Der Prozess gegen die mutmaßliche Ex-RAF-Terroristin Daniela Klette vor dem Oberlandesgericht Celle geht heute in eine besonders emotionale Phase: Ein Mann, der 2015 Opfer eines bewaffneten Überfalls wurde, soll vor Gericht aussagen. Es ist jener Überfall, der im Mittelpunkt des schwerwiegenden Vorwurfs des versuchten Mordes gegen Klette steht.
Ein Überfall, der Spuren hinterließ
Im Juni 2015 war der Mann als Fahrer eines Geldtransporters im niedersächsischen Stuhr-Brinkum im Einsatz, als Unbekannte plötzlich das Feuer auf sein Fahrzeug eröffneten. Nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft war Daniela Klette Teil des Tätertrios. Ein gezielter Schuss aus einem Gewehr durchschlug dabei die gepanzerte Scheibe des Fahrzeugs und blieb nur wenige Zentimeter hinter dem Fahrer – in der Rückenlehne seines Sitzes – stecken.
Für die Ermittler ist klar: Hier wurde der Tod des Fahrers bewusst in Kauf genommen. Die Tat wertet die Staatsanwaltschaft deshalb als versuchten Mord.
Opfer bis heute gezeichnet
Der betroffene Fahrer tritt im Prozess als Nebenkläger auf. Sein Anwalt Steffen Hörning sprach bereits vor Beginn der heutigen Sitzung von tiefen seelischen Spuren: „Mein Mandant war im Anschluss an die Tat sehr traumatisiert. Er hat lang gebraucht, um Schritt für Schritt wieder in das normale Leben zurückzufinden.“
Heute soll er seine Sicht auf das Geschehen schildern – ein schwerer Gang, nicht nur für ihn selbst, sondern auch für das Gericht.
Klette schweigt – Verteidigung kritisiert Verfahren
Daniela Klette, die nach über 30 Jahren im Untergrund im Februar 2024 in Berlin festgenommen worden war, hatte sich zum Auftakt des Prozesses nur schriftlich geäußert. Ihre Verteidiger bezeichneten das Verfahren als politisch motiviert und warfen den Behörden vor, ihre Mandantin werde als Symbolfigur der früheren RAF instrumentalisiert.
Doch die Vorwürfe gegen Klette wiegen schwer: Neben versuchtem Mord muss sie sich wegen schweren Raubes, unerlaubtem Waffenbesitz und Beteiligung an insgesamt 13 Überfällen verantworten. Zusammen mit ihren mutmaßlichen Komplizen Ernst-Volker Staub und Burkhard Garweg soll sie laut Anklage rund 2,7 Millionen Euro erbeutet haben – Geld, mit dem das Trio offenbar sein Leben im Versteck finanzierte.
Prozess unter strengen Sicherheitsvorkehrungen
Der Prozess gegen Klette findet unter höchsten Sicherheitsmaßnahmen statt. Für die Ermittler steht nicht nur die Aufarbeitung der Überfälle im Vordergrund – sondern auch die Frage, wie lange und auf welche Weise die frühere RAF-Terroristin unentdeckt in Deutschland leben konnte.
Der heutige Prozesstag dürfte einer der emotionalsten und aufwühlendsten werden – für das Opfer, das sich seinem schlimmsten Erlebnis stellen muss, und für ein Gericht, das über eine Tat urteilen muss, die selbst Jahre später noch fassungslos macht.