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Digitale Preisschilder – Vorteil oder Nachteil für den Verbraucher?

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In immer mehr Bereiche unseres Alltags dringt die digitalen Technik ein. Seit einiger Zeit arbeiten unter anderem einige Supermarktketten mit digitalen Preisschildern, bei denen Preisänderungen für alle Märkte schnell und bequem am Computer per Knopfdruck vorgenommen werden können. Die Verbraucherzentrale Hamburg hat den von den Ketten propagierten Vorteilen einmal die Nachteile für die Verbraucher entgegengestellt.

Versprechen des Handels
Gebetsmühlenartig hören wir vom Handel, dass digitale Preisschilder nur genutzt werden sollen, um Produkte zu bestimmten Uhrzeiten ohne großen Aufwand günstiger verkaufen zu können – etwa leicht verderbliches Obst und Gemüse kurz vor Ladenschluss. Sprecher von Ketten wie Rewe oder Kaufland meinen, ein Supermarkt könne dank der elektronischen Etiketten zu jedem Zeitpunkt den aktuellen und günstigsten Preis für ein Produkt garantieren. Das ist die eine Seite.
Preiserhöhung auf Knopfdruck
Digitale Preisschilder sind aber natürlich auch bestens geeignet, um die Preise auf Knopfdruck zu erhöhen – doch das verschweigen die Verantwortlichen im Handel gerne.
Kein Preisgleichheit mehr: Wer sich kurz vor Anpfiff eines großen Fußballspiels noch in letzter Minute Bier und Chips sichern möchte, könnte schon bald mehr bezahlen als ein Kunde, der die gleichen Artikel bereits am Morgen einkaufen konnte. Die Preisgleichheit für alle wäre somit Vergangenheit.
Weniger Preistransparenz: Durch sich ständig wechselnde Preise wäre es außerdem nahezu unmöglich, Angebote verschiedener Anbieter miteinander zu vergleichen und den Durchblick zu behalten. Mit der Folge, dass Verbraucher überhöhte Preise kaum mehr erkennen und der Handel somit auf fragwürdige Art seinen Gewinn maximiert. Ziel der teuren Investition für die digitalen Preisschilder wird sicherlich auch sein, die „Zahlungsbereitschaft der Verbraucher optimal auszuschöpfen“, sprich höhere Preise zum Beispiel bei hoher Nachfrage oder fehlender Alternativen durchzusetzen.
Falsche und mangelhafte Preisangaben: Ein Argument der Händler für digitale Preisschilder ist auch immer, dass Etiketten am Regal nicht mehr fehlerhaft sein können. Bei den Papierschildern kam es oft zu Abweichungen zwischen Regal- und Kassenpreis, weil etwa Preisänderungen am Regal noch nicht umgesetzt waren.
Doch auch digitale Preisschilder sind nicht unfehlbar: Bei einer Stichprobe in Hamburg haben wir falsche Angaben gefunden. So bildeten sich beispielsweise Füllmengenreduzierungen vom Hersteller nicht auf den Schildern ab, was zu falschen, vermeintlich niedrigeren Grundpreisen führte. Auch fehlende und unleserliche Grundpreisangaben haben wir bei unserer Stichprobe vorgefunden.
Fazit: Digitale Preisschilder können genauso fehlerbehaftet sein wie Papieretiketten. Einen wirklichen Vorteil für Verbraucher diesbezüglich können wir nicht erkennen. Es kommt – wie bei Papierschildern – auf die Zuverlässigkeit der Filialleiter an.
Lekkerland will Produkte nachts teurer verkaufen
Lekkerland, ein Großhändler, der vor allem Tankstellen mit Lebensmitteln beliefert, hat bereits angekündigt, die Schilder auch zu nutzen, um nachts zwischen 22 und 5 Uhr Produkte teurer zu verkaufen. Gemeinsam mit einer freien Aral-Tankstelle will der Händler sein neues Pricing-Modell durchsetzen. Das berichtete die Lebensmittelzeitung. Die Flatterpreise gibt es dann also nicht nur für das Benzin an der Tankstelle, sondern auch für die Lebensmittel aus dem Tankstellen-Shop.
Rechtliche Fragezeichen
Ein Problem bei der Umsetzung von Preisänderungen per Klick im stationären Handel – im Online-Handel sind dynamische Preise ja schon an der Tagesordnung –  könnten allerdings Preisabweichungen zwischen Regal und Kasse während des Einkaufs sein. Was passiert, wenn ein Kunde ein Produkt aus dem Regal nimmt, aber sich der Preis während des Einkaufs auf dem Weg zur Kasse ändert und an der Kasse ein höherer Preis verlangt wird? Die Preisangabenverordnung verlangt Preisangaben „nach den Grundsätzen von Preisklarheit und Preiswahrheit“. Wir haben da so unsere Zweifel, ob das beim „Preis-Jojo“ im Supermarkt gewährleistet wäre. Kunden müssen zukünftig an der Kasse auf jeden Fall noch mehr aufpassen, welcher Preis tatsächlich berechnet wird.
Schöne digitale Welt?
Das digitale Zeitalter im Supermarkt hat mit dem „Dynamic Pricing“ scheinbar gerade erst begonnen: Es gibt bereits Regale, dank denen der Kunde über einen QR-Code-Scan mit seinem Smartphone weitere Infos zum Produkt erhält. Einkaufswagen sollen in Zukunft automatisch die hineingelegte Ware scannen und zum Beispiel die passende Nudelsauce zur Pasta empfehlen.
Diesen Trend will uns der Handel natürlich als Serviceverbesserung verkaufen – doch wir sehen vor allem die große Gefahr. Konsumenten könnten durch gezielte Werbung mehr und mehr zu einer Marionette des Handels werden. Wir fragen uns daher mit großer Sorge: Soll so der Supermarkt der Zukunft aussehen?
Quelle: http://www.vzhh.de/ernaehrung/519497/dynamic-pricing-digitale-preisschilder-mit-flatterpreisen.aspx

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