Es ist ein stilles, aber eindringliches Zeichen gegen Gewalt – und ein Hilferuf zugleich: Nach dem mutmaßlichen Femizid an einer 56-jährigen Frau in Berlin-Spandau wollen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Frauenhäusern und Anti-Gewalt-Projekten in Berlin am kommenden Mittwoch ihre Arbeit zeitweise niederlegen.
Die Aktion ist eine Reaktion auf den jüngsten Fall tödlicher Gewalt gegen eine Frau – und Ausdruck tiefer Erschöpfung und Wut in einer Branche, die seit Jahren am Limit arbeitet.
„Die Zustände sind nicht mehr tragbar“
„Die Zustände in unserem Arbeitsfeld sind nicht mehr tragbar“, bringt es die Berliner Initiative gegen Gewalt an Frauen in einer öffentlichen Erklärung auf den Punkt. Es ist ein Satz, der nachhallt – weil er nicht nur von Arbeitsüberlastung spricht, sondern von einem gesellschaftlichen Versagen.
Denn während Gewalt gegen Frauen täglich passiert – hinter verschlossenen Türen, mitten in Wohngebieten, in allen sozialen Schichten – kämpfen Frauenhäuser und Beratungsstellen mit chronischer Unterfinanzierung, Personalmangel und viel zu wenigen Schutzplätzen.
Zwei bekannte Femizide allein 2025 in Berlin
Der Anlass für den Protest könnte bedrückender kaum sein: Erst vor wenigen Tagen wurde eine 56-jährige Frau in Berlin-Spandau tot aufgefunden – mutmaßlich getötet von ihrem eigenen Partner. Es ist nach Angaben der Initiative bereits der zweite bekannte Femizid in Berlin in diesem Jahr.
Dabei steht jeder einzelne dieser Fälle für mehr als nur eine Statistik. Er steht für das Scheitern eines Systems, das Gewalt gegen Frauen noch immer nicht entschieden genug bekämpft.
Ein symbolischer Stillstand – gegen das Wegschauen
Am Mittwoch wollen die Beschäftigten in Berlins Frauenhäusern und Anti-Gewalt-Projekten daher bewusst ihre Arbeit unterbrechen. Beratungsstellen werden schließen, Telefone still bleiben – für einige Stunden zumindest. Nicht, weil Hilfe verweigert werden soll, sondern um sichtbar zu machen, was sonst oft unsichtbar bleibt: die Lebensgefahr, in der sich viele Frauen befinden – und die oft verzweifelte Lage derer, die ihnen helfen wollen.
Auch Fachkräfte aus Notrufen, Zufluchtswohnungen und anderen Einrichtungen haben angekündigt, sich dem Protest anzuschließen. Es ist ein symbolischer Stillstand – aber auch ein Aufschrei gegen das Wegsehen.
Forderung: Mehr Schutz, mehr Geld, mehr Aufmerksamkeit
Die Initiative fordert von Politik und Gesellschaft ein Umdenken. Gewalt an Frauen müsse endlich als das anerkannt werden, was es ist: ein strukturelles Problem – und kein Privatschicksal.
Es brauche mehr Schutzplätze, bessere finanzielle Ausstattung, langfristige Verträge für Mitarbeiterinnen und endlich eine bundesweite Strategie gegen Femizide.
„Jede getötete Frau ist eine zu viel“, betonen die Organisatorinnen. Doch solange Frauen tagtäglich Gewalt erleben – und solange Schutzangebote überfüllt und unterfinanziert sind – werden sich diese Tragödien wiederholen.