSL-Anschluss. Die Kosten für den Fernsehempfang belaufen sich auf ca. 5 Euro pro Monat. Allerdings ist bei dieser Empfangsart ein Receiver des Anbieters notwendig. Diesen müssen Sie beim Anbieter mieten oder kaufen. - IPTV (Streaming)
Voraussetzung für den Fernsehempfang per Streamingdienst ist ein breitbandiger Internetanschluss. Die Kosten für den Empfang liegen meist zwischen 6-10 Euro. Bei einigen Anbietern gibt es sogar kostenlose Zugänge, allerdings sind diese in der Nutzung zeitlich begrenzt und/oder es erscheinen Werbeeinblendungen. Der Empfang am Fernsehgerät funktioniert bei modernen Smart-TVs mit einer entsprechenden App oder bei älteren Geräten mit einem HDMI-Stick zum Einstecken. - Satellitenfernsehen
Die größte Programmvielfalt gibt es per Satellitenempfang. Hier können Sie alle gängigen Fernsehprogramme frei und unverschlüsselt empfangen. Allerdings müssen Sie hier erst prüfen, ob die Installation einer eigenen Satellitenschüssel erlaubt und möglich ist.
Was tun, wenn der Medienberater vor der Tür mit „Abschaltung des Kabelanschlusses“ droht?
Grundsätzlich gilt wie so immer: Lassen Sie niemanden in die Wohnung. Bei diesen sogenannten Medienberatern handelt es sich um freiberufliche Verkäufer, die im Auftrag des Kabelnetzbetreibers unterwegs sind und auf Provisionsbasis bezahlt werden.
Das können Sie tun:
- Lassen Sie niemanden in die Wohnung – auch die unangekündigte „Überprüfung“ des Kabelanschlusses wird meist nur ein Vorwand zum Abschluss neuer Verträge genutzt.
- Lassen Sie sich nicht überrumpeln und unterschreiben Sie nichts an der Haustür!
- Fragen Sie nach dem Dienstausweis des Medienberaters und notieren Sie sich den Namen und ggf. die Kontaktdaten.
- Lassen Sie sich nicht einschüchtern: Niemand wird Ihnen von heute auf morgen den Fernsehanschluss wegnehmen!
- Erteilen Sie – falls notwendig – dem Medienberater Hausverbot!
- Falls der Medienberater ohne Erlaubnis in die Wohnung kommt: Gehen Sie zur Polizei und stellen eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch!
- Falls Sie (auch ohne Unterschrift) plötzlich eine Auftragsbestätigung im Briefkasten finden: Melden Sie den Fall der Verbraucherzentrale und widerrufen Sie den Vertrag!
- Bei unerwünschten Werbeanrufen: Sagen Sie niemals „ja“ – legen Sie im Zweifelsfall einfach auf – auch wenn es Ihnen unhöflich erscheint.
- Widersprechen Sie ggf. der postalischen Werbung (auch teiladressiert, z.B. „An die Bewohner des Hauses“) und auch der Werbung per Telefon.
Quelle:Verbraucherzentrale Bundesverband
Dieser Inhalt wurde von der Gemeinschaftsredaktion in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen Rheinland-Pfalz und Sachsen für das Netzwerk der Verbraucherzentralen in Deutschland erstellt.