Der Jahresabschluss der Windpark Wulferstedt GmbH & Co. KG für das Geschäftsjahr 2023 zeigt eine Gesellschaft mit solidem Eigenkapital, jedoch auffälligen Verschiebungen in der Vermögensstruktur. Besonders bemerkenswert: Die liquiden Mittel haben sich im Vergleich zum Vorjahr mehr als halbiert, während die kurzfristigen Forderungen stark gestiegen sind. Anleger sollten genau hinsehen, was hinter diesen Zahlen steckt.
Rückläufige Bilanzsumme bei stabiler Eigenkapitalstruktur
Die Bilanzsumme ist von rund 2,43 Mio. Euro im Vorjahr auf 1,91 Mio. Euro gesunken – ein Rückgang um etwa 21 %. Trotz dieser Entwicklung bleibt das Eigenkapital konstant bei 1,092 Mio. Euro, was rechnerisch zu einer verbesserten Eigenkapitalquote von ca. 57 % führt (Vorjahr: ca. 45 %). Das ist grundsätzlich positiv zu werten, bedeutet aber auch: Der Substanzverlust wurde nicht durch Kapitalzuflüsse oder Gewinne kompensiert, sondern schlicht durch Bilanzverkürzung.
Liquide Mittel stark geschrumpft – kurzfristige Forderungen verdoppelt
Ein besonders auffälliger Punkt ist der Rückgang der liquiden Mittel von rund 1,74 Mio. Euro auf 702.000 Euro. Gleichzeitig haben sich die Forderungen gegenüber Dritten und Kommanditisten von 543.000 Euro auf über 1,07 Mio. Euro nahezu verdoppelt. Das lässt vermuten, dass Liquidität in noch nicht realisierte Außenstände umgewandelt wurde – ein klassisches Zeichen für Liquiditätsverlagerung. Für Anleger bedeutet das: Die tatsächliche Zahlungsfähigkeit könnte sich verschlechtern, auch wenn formal noch Vermögen vorhanden ist.
Gesellschafterverhältnis verschiebt sich – Rückzahlung oder Umverteilung?
Im Vorjahr bestanden Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern in Höhe von rund 300.000 Euro, die nun auf null gesunken sind. Gleichzeitig tauchen Forderungen gegenüber Kommanditisten in Höhe von über 351.000 Euro auf. Das ist eine ungewöhnliche Entwicklung: Entweder wurden frühere Darlehen in Forderungen umgewandelt, oder es gab eine Auszahlung ohne direkte Gegenleistung – beides kann aus Sicht externer Anleger zu Interessenskonflikten führen.
Investitionsschwäche erkennbar – kaum Sachanlagen vorhanden
Das Sachanlagevermögen beträgt gerade einmal 4.600 Euro – was stark darauf hinweist, dass entweder keine operativen Windkraftanlagen bilanziert sind oder diese vollständig abgeschrieben wurden. Die immateriellen Vermögenswerte machen den Großteil des Anlagevermögens aus – sie sanken von 145.000 Euro auf 133.000 Euro. Für ein Unternehmen, das Strom produzieren sollte, ist das operativ fragwürdig, sofern es nicht ausschließlich als Beteiligungsholding agiert.
Geringe laufende Verbindlichkeiten, aber hohe außerbilanzielle Verpflichtungen
Die kurzfristigen Verbindlichkeiten haben sich erfreulich reduziert – von 664.000 Euro auf nur noch 209.000 Euro. Das bedeutet weniger kurzfristigen Druck. Doch gleichzeitig bestehen jährliche Verpflichtungen aus Service-, Betriebsführungs- und Mietverträgen in Höhe von rund 380.000 Euro jährlich, die in der Bilanz nicht erscheinen. Diese „unsichtbaren“ Kosten sind dauerhaft zu bedienen und wirken wie ein Fixkostenblock – ein Risiko bei rückläufigen Einnahmen oder Projektumschichtungen.
Fazit aus Anlegersicht:
Die Windpark Wulferstedt GmbH & Co. KG weist eine gute Eigenkapitalbasis und formal niedrige Verschuldung auf. Das ist positiv. Doch die teils gravierenden Verschiebungen zwischen Liquidität und Forderungen, die Reduzierung der Bilanzsumme, das nahezu nicht vorhandene Sachanlagevermögen und die hohen jährlichen außerbilanziellen Verpflichtungen geben Anlass zur Vorsicht. Wer hier investiert, sollte genau prüfen, worin er eigentlich investiert – eine aktive Stromproduktion scheint derzeit nicht oder nur über andere Strukturen stattzufinden.
Für Anleger gilt: Die Substanz ist da, aber die Struktur wirft Fragen auf. Eine Prüfung der Gesellschafterverhältnisse, der Zahlungsflüsse und der tatsächlichen Geschäftstätigkeit ist ratsam, bevor neue Mittel eingebracht oder Beteiligungen verlängert werden.